Bienen sind wichtig für das Überleben eines Ökosystems. Der Präsident des deutschen Imkerverbandes, Peter Maske, warnt deshalb vor einem weiteren Einsatz von sogenannten Neonicotinoiden, chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln in der Landwirtschaft, und kritisiert Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt.
Herr Maske, welche Bilanz ziehen Sie zum vergangenen Honigerntejahr?
Im vergangenen Jahr hat Väterchen Frost sehr stark dazu beigetragen, dass die Linde und teilweise auch die Brombeere und Himbeere erfroren sind. Das hat dazu geführt, dass es im Sommer den Bienen ganz schlecht gegangen ist, außer im Wald. Im Süden Deutschlands war die Honigernte recht gut, wobei sie dort regional unterschiedlich war. Es hat aber Regionen gegeben, die haben weder im Frühjahr noch im Sommer etwas bekommen, weil dort in den Raps der Frost kam. In manchen Regionen war es ein ganz schlechtes Jahr. Es gab auch Regionen, wo die Imker recht zufrieden waren. Im Schnitt hat ein Volk 28 Kilo Honig produziert.
Wie steht es aktuell um die Honigbienen in Deutschland? Gab es seit 2008 massive Völkerverluste zu beklagen?
Nein, diese drastischen Verluste, die es 2008 gab, sind nicht mehr vorgekommen. Aber seit dieser Zeit weiß man, dass wohl hauptsächlich die Neonicotinoide mit hineinspielen. Seinerzeit ist der Mais mit Clothianidin gebeizt worden. Diese Beizung ist seither nicht mehr erlaubt. Es sind aber noch andere Neonicotinoide im Einsatz. Auffällig ist, dass wir in einem Winter hohe Verluste zu beklagen haben – bis zu 30 Prozent der Bienenvölker in Deutschland. In anderen Wintern haben wir nur zehn Prozent Völkerverluste. Normal wäre aber, wenn wir null Prozent hätten. Die Verluste hängen mit der Virenbelastung durch Varroamilben, mit der Ernährung der Bienen, aber auch mit vielen problematischen oder schädlichen Pflanzenschutzmitteln zusammen. Da brauchen wir eine gemeinsame Vorgehensweise in der Politik und Landwirtschaft, um das zurückzuführen.
Der Europäische Berufs-Imkerverband fordert ein vollständiges Verbot der Neonicotinoide, also jener für Bienen lebensbedrohlichen Insektizide. Was halten die deutschen Imker davon?
Seitens des deutschen Imkerbundes besteht die gleiche Forderung. Wir fordern bereits seit 2010 das vollständige Verbot aller Neonicotinoide. Die drei Neonicotinoide Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid, die derzeit besonders im Fokus der Öffentlichkeit stehen, sind für Bienen hoch toxisch. Da brauchen wir überhaupt nicht darüber diskutieren. Das Thiacloprid, das auch zu den Neonicotinoiden gehört, hat nach der Bienenschutzverordnung nicht die Klasse B1, sondern B4. Aber auch hier ist bekannt, dass in den Blütenpollen Rückstände feststellbar sind und die Bienen dadurch geschädigt werden. Noch einmal: Wir sind für das Verbot aller Neonicotinoide, die im Garten- wie im Obstbau zum Einsatz kommen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) soll in Kürze einen Abschlussbericht zur Wirkung der Neonicotinoide vorlegen. Was erhoffen Sie sich davon?
Ich erwarte, dass die vielfältigen Ergebnisse, die seit Jahren unter anderem der EFSA zugehen, letztlich zu diesem gänzlichen Verbot führen. Der geschäftsführende Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte bei der Internationalen Bienenkonferenz am 28. März letzten Jahres in Berlin erklärt, dass er auch für das Verbot ist. Nachdem er sich nicht an jene Absprache beim Glyphosat gehalten hat, hoffen wir, dass er sich wenigstens an diese Aussage hält.
Die deutschen Imker waren sehr enttäuscht darüber, dass Noch-Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) für eine verlängerte Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat gestimmt hat. Sehen Sie dennoch eine Möglichkeit, für Glyphosat ein Verbot
zu erreichen?
Ich kenne natürlich, weil ich sehr stark mit dem Landwirtschaftsministerium in Kontakt stehe und konstruktiv zusammenarbeite, die dortigen Arbeitsebenen. Da ist bis zum Schluss, bevor diese schwer nachvollziehbare Entscheidung gefallen ist, gerungen worden. Schmidt ist davon überzeugt, dass er das Richtige getan hat, weil er in das Votum vielfältige Auflagen aufgenommen hat. Er hat geglaubt, dass, wenn er für die Zulassungsverlängerung stimmt, die Auflagen zum Tragen kommen. Seine Überzeugung war, dass bei einem Nein durch Deutschland die Kommission die Zulassung trotzdem verlängert, ohne die Auflagen zu berücksichtigen. Ich bin der Auffassung, dass er sich keinesfalls einen Gefallen getan hat, als er zugestimmt hat.
Das heißt ein Verbot des Glyphosats kann man nur über die Bundesregierung erreichen?
Genau, über die EU-Mitgliedsstaaten. Der designierte bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat unlängst angekündigt, dass in Bayern Glyphosat verboten wird. Es gibt schon jetzt Gemeinden, die für ihre Flächen den Einsatz von Glyphosat verbieten. Zurzeit ist das noch Stückwerk, doch wenn man das im Ergebnis sieht, erreichen wir vielleicht ein gänzliches Verbot. Wir Imker stehen ganz klar für das Verbot, weil im Zuge des Glyphosat-Einsatzes Beikräuter wie Mohn, Kornblumen und Rittersporn beseitigt werden. Wenn man sich heute die Agrarlandschaft ansieht, herrscht nur ein Einheitsgrün oder ein Einheitsgelb vor.
Sollte eine bienenfreundliche Landwirtschaft in jedem Fall Beikräuter erhalten?
Selbst in der ökologischen Landwirtschaft werden Beikräuter beseitigt. Ganz gleich, was angebaut wird – Zwiebeln, Karotten oder Rote Bete. Da sind viele Leute unterwegs, um mit der Hacke händisch dieses „Unkraut" zu entfernen. Das ist eigentlich das Wesentliche: In der ökologischen Landwirtschaft bleiben Säume erhalten und sind deshalb für eine Landschaft mit Bienen die bessere.
Können Sie uns innovative Lösungsansätze nennen, die den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft verringern könnten?
Ich bin als einziger Vertreter der Imkerverbände Deutschlands bei dem Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft aktiv. Hier habe ich schon vor zwei Jahren gefordert, dass die Innovation gerade im Bereich digitaler Pflanzenschutz massiv vorangetrieben werden muss. Dazu gehört zum Beispiel der Einsatz von Drohnen beim Maisanbau, um etwa ganz gezielt Schlupfwespen zur Schädlingsbekämpfung abzuwerfen.
Wie könnte eine Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Imkern aussehen?
Man muss nicht übereinander reden, sondern miteinander. Den Landwirten ist zunehmend bewusst, dass wir Nahrungsversorgung auch nach dem Frühjahr brauchen. Wenn der Raps blüht, dann ist für Bienen eigentlich genug Nahrung da. Aber danach fehlt es nicht nur den Honigbienen, sondern allen Blüten besuchenden Insekten an Nahrung. Das führt unter anderem dazu, dass bereits im Sommer die Bienenvölker gefüttert werden müssen, damit sie überhaupt überleben. Wir haben den Vorteil, dass wir Zucker füttern können, doch wir können keinen Pollen füttern. Diesen Pollen, also das pflanzliche Eiweiß, braucht die Biene, um vital in den Winter zu kommen. Ich habe im Januar bei der Grünen Woche in Berlin bei allen Bauernverbänden für die Leindotter-Pflanze geworben, damit die Imker in der Landwirtschaft mittels Untersaat einerseits eine zusätzliche Nahrungsversorgung für Blüten besuchende Insekten schaffen. Zum anderen haben die Landwirte zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie könnten ihren Ertrag erhöhen.
Was halten Sie von dem Vorstoß des Europäischen Berufs-Imkerverbands die Imkerei als steuerfreie Aktivität anerkennen zu lassen?
Diese steuerfreie Aktivität besteht ja schon für bis zu 30 Bienenvölker. Imker mit bis zu 70 Völkern müssen lediglich ihre Erträge den Ausgaben gegenüberstellen. Ich selbst habe im vergangenen Jahr 60 Völker bewirtschaftet und habe 2.600 Euro Minus gemacht. Und so geht das weiter, Imker mit 1.000 Völkern machen eventuell ein entsprechend höheres Minus. Das Finanzamt weiß, dass man mit dem Imkern nichts verdienen kann. Die Tätigkeit als solche ist so kostenaufwendig. Deswegen brauchen Berufsimker hohe Erträge, um überhaupt einen Gewinn zu erzielen. Wir haben uns damals gemeinsam für diese Steuerreform, die im Dezember 2015 ins Gesetz aufgenommen wurde, eingesetzt. Bereits jetzt haben wir eine günstige steuerliche Regelung, sodass ich mich nicht lächerlich machen möchte wegen solcher geringer Aufwendungen.