In der fast märchenhaften Geschichte des französischen Präsidentenpaares spielt die glamouröse Brigitte Macron eine Hauptrolle. Sie gilt nicht nur als wichtigste Beraterin ihres Mannes, sondern möchte auch den Part der Première Dame neu interpretieren.
Ich verehre sie. Sie ist brillant und hat eine bezaubernde Silhouette.“ Modezar Karl Lagerfeld hatte noch vor dem Wahlsieg ihres Mannes ein Loblied auf Brigitte Macron angestimmt – und sich im Unterschied zur französischen Boulevardpresse nicht nur auf Äußerlichkeiten beschränkt. Lagerfeld hatte zudem darauf hingewiesen, dass Brigitte Macron für ihren Mann wohl genauso wichtig sei wie vordem Michelle für Barack Obama. Auch der Pariser Kultur- und Intellektuellenszene sind die Kleidervorlieben der Première Dame, beispielsweise die ultrakurzen Röcke, figurbetonten Schnitte, knalligen Farben oder Killer-Heels, relativ egal. Sie schätzen die frühere Gymnasiallehrerin mit Magisterabschluss in Philosophie, die Guy de Maupassant als ihren Lieblingsschriftsteller bezeichnet hat, als „femme exceptionelle“. Damit bringen sie nicht nur Respekt vor ihrer Bildung, sondern vor allem auch vor ihrer mentalen Stärke zum Ausdruck.
Der Rest der Welt scheint davon wenig Notiz zu nehmen und interessiert sich fast ausschließlich für die stets perfekten Outfits der blauäugigen Blondine. Die wurde von der „FAZ“ jüngst auch ob ihrer strahlenden Lebensfreude und Zuversicht ziemlich trefflich als „sympathische Freundin von Jane Fonda“ beschrieben. Die inzwischen 65-Jährige, die immerhin schon siebenfache Großmutter ist, kleidet sich niemals bieder, sondern tritt immer modern-elegant auf. Ihren stets leicht gebräunten Teint verdankt sie fraglos der frischen Landluft im mondänen nordfranzösischen Seebad Le Touquet, wo ihre Familie seit Jahrzehnten ein riesiges, inzwischen zum Refugium der Macrons umfunktioniertes Landhaus besitzt. Trotz dieser natürlichen Frische versucht sie kein bisschen, sich auf ewige Jugend zu stylen. Dank ihrer Freundschaft zu Delphine Arnault vom renommierten Luxuskonzern LVMH Moet Hennessy – Louis Vuitton kann sie bei ihrer Kleiderauswahl aus dem Vollen schöpfen. Die Fashion-Nobelmarke stellt ihr die Garderobe leihweise zur Verfügung – von Kleidern oder Kostümen bis zu Handtaschen oder Gürteln. Überraschenderweise kommt auch schon mal eine Bikerjacke, natürlich mit „LV“-Logo, zum Einsatz. Sie trägt mit zur jugendlichen Ausstrahlung der Präsidentengattin bei, die sich täglich mindestens eine Stunde auf ihrem Heimtrainer abquält und sich bewusst mit viel Obst und Gemüse ernährt.
Wenn Madame Macron dann noch den Kragen hochstellt, wie sie das auch gerne bei ihren Mänteln zu machen pflegt, wird ihr eine rebellische Attitüde zugeschrieben. Kein Wunder, zählt die am 13. April 1953 in Amiens als Tochter in eine wohlhabende Schokoladen-Manufaktur-Dynastie geborene Brigitte Marie-Claude Trogneux doch zu jener Generation, die den Feminismus der 1970er-Jahre voll miterlebt hat. Auf früheren Bildern wirkt sie geradezu wie eine Verkörperung des aufbruchfreudigen, anarchischen, modernen und zuversichtlichen Frankreich jener Dekade. Sie ist daher nicht nur 25 Jahre älter als ihr Gatte – was ja schon hinreichend thematisiert wurde –, sondern steht auch für ein bestimmtes Frankreich, das Emmanuel Macron nie verkörpern kann: Sie lässt einen Hauch des Rebellischen auf den ewigen Musterschüler an ihrer Seite abfärben. Was diesen ermuntert haben mag, im politischen Tagesgeschäft mit Konventionen zu brechen.
Der jungenhafte Präsident profitiert enorm von seiner Frau, auch, weil er dank ihrer Präsenz eine gewisse Ernsthaftigkeit, Reife und Erfahrung ausstrahlen kann. Sie macht ihn nahbar und menschlich, wo er ansonsten glatt und streberhaft wirken würde. Seit Brigitte Macron von ihrem Mann 2015 auf einem großen Empfang im Elysée-Palast offiziell vorgestellt wurde, wird sie in der Öffentlichkeit als wichtigste Beraterin ihres Mannes wahrgenommen. Als der noch Wirtschaftsminister unter Präsident Hollande war, nahm sie schon regelmäßig an wichtigen Besprechungen teil. Im Vorfeld des Wahlkampfes gab sie 2015 ihre Profession als Lehrerin auf, um sich ganz der Unterstützung ihres Mannes widmen zu können. Sie gilt als heimliche Strippenzieherin und Mentorin von Emmanuel Macron bei seinemAufstieg an die Spitze des französischen Staates. Angeblich unterstützt sie ihren Mann noch immer beim Verfassen wichtiger Reden und redigiert vorab all seine Texte.
Ein kühnes Vorhaben konnten die Macrons bislang gegen doch erhebliche Widerstände nicht durchsetzen: Sie wollten die Rolle der Première Dame nach dem Wahlsieg nicht nur ganz neu interpretieren, sondern deren Status sogar offiziell festschreiben lassen. Die Mehrheit der Franzosen scheint nicht zu wollen, dass die Präsidentengattin mehr als nur repräsentative Aufgaben übernimmt, beispielsweise die Schirmherrschaft über soziale Projekte. Dennoch hatte Brigitte Macron Anfang 2018 angekündigt, dass sie künftig eine bedeutendere Rolle im Elysée-Palast spielen wolle, und gleich auch fünf Themen genannt, denen sie ihre Aufmerksamkeit widmen möchte: Klimawandel, Diskriminierung, Kinderschutz, Menschen mit Behinderung und Gesundheit. Etikette hin oder her, schließlich hat sie auch schon faktisch durchgesetzt, dass sie bei offiziellen Zeremonien nicht mehr nur hinter ihrem Mann, sondern neben ihm stehen darf.
Als die Ehe der Macrons am 20. Oktober 2007 begann, hatte Brigitte schon ein ganzes Stück Leben hinter sich. Daran wird sie allerdings offenbar nur ungern erinnert und spricht auch kaum mehr darüber. Eine jüngst erschienene erste Biographie ist nicht autorisiert, die Journalistin Maelle Brun hat ihre Informationen für das Buch „L’Affranchie“ („Die Befreite“) nur aus zweiter Hand bezogen. Bekannt ist, dass sie als 21-Jährige am 22. Juni 1974 André Louis Auzière heiratete, der damals Direktor der Französischen Außenhandelsbank war und mit dem sie drei Kinder hat: Sébastien (geboren 1975), Laurence (1977) und Tiphaine (1984). Sie studierte in Lille und Strasbourg und machte dabei ihren Magister in Philosophie. Nachdem sie eine Zeit lang Pressesprecherin der Regional- und Handelskammer von Nord-Pas-de-Calais war, übernahm sie nach der Geburt ihrer Tochter Tiphaine ein Lehramt in Strasbourg.
Nach Umzug der Familie nach Amiens wurde sie Lehrerin für Französisch und Latein am Jesuitengymnasium „La Providence“. Dort kam es 1993 zur schicksalhaften Begegnung zwischen Madame le Professeur und dem 15-jährigen Schüler Emmanuel Macron im Zuge einer Theateraufführung. Über frühe Intimitäten wird vielfach spekuliert. Fest steht jedoch nur, dass sich Brigitte 1996 von ihrem ersten Mann trennte und 2007 zu Macron nach Paris zog. Dort nahm sie eine Anstellung als Lehrerin am Pariser Jesuitengymnasium Saint-Louis de Gonzagues (besser bekannt unter dem Namen „Franklin“) an und trat noch im gleichen Jahr zum zweiten Mal vor den Traualtar. Womit Macron sein ihr im Alter von 17 Jahren gegebenes Versprechen einlösen sollte: „Egal, was Sie tun: Ich werde Sie heiraten.“