Erst kommen die Zahlen, dann die zahlreichen Reaktionen über die nicht hinnehmbaren Verhältnisse, samt bekannter Forderungen, und dann kommt – wenig bis sehr wenig. Dem zwischenzeitlich gar nicht so geneigten Kommentator, der ansonsten dazu neigt, mit Argumenten und grundsätzlichen Erwägungen zu appellieren, fällt es schwer, ein ums andere Mal einen neuen Aspekt zu finden. Wie auch? Die Entwicklung ist weder neu noch überraschend. Es geht um die Menschen, die die regelmäßigen Rekordzahlen der wirtschaftlichen Entwicklung und des wachsenden Wohlstands fast schon als zynisch empfinden müssen, weil sie daran nicht teilhaben. Alleinerziehende und ihre Kinder, Langzeitarbeitslose insbesondere, dazu die steigende Altersarmut. Alles bekannt. Da reibt man sich verwundert die Augen, wenn immer noch weiterer detailllierter Klärungsbedarf herhalten muss.
Nun will ich bisherige Maßnahmen nicht kleinreden. Gerade das klamme Saarland hat sich beispielsweise trotz rigidem Sparkurs das Programm „A-Saar“ (für Langzeitarbeislose) aus dem Haushalt geschnitten. Und dass jetzt im Koalitionsvertrag auf Bundesebene ein Einstieg in das Passiv-Aktiv-Transfer genannte Projekt steht, hat auch etwas mit dem Drängen des Landes und der Sozialverbände zu tun. Aber erst einmal abwarten, was aus der Absichtserklärung wirklich wird.
Nein, man soll das nicht kleinreden. Aber wenn sich die hohe Politik jetzt einmal mehr leistet, über konservative Familienbilder oder Leitkulturfragen zu streiten, statt an diesen längst überfälligen Prolemen ernsthaft Hand anzulegen, darf sie sich nicht wundern, wenn von dieser Leitkultur immer weniger etwas wissen wollen. Das gilt nicht nur für diejenigen, die jetzt bereits betroffen sind, sondern für jeden, der solche Menschen in seinem unmittelbaren Lebensumfeld kennt und sich die Frage stellt, wie es einem im Fall der Fälle wohl selbst erginge. Dass diese wirtschaftliche Entwicklung ein Selbstläufer für alle Zeit sei, daran glauben selbst die nicht ernsthaft, die jetzt davon durch einen festen Job profitieren. Und wenn der in aller Regel auch noch befristet ist, könnte man leicht auf die Idee kommen, dass Arbeitgeber das ähnlich sehen und sich vorsorglich schon mal nicht dauerhaft binden wollen.