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WAS MACHT EIGENTLICH...

Die Entertainerinnen Ellen (links) und Alice Kessler kommen zur Theaterpremiere "Josef und Maria" in der Komödie im Bayerischen Hof in München.
Foto: picture alliance/Ursula Düren/dpa

… die Kessler-Zwillinge?

Ab 1955 waren sie das berühmteste Zwillingspaar des europäischen Showgeschäfts und feierten interna­tionale Erfolge als Tänzerinnen, Sängerinnen und Schauspielerinnen. Noch im Vorjahr standen die 81-Jährigen im Udo-Jürgens-Musical auf der Bühne.

Ihre munteren, frischen Auftritte begeistern heute noch das Publikum: Auch mit über 80 Jahren sind Alice und Ellen Kessler erstaunlich fit und können auf der Bühne weiterhin ihre legendären Beine schwingen. „Wir sind nervöse Typen, bewegen uns viel und verbrennen gut", erklärt Ellen das gute Aussehen. „Yoga ist uns zu fad, wir brauchen Action-Sachen." Deshalb ist regelmäßiges Training sehr wichtig, jeden zweiten Tag geht es in die hauseigene Mucki-Bude. „Gymnastik, Stretching, Ausdauer", beschreiben die Kesslers ihr Fitnessprogramm. Zeitversetzt trimmen sie sich an der Sprossenwand oder auf der Matte: „Während die eine im Keller trainiert, kocht die andere." Die Tänzerinnen legen zudem großen Wert auf eine gute Haltung. „Viele Gleichaltrige achten nicht so auf sich, fangen im Alter an, sich nach vorne gebeugt zu bewegen, und sehen dann alt aus", betont Alice und weist darauf hin, dass Bekanntsein eben auch anstrengend ist. Schließlich verlange das Publikum immer ein perfektes Outfit. „Wenn ich einkaufen gehe, schminke ich zumindest die Augen. Ungeschminkt sehe ich aus wie Suppe", stapelt Ellen tief. Ihre Schwester ergänzt: „Ganz ohne Lidstrich erkenne ich mich selbst nicht." Als weiteres Gesundheitsrezept nennen die Zwillingsschwestern: „Immer genug Schlaf und jeden Winter in Florida die Vorbräune abholen."

Gemeinsamer Sterbehilfe-Pakt

Alice und Ellen Kessler, die in ihren Glanzzeiten zu den schönsten Frauen der Welt gezählt und von internationalen männlichen Stars umschwärmt wurden, leben nach längeren Stationen in Paris und Italien seit 1986 in einer gemeinsamen Wohnung im München-Grünwalder Prominentenviertel Gaiselgasteig. Obwohl es immer wieder längere Männerbekanntschaften gab, blieben die Künstlerinnen bis heute unzertrennlich: Ihre Wohnungen sind nur durch eine Schiebetür voneinander getrennt. Wegen ihres fortgeschrittenen Alters machen sie sich immer öfter Gedanken über das Sterben, obwohl es ihnen gesundheitlich sehr gute gehe: „Zipperlein kennen wir nicht." Gegenüber einer Boulevard-Zeitung bekannten die Kesslers kürzlich, dass sie sogar bereit wären, gemeinsam für immer von der Lebensbühne abzutreten. Deshalb haben sie einen Sterbehilfe-Pakt miteinander geschlossen, weil sie auf keinen Fall „mit schmerzverzerrtem Gesicht dahinvegetieren wollen". „Wenn eine dement ist, dann gibt man ihr ein paar Tabletten und nimmt dann selbst welche. Wenn der Arzt mir sagen würde, ich wäre unheilbar am Krebs erkrankt, dann würde ich nicht abwarten", gesteht Ellen. Am liebsten möchte sie so sterben wie Udo Jürgens, der bei einem Spaziergang einem Herzschlag erlegen ist. Ihr Vermögen wollen die Zwillingsschwestern den „Ärzten ohne Grenzen" vermachen. „Das ist doch besser, als alles dem Alpengesangverein zu geben", findet Alice.

„Gemeinsam sind wir stärker"

Obwohl die Kesslers schon für alle Eventualitäten vorgesorgt haben, sind sie auch mit 81 noch nicht im Ruhestand. Im Vorjahr hatten sie nach zehnjähriger Theater-Pause in Berlin und einigen weiteren deutschen und österreichischen Städten im Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York" abwechselnd die Rolle der Maria Wartberg gespielt. Dass sie so wenige TV-Auftritte haben, erklären die Kesslers damit, „dass wir nicht jeden Mist mitmachen, den man uns anbietet." Auf die schriftliche Offerte, ins Dschungelcamp zu gehen, hätten sie gar nicht erst geantwortet. 2011 schwangen sie mal ihre Beine in einem „Tatort", hatten danach noch einen Auftritt bei „Inas Nacht" und gaben zuletzt vor einem Jahr beim „Silvesterstadl" eine Kostprobe ihres immer noch sehenswerten tänzerischen Könnens. Die Anstrengung und den Ärger von Tourneen und Terminstress ersparen die Kesslers sich inzwischen aber. Außerdem meiden sie „anstrengende Menschen, untätige Agenten und dauerjammernde Freundinnen". Von ihnen haben sie sich in gemeinsamen „Abschiedsbriefen" getrennt. Jahrzehntelang waren die Kessler-Zwillinge die Glamour-Girls des deutschen Entertainments. Zwei blonde Pagenköpfe, gertenschlanke Beine, oft in Zylinder und Netzstrümpfen: So eroberten sie auch das Ausland und prominente Männerherzen. 1975 zogen sie sich sogar mal für den „Playboy" aus und dokumentierten das deutsche Fräuleinwunder. Frank Sinatra, Tony Curtis, Elvis Presley und Burt Lancaster gehörten zu ihren Verehrern, konnten aber nicht alle bei ihnen landen. Männer spielten in ihrem glamourösen Leben, das sie 1997 in der Biografie „Eins und eins ist eins" niedergeschrieben haben, meist eine Nebenrolle, eine Ehe war für beide nie ein Thema. Dafür war wohl die Bindung zwischen Alice und Ellen zu eng. Heute blicken die Zwillinge in einem Gespräch mit der Illustrierten „Meine Melodie" demütig auf ihre fast 70-jährige Karriere zurück: „Wir sind dankbar, dass wir so viel erleben durften. Und vor allem, dass wir es im Doppelpack erleben durften." Angeblich waren sie nie länger als sechs Wochen voneinander getrennt: „Wir machen viel zusammen, weil wir gemeinsam stärker sind." Daran wird sich wohl auch nichts ändern.

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