Kulturmanager Bernd Kauffmann war unter anderem Präsident der Stiftung Weimarer Klassik, leitete das dortige Kunstfest, gründete das Festival Theaterformen. Und ist seit 2003 künstlerischer Leiter der „Movimentos"-Festwochen in Wolfsburg.
Herr Kauffmann, in diesem Jahr kann das VW-Kraftwerk zum letzten Mal als Veranstaltungsort für die Aufführungen der großen Tanzproduktionen bei „Movimentos" genutzt werden. Sehen Sie diese Festivalausgabe daher mit einem „weinenden Auge"?
Der Start mit dem „Ballett BC" aus dem kanadischen Vancouver und der Londoner „Company Wayne McGregor" in die diesjährigen Festwochen war fulminant – und sicher erwartet uns noch eine ganze Reihe großer Choreografien. Die „Sydney Dance Company" beispielsweise zeigt gleich drei Produktionen – unter anderen „Wildebeest" von Gabriele Nankivell. Daran schließt sich die Europapremiere des „Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan" an – und im Anschluss sind „zero visibility corp." aus Norwegen sowie die brasilianische „Grupo Corpo" zu Gast. Dazu kommen Lesungen, Konzerte, Theaterabende und Workshops.
Im diesjährigen Programm der „Movimentos"-Festwochen der Autostadt finden sich einige Compagnien, die hier bereits zu Gast waren – gewiss kein Zufall?
Wir haben seit Beginn des Festivals 2003 eine ganze Reihe von Tanz-Companies und Künstlern auf ihrem Werdegang begleitet. Ich denke, das Publikum schätzt das auch – beispielsweise haben wir die erste Ausgabe des Festivals mit „Grupo Corpo" aus Brasilien eröffnet – in diesem Jahr treten sie zum Abschluss der Festwochen auf. Uns war es immer wichtig, ganz unterschiedlichen Menschen die Vielfalt tänzerischer und choreografischer Ansätze in Kopf und Herz nahezubringen. Und ich meine, das ist uns auch ganz gut gelungen.
Aus dem „Festival für Wolfsburg" ist längst eines geworden, das weit über die Region hinausstrahlt …
Und darüber freuen wir uns sehr. Beispielsweise, wenn wir sehen, wie viele Tanzbegeisterte und -kundige aus Berlin und anderen Städten zu den Aufführungen hier im Volkswagen-Kraftwerk anreisen. Natürlich ziehen die großen klangvollen Namen, andererseits ist der Veranstaltungsort ein ganz besonderer. Allein die Dimensionen der Kraftwerkshalle, in der rund 1.000 Zuschauer Tanz auf höchstem Niveau erleben können.
„Movimentos" findet in diesem Jahr zum 16.Mal statt – als künstlerischer Leiter haben Sie die internationale Tanzszene in den vergangenen Jahren begleitet – was hat sich getan, was hat sich verändert?
Nachwuchs gibt es nur noch in überschaubarem Rahmen. Somit bleibt auch die Zahl der Compagnien, die wir zum Festival einladen könnten, übersichtlich. Durch ein in Jahrzehnten entstandenes Netzwerk kennt man natürlich sehr viele Companies und kann dann auch gezielt nach den jeweils aktuellen Plänen und Überlegungen schauen, um dann auch hier und dort in Koproduktionen einzutreten. Und dass der Nachwuchs geringer wird, hängt mit der Kulturpolitik in vielen Nationen und vor allem der Förderung von Kultur zusammen, die fast überall nicht gerade größer wird. In vielen Ländern ist es mittlerweile für größere Tanz-Companies sehr schwer geworden, zu überleben. Staatliche Förderung gibt es oft nicht, die Abhängigkeit von Sponsoren ist immens. Bricht da etwas weg, kann es schon fast das Aus bedeuten. In Deutschland sind wir im Vergleich noch recht gut aufgestellt – gerade weil die Kultur von Ländern und Kommunen gefördert wird und die „Leuchttürme" noch durch Bundesmittel gesichert werden.