Die Süß-Handwerker von „Ben & Bellchen" fertigen vielstöckige und kreative Torten für Brautpaare. Das fünfköpfige Konditoren-Team verfügt über Fingerspitzengefühl, Liebe zum Detail und ein gutes Auge.
Zwei Viererstapel goldbraune Biskuitböden, Spritzbeutel und eine Schale Vanille-Buttercreme. Mango und Passionsfrucht sowie Beeren zur Dekoration. Viel mehr braucht es in der Backstube nicht, um die auf dem Edelstahltisch vorbereiteten Zutaten in eine Hochzeitstorte zu verwandeln. Natürlich braucht es noch viel mehr, um aus Tortenböden, Früchten und Creme einen „Naked Cake", eine „nackte Torte", herzustellen: Erfahrung, Fingerspitzengefühl, die Liebe zum Detail und ein gutes Auge. Über all das verfügt Isabel Hoffmeier, die eine Hälfte von „Ben & Bellchen – Süßes Handwerk", zur Genüge. Sie spritzt Buttercreme-Ringe auf einen Boden, gibt frische Mangos und Passionsfrucht dazu, legt den nächsten Boden auf. Geht in die Hocke, nimmt mit geübtem Blick Maß, damit der Turmbau nicht schief gerät. Es wird immer schön vorsichtig gespritzt und aufgelegt, damit keine Creme über die Ränder quillt, eine goldene Pappe als fester Zusatzboden eingezogen. Vier kleinere Lagen kommen obenauf, Cremeringe bilden den hellen Abschluss. Frische Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren werden aufgelegt, ein Hauch Puderzucker darüber gestäubt und ein Schnörkelschrift-Einstecker mit dem Wort „Love" befestigt.
Fertig ist die zweistöckige Hochzeitstorte im Zebra-Look. Sie wird uns und die Brautpaare, die später in den Showroom in den Altbau an der Heidestraße kommen, zum Probieren animieren und vielleicht eine Entscheidung erleichtern.
Für Isabel und ihren Mann Benjamin Hoffmeier, der zweiten Hälfte von „Ben & Bellchen", beginnt ein wesentlicher Teil der Arbeit erst am späten Nachmittag – die Hochzeitstorten-Beratung. „Hochzeitstorten sind schon ganz besondere Produkte, bei denen wir richtig kreativ sein können", sagt Benjamin Hoffmeier. „Wir beschäftigen uns mit den Brautpaaren und ihren Wünschen genau." Eine Hochzeitstorte hat ihren eigenen großen Auftritt bei der Feier; alles soll besonders schön werden, zur Location und zum Stil der Hochzeit passen. Angesagt sind derzeit „Naked Cakes", aber auch „Semi Naked Cakes", die hauchdünn mit Creme überzogen werden und das Innenleben wie durch einen Vorhang erahnen lassen. Natürlichkeit ist Trend. „Mit Fondant ummantelte Torten mit aufwendigen Marzipanverzierungen werden nur noch selten verlangt", erzählt Isabel. „Die Hülle wird oft abgemacht und nicht mitgegessen. Dann lässt man es lieber gleich." Oder man ordert eine Candy Bar mit Cake Pops, Praliné Pops, Macarons und Mini-Cupcakes, an der sich die Gäste immer wieder bedienen können. Komplett out sind auch Brautpaar-Figuren, sagt Benjamin Hoffmeier. Heutzutage steckt man „Cake Topper" mit Schriftzügen ein, etwa mit den Initialen oder Vornamen des Brautpaares oder mit Schriftzügen wie „Bis ans Ende der Welt".
So weit fahren müssen „Ben & Bellchen" meist nicht, wenn sie die Torten ausliefern. Ein bis zwei Stunden ins Umland, wo Berliner Paare gern feiern, aber schon. „Wir planen immer sehr große Zeitpuffer ein", betont Isabel. So nervös wie an jenem Tag in den Anfangszeiten, als sie mit wenig Sprit im Tank auf der nach einem Unfall gesperrten Autobahn stand, wollte sie nie wieder sein. Glücklicherweise kamen bislang alle Torten an.
„Cake Topper" mit Schriftzügen angesagt
Ist eine Hochzeitstorte am Fest-Ort, wird sie dort erst mit frischen Früchten oder Blüten komplettiert. Die Torten werden zusammengesetzt und in hohen Kästen verpackt transportiert. Ein „Naked Cake", der ohne Tortenring und äußeren Überzug gefertigt wird und damit die einfachste Variante ist, braucht in zweistöckiger Ausführung vier Stunden Zeit allein für Bau und Dekoration. Die meisten Paare wählen eine dreistöckige Torte. Sie reicht gut für 60 bis 80 Personen und damit für die in Berlin übliche Gästezahl. Wegen des sehr unterschiedlichen Aufwandes und der Größen rechnen „Ben & Bellchen" mit Preisen pro Stück. Mit 5,50 Euro geht es los, je nach Dekoration können aber auch 6 bis 7 Euro zusammenkommen. Eine Hochzeitstorte ist eben so individuell wie jedes Paar und seine Feier.
Genug der Theorie und der Praxis-Beobachtung! Wir wollen probieren, was uns schon in der Backstube verführerisch entgegengeduftet hat. Wir nehmen im Showroom auf dem Sofa Platz, lassen den Blick über Mustertorten und Backbücher schweifen. Isabel und Benjamin haben Teller mit unterschiedlichen Kombinationen von Böden, Cremes und Fruchtfüllungen vorbereitet. Die Varianten reichen vom „Klassiker", einem hellen Biskuit mit Vanille-Buttercreme, Mango und Passionsfrucht, bis zur „Rocky Road", dunklen Böden mit Füllung aus Schokoladencreme, dunklen Trauben, Mandel-Karamell und Marshmallows. Eine helle, aber etwas kompaktere Alternative zum Biskuit wäre eine Torte mit Sandmasse-Böden mit Himbeer-Tonkabohnen-Creme. Ein dunkler Klassiker ist die Kombination Waldfrucht mit Schoko. Bei der Hochzeitstorte entscheiden die meisten Paare eher nicht zu ausgefallen. „Die Torte soll allen schmecken", sagt Isabel. Der Feinschmecker-Fotograf und ich könnten spontan heiraten. Bei der Tortenwahl wären wir uns nämlich einig: Der helle Biskuit mit Mango-Passionsfrucht ist unser Favorit. Die Kombi ist frisch, fruchtig und durch die Passionsfrucht ein wenig säuerlich. Die schwarzen Passionsfrucht-Kerne sorgen für den optischen Kontrast und sind schön crispy.
Das Geheimnis der Fruchtigkeit ist gefriergetrocknetes Obst in der Creme. Das ergibt einen intensiveren Geschmack ohne unnötige Feuchtigkeit. Die Torten sind immer mit einer Buttercreme gemacht. Manches Mal gilt es, Überzeugungsarbeit zu leisten: „Das ist keine schwere, deutsche Buttercreme mit Puddingpulver", erklärt Isabel. „Wir machen sie mit Frischkäse. Das ist leichter und vor allem im Sommer sehr angenehm." Stimmt. Aber selbst eine schokoladige „Rocky-Road"-Torte hinterlässt so kein Gefühl von Schotterstein im Bauch.
Manche Paare treffen im Showroom blitzschnell eine Entscheidung; andere kommen dagegen ein zweites Mal vorbei. Eine individuelle Beratung mit Probieren dauert im Schnitt eine Stunde. „Ich könnte es mir einfach machen und immer nur diese Torte bei Instagram zeigen", erzählt Isabel Hoffmeier lachend. Ein dreistöckiger „Naked Cake" mit rosa und weißen Rosenblüten sei „der absolute Renner". So wie Kleidung, Eventlocations und Zeremonien unterliegen auch Torten der Mode: Farbverläufe in schlichten Überzügen beispielsweise sind im Kommen. Wer’s opulenter liebt, greift gern auf essbares Blattgold zurück. Von der Schnipsel-Kaskade bis zur komplett überzogenen Etage reicht das Spektrum – vom Gefallen und vom Preis her.
Inspiriert von Londoner Streetfood-Märkten
Gerade hat die Hochzeitstorten-Saison begonnen: Vor allem von April bis Oktober sind sie gefragt. Die Brautpaare finden seit einem knappen Jahr deutlich einfacher zu „Ben & Bellchen". Eine Anreise nach Frohnau, wo die beiden heute 31-Jährigen im Jahr 2011 noch als Studenten im Souterrain von Benjamin Hoffmeiers Elternhaus mit Cake Pops starteten, ist nicht mehr nötig. Der Umzug nach Mitte, in die Nähe vom Hauptbahnhof, hat sich in mehrfacher Hinsicht gelohnt. Auch die Backstube ist nun endlich groß genug, um im fünfköpfigen Konditoren-Team alle Torten- und Cake-Pop-Aufträge abzuarbeiten. Man läuft zwar nicht unbedingt am neuen Standort spontan vorbei, aber „Ben & Bellchen" sind schließlich auch keine Konditorei mit Kuchenverkauf oder Café. Die „Süß-Handwerker" werden meist übers Internet gefunden – „die Leute googeln wie verrückt" –, über mündliche Weiterempfehlung oder weil potenzielle Kunden schon als Gäste andernorts von einer Torte kosteten. Hochzeitstorten und Cake Pops, die nach wie vor im Trend sind, ergänzen sich im Jahreslauf bestens. Ob Minions, Mini-Weltkugeln, Pinguine oder schlichte Kugeln mit oder ohne Verzierung: Die Küchlein am Stiel sind für Events, Messen und Firmen-Veranstaltungen vor allem im Winterhalbjahr gefragt.
Isabel und Benjamin Hoffmeier sind immer unterwegs in der „Mission gutes Essen". Inspiriert von Streetfood-Märkten brachten sie einst ihre Idee für handgemachte Cake Pops von einer London-Reise nach Berlin mit. Ob’s nach dem Osterurlaub am Golf von Neapel „zum Pizza-Essen" bald italienisch inspirierte Hochzeitstorten mit „Baci di Dama" oder „Divino Amore" oder kleine aufgemalte Vulkane auf Cake Pops geben wird? „Frauenküsse" und „Göttliche Liebe" wären passende Zutaten fürs Hochzeitsbusiness. „Ben & Bellchen" sind jedenfalls immer für stilsichere und geschmackvolle süße Überraschungen gut.