Wer sich allzu sehr ins Homeoffice zurückzieht, verliert schnell den Anschluss an die Kollegen – und im schlimmsten Fall auch an die Betriebsabläufe. Wie es besser geht, erklärt Josephine Hofmann, Teamleiterin am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart.
Frau Hofmann, welche Rolle spielt Homeoffice in der heutigen Arbeitswelt?
Es ist, neben der Teilzeit, mit das älteste flexible Arbeitszeitmodell. Heimarbeitsplätze gibt es bereits seit den 1980er-Jahren. Wobei es natürlich immer darauf ankommt, was man unter dem Begriff Homeoffice überhaupt versteht: Gemeint sind meistens fixe Tage, an denen Angestellte von zu Hause arbeiten – in der Regel mit einer Betriebsvereinbarung, oft auch mit einer Büro-Ausstattung, die der Arbeitsgeber zur Verfügung stellt.
Worin bestehen die Vor- und Nachteile, von zu Hause aus zu arbeiten?
Ein klarer Vorteil ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Außerdem kann man langen Anfahrtswegen entfliehen. Auf der Negativseite steht die fehlende Integration ins Betriebsgeschehen: Man ist weniger ansprechbar, isolierter. Das ist eine Herausforderung, die Unternehmen nicht unterschätzen sollten. Mit einem guten Kommunikationsfluss kann man solchen Hürden aber entgegenwirken.
Können Sie ein paar Tricks nennen, mit denen sich die Zusammenarbeit meistern lässt?
Moderne Technik, viel Disziplin, gute Kommunikation. Es ist immer ein Geben und Nehmen. Wenn ich von zu Hause aus arbeite, bin ich vom üblichen Kommunikationsfluss abgeschnitten. Deshalb sollte ich für meine Kollegen und Vorgesetzen erreichbar sein, auf E-Mails zügig antworten. Die Anschaffung einer guten Telefonanlage, die Anrufe aufs Handy weiterleitet, kann sich lohnen. Auch Chatprogramme und Videokonferenzen sind gute Möglichkeiten, um den Anschluss nicht zu verlieren. Bei all dem muss man natürlich den Datenschutz bedenken.
Wer alleine im Arbeitszimmer sitzt, verpasst den Flurfunk und den Tratsch in der Kantine. Wie wichtig sind solche zwischenmenschlichen Faktoren im Arbeitsalltag?
Sehr wichtig. Sie sind gewissermaßen der soziale Kitt. Viele Dinge erzählen wir uns, wenn wir uns zufällig auf dem Flur treffen. So erfahren wir ganz nebenbei, was die Kollegen machen, was sie bewegt, wie sie über bestimmte Dinge denken. Das hilft uns, die anderen auch menschlich besser einzuschätzen. Wenn all das wegfällt und man nicht gegensteuert, leidet die Kollegialität. Deshalb ist es wichtig, dass auch Mitarbeiter, die im Home-Office arbeiten, regelmäßig im Betrieb vorbeischauen.
Welches Verhältnis von Heimarbeit und Büroarbeit empfehlen Sie?
Starre Grenzen zu ziehen ist schwierig. Manchmal klappt schon bei kleinen Gruppen der Abstimmungsprozess nicht, sobald bestimmte Kollegen nicht da sind. Andererseits gibt es große Teams, die richtig gut zusammenarbeiten – weil sie gelernt haben, richtig zu kommunizieren. Ich plädiere für klare Absprachen, am besten durch ein teambezogenes Regelwerk.
An welchem Land können wir uns diesbezüglich ein Beispiel nehmen?
Skandinavien ist sehr weit fortgeschritten, was flexible Arbeitszeitmodelle angeht. Das liegt aber auch zum großen Teil an der weitläufigen Topografie. In Deutschland existiert ein ausgeprägtes Arbeitsrecht, was allzu flexible Lösungen manchmal erschwert. Das würde ich aber nicht unbedingt negativ sehen. Je nach Land herrscht eine ganz andere Arbeitskultur. Mancherorts wird erwartet, dass vor dem Chef niemand nach Hause geht. So flexibel sind wir hierzulande zum Glück nicht.
Wohin geht der Trend: an den heimischen Schreibtisch oder zurück ins Großraumbüro?
Komplett von zu Hause arbeitet fast niemand. Das wäre wegen der fehlenden Anbindung an die Kollegen auch ein Problem. Ich würde eher von einer Stagnation, wenn nicht gar von einem Rückgang des klassischen Homeoffice sprechen. Streng genommen arbeitet man aber natürlich auch von zu Hause, sobald man auf dem Handy eine dienstliche Mail liest.