Der „langsame Vater“, Präsident Nigerias, lässt sich noch etwas bitten.
Der nigerianische Präsident Muhammadu Buhari, Staatschef der bevölkerungsreichsten afrikanischen Nation, hat eine für dortige Politiker nicht untypische Karriere hingelegt. Als übel gelaunter Militärdiktator hatte er Anfang der 80er-Jahre nicht nur das – leider schlecht funktionierende – demokratische Experiment der II. Republik beendet. Seine eigene Herrschaft war dadurch gekennzeichnet, dass er Ausländer aus dem Land warf, korrupte Politiker erschießen ließ – und dass sie sehr kurz war, denn nach 19 Monaten fiel er selbst einem unblutigen Palastputsch zum Opfer.
Es dauerte bis ins Jahr 1999, damit sich in Nigeria erstmalig mit der IV. Republik eine offenbar dauerhafte, zivile politische Struktur entwickeln konnte. Erster Präsident unter der neuen Verfassung wurde zu jener Zeit Olusegun Obasanjo, selbst bis 1979 Militärdiktator und Initiator jener II. Republik, die Buhari gewaltsam beendete.
Jahrzehnte danach, im Jahr 2015, wurde Buhari – längst zum Zivilisten gewandelt – erneut Staatschef, diesmal immerhin gewählt. Er versprach – wie damals – die Korruption zu bekämpfen und darüber hinaus die Bedrohung durch die islamistische Sekte Boko Haram zu beseitigen. Tatsächlich bekam Buhari von der eigenen Bevölkerung schnell den Spitznamen „Baba go slow“ – „langsamer Vater“ verpasst. Seine Amtsführung galt als ideen- und energielos, und er hielt sich lange Zeit über aus gesundheitlichen Gründen im Ausland auf, mit 74 Jahren ist er nicht mehr der Allerjüngste. Immerhin: Sein Versprechen in Bezug auf Boko Haram hielt er weitgehend ein, wenngleich die Auseinandersetzung immer noch weiter schwelt.
Nun aber beginnt in Nigeria langsam der Wahlkampf für die 2019 anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Dem Norden des Landes, entsprechend einer Übereinkunft unter der politischen Elite Nigerias, steht eine zweite Amtszeit zu, ehe wieder ein Präsident aus dem Süden an die Regierung darf. Das käme Buharis Absichten sehr entgegen, ein zweites Mal anzutreten. Doch die Begeisterung über seine bisherige Arbeit hält sich nicht nur bei der weitgehend zerstrittenen Opposition in Grenzen, auch in der regierenden Partei regt sich bereits Widerstand.
Da Buhari sich, dem US-amerikanischen System nicht unähnlich, durch Primaries als Kandidat aufstellen lassen müsste, sind die Stimmungen in seinem „All Progressives Congress“ (APC) nicht unwichtig für ihn. Einige meinen sogar, er solle sich auf die eine Amtsperiode bescheiden oder er solle aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme gar nicht mehr antreten.
Tatsächlich formieren sich seine Anhänger aber bereits – also all jene, die sich durch seine Regierung weitere vier Jahre Zugänge zu den Honigtöpfen hoher staatlicher Positionen erhoffen. Erste Kampagnengruppen, die den Präsidenten „überzeugen“ wollen, doch noch einmal anzutreten, machen von sich reden. Meist finanziert von Politikern, die im Falle eines Kandidatenwechsels möglicherweise etwas zu verlieren hätten. Beobachter gehen davon aus, dass Buhari, so es seine Gesundheit zulässt, den „herzlichen Bitten“ seiner Anhänger irgendwann ganz demütig Folge leisten wird.
Buharis Stärke ist dabei die Schwäche der Opposition, bei der noch gar nicht klar ist, wer dort der Gegenkandidat sein wird. Es ist allerdings bezeichnend, dass als ein möglicher Mann Atiku Abubakar gehandelt wird, der unter Obasanjo Vizepräsident war und aufgrund von Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste. Das militärisch-zivile Führungsrecycling in Nigeria wird wohl erst ein Ende nehmen, wenn die demokratische Verfassung so alt wird, dass die alten Generäle schlicht aussterben. Bis dahin, so ist zu befürchten, werden sie auch auf die Wahlen von 2019 einen langen Schatten werfen, und der Amtsinhaber wahrscheinlich den längsten.