Felix Rachor (33) ist der Ansprechpartner, wenn es um atemberaubende und ästhetische Fotografie geht. Im Interview spricht der Fotograf, Artdirector und Make-up-Artist aus Berlin über seinen Beruf, aufregende Fotos und Projekte.
Herr Rachor, wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Mein Vater hatte mir mal eine Kamera in die Hand gedrückt und mir gesagt, ich solle üben. Exa2 hieß dieses DDR-Modell und war ein analoges Ungetüm. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr genau wie es war, aber ich habe mir Verschlusszeit, Brennweite, Blende in etwa zu Gemüte geführt und mit einem chemischen Belichtungsmesser gearbeitet, um die Fotos hinzubekommen. Tatsächlich habe ich ein bis zwei schöne Porträts von meinem Bruder und Leuten von unserem Bauernhof geschossen. Natürlich auch diverse Blumen fotografiert, wie jeder, der anfängt.
Aber die Lust hat mich leider schon früh verlassen, da ich die Bilder immer in der nächsten Kleinstadt entwickeln lassen musste und ich auch kein Geld dafür hatte. Dafür habe ich mit 18 wieder angefangen – dann aber mit einer 2,1MP Kamera: eine Weltneuheit!
Ihre Fotos sind höchst professionell. Wie haben Sie das fotografische Know-how erlernt?
„Höchst professionell" ist ja sehr subjektiv. Jedenfalls kann ich meine Miete damit bezahlen. Gelernt habe ich alles autodidaktisch. Ich hätte mir gewünscht, bei einem guten Fotografen anfangen zu können, aber mich wollte (verständlicherweise) niemand haben.
Ich empfehle also Praktika zu machen, so viel man kann, solange man kann. Denn das ist die Basis eines jeden guten Fotografen. Ich habe es dann über einen viel längeren Weg mit Ausprobieren und Tutorials zu meinen Ergebnissen geschafft.
Was waren Ihre ersten Aufträge?
Ich habe am Anfang echt wenig angenommen. Meine Bilder waren auch echt nicht gut. Also für einen Friseurladen habe ich eine Haar-Modenschau fotografiert. Ich habe auch auf dem roten Teppich einige Stars wie Tokio Hotel, Pamela Anderson und Kylie Minogue fotografiert. Das war meine absolute Findungsphase. Zum Glück habe ich rechtzeitig erkannt, dass ich viel weglassen muss und viel riskieren muss in der Richtung, in die ich will.
Und was war die Richtung, in die Sie wollten?
Ich wollte schon immer Mode- und Beauty-Fotografie machen. Alles daran hat mich interessiert. Die Kunst, Menschen zu verschönern oder optimal darzustellen. Ich weiß, es klingt sehr oberflächlich. Aber ja, genau diese Oberfläche hat mich interessiert. Dafür mache ich natürlich auch noch Projekte, die ganz im Kontrast dazu stehen, wie die Arbeiten für ein Hilfswerk in Haiti (Pen Paper Peace e.V.) oder mein Buch über Vietnam. Da geht es um viel mehr als nur die Fassade. Sie sehen: Ich liebe die Gegensätze.
Sie fotografieren unter anderem Kampagnen für renommierte Marken wie Babor, lichten zahlreiche Stars ab und arbeiten für Fernsehsender. Wie gestaltete sich Ihr Weg dorthin, wie kamen die Kontakte zustande?
Das frage ich mich auch manchmal. Ich könnte jeden einzelnen Weg der Kundenanfrage zurückverfolgen. Jedenfalls nicht über die Googlesuche oder Ähnliches. Es läuft immer über Empfehlungen, den eigenen Ruf und auch über die Stars, mit denen ich zusammenarbeite, und die dann unbedingt mit mir das Projekt realisieren wollen.
Wenn ich einen Tipp geben sollte, wie man das machen kann: Mach viel für andere, verlange nichts außer Gefallen und fordere hier und da auch deine Gefallen ein.
Mit welchem Equipment fotografieren Sie?
Sehr viel verschiedenes. Grundsätzlich: Profoto Lichtequipment, da bin ich von allem ziemlich überzeugt. Nicht nur, weil sie echt gut sind, sondern weil ich viel Negatives bei Konkurrenzmarken erlebt habe. Langlebigkeit, Zuverlässigkeit und einfache Bedienbarkeit sind da das A und O. Ansonsten gerne mit Canon 5D mk4 oder Canon M50 oder auch gern meine geliebte Phase One.
Aber das Equipment spielt eine enorm nebensächliche Rolle. Was drauf steht ist mir egal, wichtig ist, dass ich es schnell, leicht und sicher bedienen kann.
Wie viel Zeit nimmt die Bearbeitung eines Beauty-Fotos ungefähr in Anspruch?
Ganz unterschiedlich. Vor Kurzem habe ich einen Kollegen und Freund, Calvin Hollywood, fotografiert. Er hat einfach alle Bilder unbearbeitet genommen und mag sie so, wie sie sind. Er ist eigentlich bekannt für Photoshop-Manipulationen und dennoch haben die Bilder so überzeugt. Aber es geht bis hin zu enorm aufwendigen Beauty-Retuschen. Aber ja, ich weiß, ihr wollt eine Zahl hören: zwischen fünf und 40 Minuten. Ich arbeite sehr effektiv.
Fotografieren Sie die meisten Aufnahmen im Studio oder entsteht auch viel outdoor?
Das ist eine Phasensache. In Berlin mache ich einiges im Studio. In Kapstadt wäre man schön dumm, das geniale Licht nicht zu nutzen. Ich liebe aktuell Outdoor-Aufnahmen. Das war vor ein bis zwei Jahren noch ganz anders. Denn im Studio kannst du alles exakt kontrollieren und outdoor bist du extrem wetterabhängig. Wind, extreme Sonne und Regen können ein Shooting schon versauen.
In Zukunft wird es aber sicher auch mehr On-Location-Bilder von mir geben. Die meisten Influencer-Kampagnen sind auch outdoor einfach schöner.
Wie muss ein Bild sein, damit Sie zufrieden sind?
Dem Zweck entsprechend und den Betrachter überraschend. Ich liebe es, wenn kleine Labels mit hochwertigen Bildern glänzen können. Oder wenn Menschen sogar bei einer Werbung sagen: Woooow … die ist wirklich schön. Denn Werbung sind wir ja schon gewohnt.
Ansonsten liebe ich es, wenn – gerade in der heutigen digitalen Zeit – Fotografen es schaffen, einen mit einer guten Idee zu flashen. Wie der Kuss zweier Fremder oder Ähnliches.
Haben Sie ein Faible für spezielle Model-Typen, Farben oder Details?
Jeder hat das. Aber es kommt ganz auf das Projekt an. Ich liebe Models mit etwas Speziellem. Extreme Sommersprossen, eine Narbe, Glatze bei Frauen, schief stehende Augen.
Aber der Rest entspricht dann meist einem gewissen Schönheitsideal. Diese Models sind super für Werbung und Editorials. Wenn man Projekte schießt, lässt man sich auf die Menschen ein, das funktioniert dann ganz anders.
Suchen Sie die Make-up-Artisten, die die Models schminken, selbst aus? Lassen Sie Ihnen freie Hand oder sagen Sie Ihnen genau, wie das Make-up sein soll, damit es zum Foto passt?
Ich suche sie auf jeden Fall immer selbst aus, auch wenn mir welche vorgeschlagen werden. Sie sind essenziell für meine Bilder und bestimmen einen Großteil mit. Auch wenn ich so gut wie möglich alles vorgebe, lasse ich mich auf die Handschrift des Make-up-Artisten gerne ein. Denn ich versuche immer, die Stärken meines Teams zu nutzen.
Arbeiten Sie immer im Team?
Absolut. Ein Team fängt ja schon bei zwei Personen an (Model und Fotograf). Ich habe aber dann immer noch einen Make-up-Artisten, zwei Assistenten und bei vielen Projekten auch noch einen Stylisten dabei. Manchmal wird der Hairstylist auch noch extra gebucht. Und nicht zu vergessen meine Office-Managerin, die alles zusammenhält.
Was waren Ihre außergewöhnlichsten und verrücktesten Shootings?
Ich mochte das Shooting mit Hape Kerkeling. Er hat mir das schönste Kompliment bisher gegeben: „Wenn ich Fotograf wäre, ich würde es genauso machen wie Du!"
Dann habe ich mal Rauch-Eimer gezündet – die übrigens nicht mehr ausmachbar sind –, die eine riesige rosa Wolke über Zingst verursacht haben. Das war einfach geil. Meine Shootings sind allerdings immer etwas verrückt.
Welche Shootings waren Ihre Highlights?
Hape Kerkeling, weil unglaublich sympathisch und eine geile Zeit. Morgan Freeman und Jack Nicholson – unglaublich beeindruckend.
Ich überlege schon die ganze Zeit. Alle Shootings haben so viel Besonderes … und vor allem die Zeit, in der ich sie fotografiert habe.
Haben Sie Lieblingsfotos von sich?
Nein. Oder zu viel. Aber gleichzeitig findet man doch seine früheren Arbeiten ja immer nicht so besonders. Meistens mag ich Bilder aufgrund von persönlichen Erinnerungen. Ein Clownbild, welches ich nur als Lichttest gemacht und nicht bearbeitet habe, liebe ich heiß und innig.
Gibt es ein Wunschmodel oder einen bestimmten Musiker oder Schauspieler, den Sie gern einmal fotografieren möchten? Wie würden Sie sie oder ihn in Szene setzen?
Ja. Ich will Hollywood erobern. Ob das klappt, sehen wir noch. Aber Größen wie Brad Pitt, Nicole Kidman oder Christoph Walz, das wäre schon einfach mal ein geiles Erlebnis. Es wird jedenfalls von mir daran gefeilt, versprochen.
Welche Projekte und Shootings stehen bei Ihnen in nächster Zeit an?
Ich habe dieses Jahr einige Workshops und Shows, die gerade anstehen.
Viele Kampagnen, über die man ja immer nichts sagen darf. Ich werde vielleicht sogar eine kleine Schauspielrolle übernehmen und viel reisen. Auf Instagram kann man mir da ganz gut folgen.
Nähere Einblicke: www.felix-rachor.com oder www.instagram.com/felixrachor