Die Schauspielerin Verena Bukal wurde für die laufende Theatersaison im Saarland neu verpflichtet. Die Österreicherin ist aktuell in zwei Stücken am Staatstheater zu sehen – und demnächst in der Premiere von „Dantons Tod".
Der wahre Schauspieler ist von der unbändigen Lust getrieben, sich unaufhörlich in andere Menschen zu verwandeln, um in den anderen am Ende sich selbst zu entdecken." Dieses Zitat des österreichischen Regisseurs und Schauspielers Max Reinhardt (1873-1943) lässt sich auf Verena Bukal gut übertragen. Fast ihr halbes Leben widmet die 40-Jährige bereits der Schauspielerei. Einem Beruf, der ihr physisch wie psychisch viel abverlangt. Und doch ist sie genau da, wo sie hingehört – auf den großen Theaterbühnen.
Ein Beruf, der viel abverlangt
Seit August 2017 ist Verena Bukal am Saarländischen Staatstheater engagiert. Aktuell gibt sie die Antonia in „Bezahlt wird nicht" und in „Dantons Tod" übernimmt sie die Rolle der Julie, Dantons Gattin. Zudem steht sie bei „Wir sind die Guten" auf der Bühne. Die Routine für die verschiedenen Texte ist da. Zur Vorbereitung auf eine neue Produktion liest sie entsprechende Literatur, sieht sich Videos an. „Es kommt vor, dass ich mal drei Wochen am Stück ohne Pause arbeite. Samstag- und Sonntagabend wird gespielt. Ich gehe auch nicht einfach nach Hause und mache Feierabend, sondern dann geht es ans Texte lernen und erarbeiten von Zusatzinformationen, wie jetzt bei Danton", stellt Bukal klar. „Im Saarland gibt es den freien Montag, das ist nur an sehr wenigen Theatern möglich." Zuletzt arbeitete die Schauspielerin vier Jahre in Frankfurt, davor sieben Jahre in Mainz. Nach ihrem Abschluss an der Schauspielschule in Graz 2000 durchlief sie Stationen in Essen, Oberhausen und Bonn. Es scheint schier unmöglich, sich als Schauspieler ein Zuhause aufzubauen. „In Frankfurt habe ich mich irre wohl gefühlt, das habe ich wahnsinnig geliebt. In Frankfurt hatte ich einen Freundeskreis außerhalb des Theaters, ein soziales Netz. Das immer wieder zu verlieren und zu verlassen, das macht mich sehr traurig, aber es gehört zum Beruf dazu", sagt sie. „Ich liebe diesen Beruf und ich lebe für diesen Beruf. Wenn man schwere Zeiten hat, und die hat jeder mal, dann denkt man, boah, wenn ich das vorher gewusst hätte. Aber dann gibt es Situationen, die zeigen, dass es sowas von richtig war."
Die Entscheidung, Schauspielerin zu werden, traf sie bereits als Gymnasialschülerin in der ersten Probe eines Bühnenspiel-Kurses. Sie bewarb sich nach dem Abitur an der Schauspielschule in Graz und wurde prompt genommen. „Das innere Gefühl, dass dies das richtige sein könnte, hat sich total bestätigt. Dann hat mich das nicht mehr losgelassen."
Den Wunsch eine eigene Familie zu gründen hatte Verena Bukal nicht. „Wenn man im Festengagement arbeitet, geht es fast nicht anders, als dass mein Beruf mein Leben ausfüllt. Was die Zukunft bringt, weiß nur Gott. Es ist nicht realistisch, dass ich länger an einem Ort bleiben kann. Man muss mitschwingen."
Einen unvergesslichen Bühnenmoment hatte sie in Mainz in „Endstation Sehnsucht". In dem Stück spielte sie eine alternde Südstaatenschönheit, die alles verlor, was sie hatte. „Meine Figur stand am Schluss ganz vorne an der Rampe und hinter mir ist das gesamte Bühnenbild wie ein Kartenhaus zusammengeklappt. Das war jedes Mal sehr beeindruckend", erinnert sich die Schauspielerin.
Über weniger schöne Momente mag Verena Bukal nicht sprechen, doch sie hebt hervor, wie wichtig Vertrauen bei ihrer Arbeit ist. „Als Schauspieler öffnet man sich sehr. Wenn man den Eindruck hat man könnte verletzt werden, macht dies es sehr schwer sich zu öffnen. Und wenn man sich öffnet und verletzt wird, ist es auch schwer. Bei den Kollegen ist das Machtgefälle nicht so groß, da kann man Sachen ausdiskutieren. Schwierig wird es, wenn es Vorgesetze betrifft." Umso glücklicher ist sie über ihr aktuelles Team. Regisseurin Bettina Bruinier und Dramaturg Horst Busch arbeiten in flachen Hierarchien. „Das ist für mich das erste Mal, dass ich das in dieser Form erlebe. Gerade das Theater ist oft extrem hierarchisch strukturiert", sagt Verena Bukal. Dies macht es ihr leichter, sich in Saarbrücken wohl zu fühlen. „Ich als Österreicherin bin ja hier Ausländerin und hier ist es so unspießig. Saarbrücken ist nicht nur deutsche Ordnung, Humor und Essen geht stark Richtung Frankreich."
Ihr Vertrag am Saarländischen Staatstheater besteht vorerst für zwei Jahre. „Ich mag das Unmittelbare, das Anstrengende und das totale Risiko", beschreibt sie ihre Leidenschaft für die Bühne. „Die Aufregung vor einer Vorstellung wird immer schlimmer, weil man weiß, was passieren kann. Wenn man jung ist, geht man die Sache naiver an."
Aufregung vor der Vorstellung
Für ihre Gesundheit und Fitness tut sie einiges, sie trinkt Smoothies, geht in die Sauna, fährt Fahrrad. Eine Grippe hat sie noch nicht von der Arbeit abgehalten. „Wenn es geht, dann geht’s für drei Stunden. Aber mit Fieber muss man aufpassen, da schimpft mich sonst auch meine Schwester, die ist Ärztin."
Was treibt sie an, sich immer wieder in neue Figuren zu versetzen? „Speziell in diesem Stück war ich etwas zu sehr mit der Figur verschmolzen", erzählt sie von „Endstation Sehnsucht". „Ich bin fast mehr als die Figur, die man spielt herumgelaufen, als der Mensch, der man ist. Die Figur beginnt eigentlich schon gebrochen und bricht immer mehr, und das war schon anstrengend. Die Zeit davor ist schwierig, danach finde ich schnell wieder
zu mir."
Eine ihrer Wunschrollen wäre Mary Poppins. „Ich finde die Figur sehr entzückend", meint sie halb im Spaß, halb ernst. „Spielen wie ein Kind, das macht mir Freude. Als Kind war ich ein Vögelchen, jetzt spiele ich Figuren."