Fernsehen und Radio, DVD- und CD-Player waren gestern. Das Internet hat die Art verändert, wie wir heute Serien sehen, Filme schauen und auch Musik hören. Streaming heißt das Schlüsselwort. Wir verraten, wie jeder mit wenigen Tricks sein Wohnzimmer zur Medienzentrale machen kann.
Früher kam der neue „Tatort“ sonntagabends, heute genau dann, wann es einem passt. Ein paar Klicks mit der Fernbedienung genügen. Auf Wunsch kann ich mir diese dank Sprachassistent sogar sparen. „Siri, ich möchte jetzt die zweiunddrölfzigste Folge ,Lindenstraße‘ sehen.“ Bitteschön. „Alexa, spiel’ die fünfte Sinfonie von Beethoven.“ Ta-ta-ta-taaaa. Streaming-Technik macht’s möglich. Doch damit alles reibungslos klappt, braucht es die richtigen Komponenten – und ein wenig Fachwissen.
Was ist eigentlich Streaming? Es ist das Abrufen von digitalen Medien über ein Netzwerk. Als Quelle kann zum Beispiel ein Anbieter im Internet dienen. Die sogenannte Server-Client-Architektur eines Netzwerks erlaubt den Austausch von Daten. Auf dem Server sind die Daten physikalisch vorhanden, der Client kann übers Netz darauf zugreifen. Client und Server kommunizieren miteinander. Die Kommunikation erlaubt Interaktion. So ist es möglich, Musik, Filme und TV-Serien ganz gezielt abzurufen. Streaming vereint die Vorteile von Rundfunkempfang (kein Besitz von CD oder Video nötig) und Datenträger (jederzeit verfügbar).
Um Online-Angebote nutzen zu können, braucht es zunächst einen schnellen Internetanschluss. Das ist in ländlichen Gebieten Deutschlands noch nicht selbstverständlich. Eine Download-Geschwindigkeit von 2 Mbit/s sollte es schon sein, um Filme wenigstens in niedriger Qualität ruckelfrei empfangen zu können, für HD mindestens 6 Mbit/s. Die Streaminganbieter erkennen meist automatisch, wie viel der Anschluss schafft und liefern das passende Signal. Je höher die Geschwindigkeit, desto besser die Bild- und Tonqualität. Videos in 4K-Auflösung, die derzeit höchste Qualität, verlangen etwa 15 bis 25 Mbit/s. Wegen der großen Datenmenge, die insbesondere beim Filmeschauen ins Wohnzimmer strömt, geht nichts ohne Daten-Flatrate. Beim Hausanschluss (DSL oder Kabel) ist das Standard, aber bei Mobilverträgen noch keine Selbstverständlichkeit.
Nun zu den Geräten. Moderne Fernsehgeräte verfügen meist über einen eingebauten Streaming-Client und nennen sich dann Smart-TV. Der Funktionsumfang dieser eingebauten Module ist aber von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Die einfachste Möglichkeit, Streamingdienste zu nutzen, ist, die bestehende Technik um eine Streaming-Box zu erweitern. Das sind kompakte Geräte, die als Streaming-Client fungieren, also Filme und Musik aus dem Netz fischen und als Video- und Audiosignal anderen Geräten zur Verfügung stellen. Die Streaming-Boxen bieten durch ihren sogenannten Pufferspeicher und hochwertige Grafikchips oft eine bessere Übertragungsqualität als das eingebaute Modul im Smart-TV.
Steuerung per Sprachassistent
Die Box wird mit einem Netzwerk verbunden (per Kabel oder W-Lan) sowie mit dem TV-Gerät. Wer für einen besseren Klang lieber die Stereoanlage nutzen möchte, kann entweder das Audiosignal vom TV abzweigen oder besser die Streaming-Box direkt an den Verstärker anschließen. In der Regel stehen analoge und digitale Ausgänge zur Verfügung. Gängige Streaming-Boxen gibt’s zum Beispiel von Apple, Amazon, Humax, Google oder Logitech. Apple als alteingesessener Netzwerk-Experte macht’s dabei besonders geschickt: Wer schön brav innerhalb des Apple-Universums einkauft, wird mit umfassender und recht bedienungsfreundlicher Netzwerk-Funktionalität belohnt. Grundzutaten: Mac, Apple-TV (als Streaming-Client) und iPhone. So lassen sich zum Beispiel durch den eigenen Lokalnetzwerkdienst „Airplay“ Musik und Filme vom iPhone per Wischbewegung auf dem Fernseher und der Stereoanlage wiedergeben. Die kleine Streaming-Box „Apple TV“ dient dabei als Bindeglied. Und Apples Software iTunes auf iPhone oder Mac dient als Medienzentrale, streamt Medien aus dem Internet oder offline von allen Rechnern, Tablets und Smartphones im Haus. Nachteil: Es werden nur diejenigen Audio- und Videoformate unterstützt, die Apple gefallen. Andere Anbieter bieten eine breitere Auswahl an nutzbaren Medienformaten.
Der neueste Trend sind Sprachassistenten wie Siri (Apple) oder Alexa (Amazon). Auch Streaming-Clients von Google, Cortana und Bixby bieten solche Technik. Zum reinen Musikhören gibt es mittlerweile kompakte Boxen, die Streaming-Client samt Sprachassistent, Verstärker und Lautsprecher enthalten. Küchenradios mit Internetanschluss etwa. Mithilfe des Streaming Clients lassen sich per Fernbedienung verschiedene Medien-Anbieter auswählen. Zu den Pionieren gehört Netflix. Das US-amerikanische Unternehmen startete 1997 als Versand-Videothek. 2007 begann Netflix, Videos per Streaming anzubieten. Durch die sofortige Verfügbarkeit der Videos im Gegensatz zum Postversand setzte sich dieses Geschäftsmodell rasch durch. In den USA hat die Firma mit knapp 50 Millionen Abonnenten heute schon mehr Zuschauer als jeder Fernsehsender. Netflix produziert auch eigene Serien, darunter „House of Cards“. Seit 2014 ist Netflix auch in Deutschland auf dem Markt und konkurriert hier mit weiteren Streaminganbietern wie Maxdome, Amazon oder Apple. Vorteile des Video-Streamings sind die riesige Auswahl und die sofortige Verfügbarkeit. Nachteil: 3D-Filme in Surround-Sound sind noch nicht drin, dafür wird noch die stationäre Blu-Ray-Technik benötigt.
Doch nicht nur Filmfans werden im Netz fündig. Gerade für Musikliebhaber haben sich Streamingangebote schon längst etabliert. Das funktioniert auch mobil mit dem Handy sehr gut, weil Musik geringere Übertragungsgeschwindigkeit erfordert als Video. Beliebte Musik-Anbieter sind beispielsweise Spotify, Deezer, Apple Music und Amazon Music. Hinzu kommen Spezialanbieter für bestimmte Musikrichtungen oder für besonders audiophile Nutzer. Idagio zum Beispiel hat sich auf Klassik-Freunde spezialisiert. Der französische Anbieter Quobuz bietet sowohl Musik-Streaming als auch den Download von Musikdateien in CD- oder gar Studioqualität.
Ihr eigenes Ding machen die Berliner Philharmoniker. Sie betreiben einen hauseigenen Streamingdienst, die Digital Concert Hall. Abonnenten dürfen Konzerte live ins Wohnzimmer streamen oder Aufnahmen aus dem Archiv nutzen. Nicht-Abonnenten können einzelne Konzerttickets kaufen oder das kostenlose Programm nutzen, darunter Kinderkonzerte. Die oben genannten Anbieter bieten ihre Inhalte gegen Gebühr (siehe Infokasten). Dafür genießen die Abonnenten werbefreie Unterhaltung.
Neu dabei sind die zahlreichen TV-Sender. Sie wollen den Trend nicht verpassen und ihrer Internet-Konkurrenz Paroli bieten. Die meisten Rundfunkanstalten stellen ihre Sendungen mittlerweile per Mediathek als Streaming zur Verfügung, darunter alle öffentlich-rechtlichen. So lassen sich zum Beispiel verpasste Sendungen online schauen. Einige Serien werden sogar vor der TV-Ausstrahlung ins Netz gestellt. Musikliebhaber finden etwa in der Arte-Mediathek reihenweise Konzertmitschnitte.
Natürlich sind mittlerweile auch fast alle Radiosender im Netz. Vorteil: Unabhängigkeit vom üblichen Sendegebiet. Jazzradio Berlin in München hören? Kein Problem mit Streaming.
Streamingdienste – egal ob Film, Serie oder Musik – haben allerdings einen Nachteil: Man sieht und hört alles, aber besitzt nichts davon. Mein Lieblingsalbum gehört mir nicht. Läuft der Vertrag mit Spotify, Netflix & Co. aus, herrscht Funkstille, bleibt die Flimmerkiste schwarz.
Hier schlägt die Stunde des Intranets. Ein Intranet ist ein Netz, das den Datenaustausch innerhalb der eigenen Wohnung ermöglicht. Doch wozu braucht man Streamingtechnik, wenn die Daten ohnehin auf der Festplatte liegen – könnte man nicht einfach den Computer an den Fernseher und die Stereoanlage anschließen? Tatsächlich machen das viele. Im Wohnzimmer hat sich besonders der flüsterleise Mac Mini von Apple als Multimediazentrale bewährt.
Streaming bietet jedoch auch bei festplattenbasierter Medienwiedergabe Vorteile. Darunter die elegante räumliche Trennung zwischen Speicherort und Wiedergabeort. So lassen sich im Wohnzimmer Filme schauen, die auf dem Rechner im Arbeitszimmer gespeichert sind. Man kann Musik hören, die auf dem Smartphone oder auf der Netzwerkfestplatte „liegt“. Statt bei Streaminganbietern im Internet „saugt“ man die Daten bei sich selbst. Nachteil: Das Einlesen und Abspeichern einer umfangreichen CD-Sammlung kann lange dauern. In den USA haben sich schon Dienstleister etabliert, die das für einen erledigen.
Für eingefleischte Hi-Fi-Fans birgt Streaming Media auch die Möglichkeit, die eigene Stereoanlage auf allerhöchste Klangqualität zu trimmen. Erstens sind heute viele Alben (auch ältere) in hochaufgelöster Studioklang-Qualität verfügbar. Auf die alte CD würden diese Daten nicht draufpassen. Zweitens erlaubt Streaming die absolut verlustfreie Übertragung des Tonsignals, ohne etwaige Fehler, die beim Auslesen und Aufbereiten der Daten einer CD entstehen. Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Qualität der Streaming-Geräte und die richtige Konfiguration der Anlage. Spezialanbieter wie etwa Sonos haben sich auf Musikfreunde spezialisiert und bieten komfortable Komplettlösungen.
Spitzenklang hat aber seinen Preis: Der Streaming-Client „Klimax DS“ von der britischen High-End-Schmiede Linn zum Beispiel kostet stolze 18.800 Euro. Dafür bietet er ein höheres Klangpotenzial als der beste und teuerste CD-Spieler – hochwertige Musikaufnahmen vorausgesetzt.
Doch selbst mit einer alten Hi-Fi-Anlage plus preiswerter Streaming-Box ist hervorragende Wiedergabe-Qualität möglich: Mit einem guten Digital-Analog-Wandler (DAC) zwischen Streaming-Box und Verstärker lassen sich die billigen Wandlerchips der Boxen umgehen und bestehende Geräte klanglich aufpeppen – zumindest auf das Niveau eines sehr guten CD-Players.