Eine ehemalige First Lady als Schirmherrin und eine breitgefächerte Angebotspalette: Die neunte Berliner Stiftungswoche lädt vom17. bis 27. April ein, die Berliner Stiftungslandschaft zu erleben.
Es ist 225 Jahre her, da gründete das kinderlose Reederpaar Koepjohann eine Stiftung am Schiffbauerdamm, die sich um „Witwen und Waisen der Spandauer Vorstadt“ kümmern sollte. Heute wendet sich die Stiftung unter anderem obdachlosen Frauen zu, wie im Treffpunkt „Sophie“. Dort finden neben Obdachlosen auch Migrantinnen, Studentinnen und Hartz IV-Empfängerinnen Schutz und Ruhe sowie Beratung, Anleitung und Unterstützung. Die Koepjohann’sche Stiftung bietet außerdem einen ehrenamtlichen Besuchsdienst für alleinstehende, pflegebedürftige ältere Menschen an. Und das Projekt Känguru hilft Eltern kostenfrei, den Alltag in den ersten zwei Jahren nach der Geburt ihres Kindes zu bewältigen.
Mag Koepjohann auch eine der ältesten Stiftungen Berlins sein: In der Berliner Stiftungsrunde, einem Netzwerk aus 32 sehr unterschiedlichen Organisationen, ist sie das neueste Mitglied. Und sie ist selbstverständlich auch bei der Berliner Stiftungswoche mit vertreten. Schon zum neunten Mal wird die Woche in diesem Jahr veranstaltet, rund 100 Stiftungen werden mit dabei sein und mit einer unglaublichen Vielzahl an Veranstaltungen den ganzen Reichtum der Angebote widerspiegeln.
Getragen wird die ganze Woche von der Berliner Stiftungsrunde. Neben großen namhaften Unternehmensstiftungen von Allianz und BMW bis zu Vodafone und WWF finden sich in diesem Kreis auch kleinere Organisationen, die ganz besonders zum Profil der Runde beitragen. Beispielsweise die Björn Schulz Stiftung: Die betreibt unter anderem das Kinderhospiz Sonnenhof in Pankow. Dort werden lebensbedrohlich erkrankte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 35 Jahre mit ihren Familien begleitet. Die Björn Schulz Stiftung leistet damit eine unverzichtbar wichtige Arbeit, indem sie diesen Menschen und ihren Familien in schwersten Schicksalssituationen beisteht. Das Schöne daran ist, dass so auch die Eltern und gesunden Geschwisterkinder zwischendurch mal aufatmen können. Neben dem stationären Kinderhospiz gibt es zahlreiche ambulante Dienste. Betroffene Familien werden auch in Potsdam und Brandenburg an der Havel beraten. Zwei Nachsorgehäuser betreibt die Stiftung am Chiemsee und auf Sylt.
„Scheinwerfer an und Türen auf“
Auch die Bürgerstiftung Berlin ist aktiv dabei. Sie setzt sich für Berlin und seine Bewohner ein. Ihr Modell läuft darauf hinaus, dass man gar nicht selbst eine Stiftung gründen muss, wenn man der Gesellschaft etwas hinterlassen möchte. Wiederum anders aufgestellt ist das Evangelische Johannesstift Spandau mit seiner vielfältigen Struktur, das als eine der größten diakonischen Einrichtungen in Berlin und Brandenburg von der Wiege bis zur Bahre gewissermaßen alle Lebensphasen abdeckt. Hier arbeiten 3.400 hauptamtliche und über 400 ehrenamtliche Kräfte. Gegründet 1858 zählt auch das Evangelische Johannesstift zu den ältesten und traditionsreichsten Berliner Stiftungen.
Die Vernetzung untereinander ist eines der Hauptziele der Stiftungswoche: „Die großen Stiftungen bieten den kleineren eine Plattform, damit man sich kennenlernen und austauschen kann“, erklärt Stefan Engelniederhammer, der mit seinem Team die Berliner Stiftungswoche organisiert. „Der zweite Grundgedanke ist, das große Engagement der Stiftungen besser sichtbar zu machen. Scheinwerfer an und Türen auf, um die Bevölkerung einzuladen, sich mal die Stiftungen im eigenen Kiez anzuschauen!“ Vom Tag der offenen Tür bis zum Kinderfest, von der Podiumsveranstaltung bis zur Filmvorführung oder zum Konzert bieten die Stiftungen dann Veranstaltungen bei sich zu Hause.
Die Erfinder der Stiftungsrunde waren inspiriert von der „Langen Nacht der Museen“. Allerdings mit einem längeren Zeitrahmen: „Bei uns sind es statt einer Nacht nun elf Tage geworden. Wir starten immer an einem Dienstag im April, um bewusst das Wochenende mitzunehmen“, sagt Engelniederhammer. „Das Wochenende ist zum Beispiel für Kinderfeste sehr gut geeignet. Und in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die auch von einer Stiftung getragen wird, findet zu unserem Schwerpunktthema am Sonntag wieder ein Gottesdienst statt. Danach haben wir noch mal eine komplette Woche mit fünf Werktagen.“
Wer stiften möchte, kann sich beraten lassen
Das Konzept geht auf: Durchschnittlich 14.000 bis 15.000 Besucher kamen in den vergangenen Jahren zu den rund 100 Veranstaltungen. Manche Stiftungen veranstalten zudem Ausstellungen, die bereits vorher beginnen oder länger laufen.
Hoch angebunden ist auch die Schirmherrschaft. Nach Jahren mit Christina Rau als Schirmherrin übernimmt Daniela Schadt, Lebensgefährtin des Ex-Bundespräsidenten Joachim Gauck, das Amt und wird bei vielen Veranstaltungen dabei sein.
Höhepunkte der Stiftungswoche 2018 sind neben dem Gottesdienst in der Gedächtniskirche zwei zentrale Veranstaltungen. Die Auftaktveranstaltung im Allianz Forum am Pariser Platz soll die Gäste durch offene Diskussionen neugierig machen und eher Fragen aufwerfen. „Anders als bei Maischberger oder Anne Will sitzen da nicht nur die fünf Diskutanten. Stattdessen gibt es in jeder unserer Diskussionsrunden einen freien Platz für jemanden aus dem Publikum“, sagt Stefan Engelniederhammer und erklärt: „Unsere Flaggschiff-Veranstaltung ist die große Berliner Stiftungsrede, für die wir immer eine Persönlichkeit bitten, sich mit unserem Schwerpunktthema auseinanderzusetzen.“ Diese Rede soll Impulse in die Stiftungswelt hineingeben und gleichzeitig der Öffentlichkeit zeigen, was Stiftungen anders machen können als Staat und Privatwirtschaft. Waren es in den vergangenen Jahren Altbischof Wolfgang Huber oder der frühere Verfassungsrichter Udo Di Fabio, darf man 2018 gespannt sein auf die Rede von Jutta Allmendinger, der Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).
Bei Stiftungen in Deutschland und speziell in Berlin gibt es noch Luft nach oben: Von den rund 21.000 rechtsfähigen Stiftungen in Deutschland sind gerade mal 900 an der Spree ansässig. Dabei hat die Hauptstadt sehr stark zugelegt. Rund 30 neue kommen jährlich hinzu, berichtet Engelniederhammer. Er sieht das gesteigerte Interesse an Stiftungen auch als eine bewusste Gegenreaktion zur immer schnelllebiger erscheinenden Zeit. „Stiftungen als langfristige Organisationsform gewinnen an Charme! Eine Stiftung ist mehr oder weniger unauflöslich.“ Wer mit einer eigenen Stiftung liebäugelt, also selbst stiften möchte, kann sich beispielsweise beim Bundesverband Deutscher Stiftungen beraten lassen.
Passend zum Gedanken der ständigen Bewegung ist das Schwerpunktthema der diesjährigen Stiftungswoche vom 17. bis zum 27. April: Das Motto „Alles im Fluss – Vom Bewahren und Gestalten“ will aufrufen, sich zu besinnen – auf das, was man bewahren möchte, und auf das, was neu zu gestalten ist. Wie soll mit den Veränderungen in der Gesellschaft, in der Politik und im Arbeitsleben umgegangen werden? Welche konstruktiven Antworten lassen sich finden? Und welchen Beitrag können dazu Stiftungen leisten? – Alle Termine und das komplette Programm finden Sie unter www.berlinerstiftungswoche.eu