Der Überraschungscoup hat gesessen. Während sich die mediale Aufmerksamkeit noch auf die SPD-internen Versuche einer personellen Neusortierung und inhaltlichen Orientierung richtete, bereitete die CDU eine Personalentscheidung vor, die in dieser Form keiner wirklich auf der Rechnung hatte. „Kramp-Karrenbauer bleibt sich treu und hat alle überrascht“, kommentiert ihr designierter Nachfolger als saarländischer Regierungschef, Tobias Hans, den bevorstehenden Job- und Ortswechsel von „AKK“. Im Saarland hatte sie ihren furiosen 40-Prozent Wahlsieg vor einem Jahr auch mit der Ankündigung erzielt, Ministerpräsidentin bleiben zu wollen. Enttäuschungen in Teilen ihrer Wählerschaft sind nachvollziehbar, das ist ihr bewusst. Tempora mutantur – die Zeiten ändern sich. Ein paar Landtagswahlen und eine Bundestagswahl später, gescheiterte Jamaika-Sondierungen, ein Koalitionspapier, über dessen Bestand die SPD-Basis derzeit votiert, Umfragen, die von rapidem Vertrauenszerfall in das etablierte Parteiensystem zeugen sind ein knappes Jahr später Politikrealität. Auffallend oft gebrauchte die designierte Generalsekretärin das Wort von der Krise der Volksparteien. Das ist eine kaum zu leugnende Diagnose. Vor einer Entwicklung zu „Bewegungen“ mit einem Charismatiker an der Spitze, wie sie geradezu lehrbuchhaft in Frankreich unter Macron zu besichtigen ist, hält die Erfinderin der Frankreichstrategie des Saarlandes nicht allzu viel. Um die neue Aufgabe der Rettung der Volkspartei ist sie nicht zu beneiden.
Im Land selbst soll es eine neue Generation richten. Immerhin bemerkenswert, dass die CDU-Saar selbst für eine umfangreichere Umbildung praktisch aus dem Stand ein Personaltableau präsentieren kann. Erfolg einer kontinuierlichen Nachwuchsarbeit, der sich schon im Wechsel von Peter Müller zu „AKK“ bewährt hat. Die neue Riege steht jetzt vor ihrer Bewährungsprobe und das Saarland, so wie es aussieht, vor einem neuen Politik-Stil. Denn, dass er seine eigene Handschrift erkennbar werden lassen will, daran hat der designierte Nachfolger an der Spitze keinen Zweifel gelassen. Kontinuität auf den errungenen Grundlagen ist das eine, eigene Akzente dürften, wie erste Nebensätze vermuten lassen, beispielsweise in der Bildungspolitik zu erwarten sein. Der Koalition steht ein neuer Selbstfindungsprozess bevor. Spannend wird, wie der einhergeht mit den jeweils innerparteilichen Orientierungsprozessen. Der steht bei beiden Regierungspartnern erst am Anfang.