Es beginnt mit einer Liebesgeschichte: Olga und Herbert sind ein ungleiches Paar. Herbert – wir sind in Ostpreußen – ist der Sohn eines Gutsbesitzers und Zuckerfabrikanten, Olga kommt aus einfachen Verhältnissen, wächst ohne Eltern bei ihrer strengen Großmutter auf. Olga ist ein fügsames Kind, sie lernt viel, arbeitet sich zum Gymnasium hoch, wird Dorfschullehrerin.
Herbert, der immer rennen muss, zieht es hinaus in die Welt. Zuerst nach Südwestafrika zum Kampf gegen die Hereros, dann nach Karelien, schließlich in die Arktis. Olga wartet auf ihn, am Ende vergeblich, aus der Arktis kehrt der Abenteurer nicht zurück. Sie bleibt allein, erlebt zwei Kriege und wird aus dem Memelland vertrieben, tief in den Westen.
Im zweiten Teil fühlt man sich versetzt in die Welt des „Vorlesers", aber mit umgekehrten Vorzeichen. Aus dem auktorialen Erzähler wird ein Ich-Erzähler, Ferdinand, der mit Olga eine besondere Freundschaft eingeht. Aus ihr ist jetzt Fräulein Rinke geworden. Durch eine Krankheit taub geworden, kann sie nicht mehr unterrichten. Sie arbeitet als Näherin für eine begütete Familie, die sie freundlich aufnimmt. Der junge Ferdinand hört zu, Olga erzählt von ihrem Leben. Die Freundschaft dauert bis ins Erwachsenenalter von Ferdinand, und als Olga schließlich stirbt, kümmert er sich um ihren Nachlass.
Schlink schildert Olga als eine Frau, die alles richtig macht und mit sich vollkommen im Reinen ist. Sie liebt Herbert, aber begehrt nicht gegen ihn auf. Sie hadert nicht mit ihrer Taubheit, sondern sucht sich, weil sie geschickt ist, eine Arbeit als Näherin. Sie mag ihren Ferdinand, spaziert mit ihm über Friedhöfe und gibt ihm immer etwas mit, wenn er wieder an seinen Studienort zurückkehrt.
Nur einen Kritikpunkt hat sie, aber den durchgehend: am Imperialismus des Wilhelminischen Reiches ist ihr „alles zu groß", am Hitlerfaschismus genauso, und am Ende auch an der 68er-Studentenbewegung.