Die Erkältungszeit ist zwar vorbei, aber Sie greifen weiterhin ständig nach Ihrem Nasenspray, weil Sie sonst nicht genug Luft kriegen? Damit sind Sie nicht alleine. Doch Vorsicht: Die weißen Sprühfläschchen sind zwar rezeptfrei erhältlich, aber nicht so harmlos, wie viele denken.
Was ist drin im Nasenspray, und wie wirkt es?
Abschwellende Schnupfensprays (und Nasentropfen) enthalten sogenannte Sympathomimetika, Verwandte des Stresshormons Adrenalin. Meistens kommt hier Xylometazolin zum Einsatz. Der Wirkstoff dockt in der Nasenschleimhaut an den gleichen Rezeptoren wie Adrenalin an und bewirkt, dass sich die Blutgefäße dort zusammenziehen. Durch die verminderte Durchblutung schwillt die Nasenschleimhaut rasch ab, Sie kriegen wieder mehr Luft. Die Wirkung hält mehrere Stunden an. Meist genügt ein Sprühstoß pro Seite. Diese schnelle und anhaltende Wirkung macht Nasensprays so beliebt.
Wie lange sollte man Nasenspray höchstens anwenden?
Der Saarbrücker HNO-Arzt Dr. Martin Jockers rät zu einem sehr disziplinierten Umgang mit der Arznei: „Normale abschwellende Nasensprays mit dem normalen Wirkstoff Xylometazolin sollten höchstens über drei bis fünf Tage verwendet werden."
Welche Probleme kann eine zu lange oder zu häufige Anwendung nach sich ziehen?
Die möglichen Nebenwirkungen des Wirkstoffs sind nicht zu unterschätzen. Immerhin unterdrückt das Spray ja die Blutversorgung des Gewebes. „Eine häufigere oder längerfristige Anwendung führt zu einer Steuerungsproblematik der Nase", erklärt Dr. Jockers. Dazu gehören sogenannte vasomotorischen Veränderung der Schleimhautoberfläche mit teilweise Trockenheiten, Nasenbluten oder Funktionsstörungen. Der Mediziner spricht auch von einem „pathologischen Rebounding", das heißt, mit dem Nachlassen der Arzneiwirkung verkehrt sich die Sache ins Gegenteil, und die Schleimhaut schwillt erst recht an, „mit Belüftungsstörungen der Nasennebenhöhlen und Behinderung der Nasenfunktion". Die Schleimhaut kann ihren Aufgaben Reinigen, Erwärmen und Befeuchten der Atemluft nicht mehr nachkommen. Gerade dieses Rebounding veranlasst viele Nutzer dazu, die Nase mit einem erneuten Sprühstoß wieder freizumachen.
Ein Teufelskreis: Der Schnupfen ist schon lange weg, aber die Nase braucht immer noch Spray. Manche Menschen nehmen deshalb sehr, sehr lange Nasenspray. Davor warnt der Arzt: „Eine übermäßige Benutzung über Jahre führt zu einer sogenannten Stinknase. Dieser nekrotische Verfall der Schleimhautoberfläche führt auch zum Verlust des Riechvermögens", warnt er. Bei dieser unangenehmen Krankheit, im Fachjargon Ozaena genannt, kommt es zu einer Besiedelung der abgestorbenen Schleimhautpartien mit Bakterien, die den charakteristischen Gestank verursachen.
Welche Alternativen sind bei normalem Erkältungsschnupfen empfehlenswert?
Jockers: „Alternativen bieten homöopathische Nasensprays (Euphorbium compositum oder ähnliche), Meerwassersprays oder Salzwasserspülungen."
Sie sind schon richtig süchtig nach Nasenspray. Wie kommen Sie davon wieder runter?
Martin Jockers empfiehlt in diesem Fall eine Titrierung, also eine schrittweise Reduktion der Wirkstoffdosis, und einen reduzierenden Verlauf von Applikationen. Immer seltener sprühen, auch wenn’s schwerfällt. Auch Kortisonsprays können helfen, die Funktion der Nasenschleimhaut zu normalisieren. Hier sollten Sie Ihren HNO-Arzt um Rat fragen.
Nun fliegen wieder die Pollen. Wie sieht es mit Heuschnupfennasen aus?
Hier sind herkömmliche Nasensprays und -tropfen gar nicht empfehlenswert. „Eine Heuschnupfenbehandlung sollte grundsätzlich nicht mit Xylometazolin erfolgen", rät Jockers. Bei Heuschnupfen sind stattdessen antiallergische Wirkstoffe gefragt, die auch für eine längere Anwendungsdauer geeignet sind. „Hier bieten sich Cromoglicin, Mometason oder auch etwas stärkere Nasensprays mit einem anders gearteten Kortikoid an."
In welchen Fällen sollten Sie einen HNO-Arzt aufsuchen?
Einen Termin in der HNO-Praxis brauchen Sie, wenn Sie wiederholt Nasenbluten haben. Auch wenn die behinderte Nasenatmung oder anderer Symptome länger als 10 bis 14 Tage anhalten, sollten Sie zum Arzt.