Schiedsrichter werden beleidigt, verhöhnt und mittlerweile sogar tätlich angegriffen. Grenzen werden dadurch deutlich überschritten – in Frankfurt wurden deshalb Konsequenzen gezogen.
Schiedsrichter haben es nicht leicht. Selbst auf professionellem Niveau in der Bundesliga wird deren Tätigkeit eher weniger geschätzt. Lob vonseiten der Spieler oder Trainer sind für Schiedsrichter eher eine Seltenheit – Anfeindungen und Beleidigungen gehören dabei zum Tagesgeschäft. Unparteiische müssen in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen, teilweise sind diese Situationen aber nicht nur schwarz und weiß, sondern auch mal grau. Dies beweist mittlerweile sogar der Videobeweis. Zwar konnten einige eklatante Fehlentscheidungen verhindert werden, genug andere Fehler wurden trotzdem gemacht. Doch genau das zeigt auch, wie schwer es ein Schiedsrichter hat, der von 50.000 Leuten ausgepfiffen wird und dann einen kühlen Kopf bewahren soll.
In der Bundesliga geht es um viel Geld und um Existenzen. Fast jeder Bundesliga-Interessierte hat die Bilder des durch die Decke gehenden Christian Streich im Kopf, der wild gestikulierend und schimpfend an der Seitenlinie herumspringt, nachdem sein Spieler Nils Petersen mit Gelb-Rot vom Platz muss. In dem Millionengeschäft Fußball sind Schiris meist das schwächste Glied und der am einfachsten zu attackierende Sündenbock. Wie so oft ist dies aber nicht nur ein Problem der Profiligen, denn respektloses Verhalten gegenüber den Unparteiischen ist nicht nur im Fernsehen zu Hause, sondern auch auf den Amateursportplätzen oder in der Jugend.
Schlechte Vorbilder
Die ersten Konsequenzen gegen diese aufkommende Gewalt gegenüber Schiedsrichtern wurden jetzt in Frankfurt gezogen. Aufgrund eines großen Streiks mussten etwa 150 Jugendspiele ohne offiziellen Referee auskommen. Die Unparteiischen wollen damit ein Zeichen gegen Respektlosigkeit und die immer mehr aufkommenden Anfeindungen setzen. Der Kreisschiedsrichter-Ausschuss sieht sich laut eigener Aussage dazu gezwungen, „weil die Übergriffe gegenüber Schiedsrichtern eine neue Dimension erreicht haben". Neben dieser Protestaktion erhofft sich der Ausschuss ebenfalls eine pädagogische Funktion, indem den Trainern und Betreuern der Spiegel vorgehalten wird. Der Kreisschiedsrichter-Ausschuss schreibt: „Damit bieten wir Trainern, Betreuern und Zuschauern die Gelegenheit, für zwei Tage die nicht immer angenehme Rolle des Schiedsrichters zu übernehmen."
„Wir müssen jetzt ein Zeichen setzen", sagte der Kreisschiedsrichter-Obmann Mathias Lippert. Die zunehmende Gewalt gegen Unparteiische könne nicht weiter toleriert werden. „Unsere Schiedsrichter werden attackiert, beleidigt, bespuckt. Dieses Verhalten können wir nicht akzeptieren." Das Fass zum Überlaufen brachten zwei Fälle aus der jüngsten Vergangenheit. Bei einem Spiel der B-Junioren wurde ein 43 Jahre alter Referee von einem Jugendlichen mit mehreren Faustschlägen im Gesicht verletzt. „Ihm wurde die Lippe blutig geschlagen", so Lippert. Bei einem E-Jugendspiel ähnliche Szenen. Ein 15-Jähriger Schiri-Neuling wurde von einem Trainer massiv bedrängt und beschimpft. Auch nach mehrfacher Aufforderung und unter Mithilfe anderer Zuschauer wollte der Trainer sich nicht beruhigen. Wohlgemerkt bei einem Spiel, in dem Zehnjährige Fußball gegeneinander spielen – weil es ihnen Spaß macht.
Dass dieses Problem eben nicht nur ein lokales in Frankfurt ist, zeigen weitere Vorfälle, denn der Streik in Frankfurt ist nicht der erste seiner Art. Erst im November hatte der Kreis Arnsberg im Sauerland einen kompletten Kreisligaspieltag abgesagt, zuvor waren an einem Wochenende zwei Schiedsrichter tätlich attackiert worden. Ebenfalls im Vorjahr hatten Schiedsrichter im Weser-Ems-Kreis (Niedersachsen) den Dienst an der Pfeife abgelehnt, nachdem das Oberverbandssportgericht eine Strafe gegen einen Bezirksligaclub wegen Schiedsrichterbeleidigung durch einen Zuschauer wieder aufgehoben hatte. Der Zuschauer hatte zum Unparteiischen nach dem Spiel gesagt: „So etwas wie euch sollte man vergasen." Starker Tobak.
Die Position des Schiedsrichters wurde geschwächt
Worin der Ursprung des Ganzen liegt, ist wohl nicht so einfach zu benennen. Schiedsrichter werden alleine in der Bundesliga sehr oft an den Pranger gestellt, von Spielern bei fast jeder Aktion belagert und von Trainern beschimpft oder infragegestellt. Dieses Verhalten schwächt die Position des Unparteiischen natürlich deutlich.
Die Vorbildfunktion geht dabei auch eher flöten, auch wenn sicherlich beachtet werden muss, dass es im Profigeschäft um eine Menge Geld geht. Dennoch – dieses Verhalten zieht sich vom Profifußball hin bis in die letzten Ecken des Amateurfußballs. Im Fußball hat sich eine Mentalität eingebürgert, meist dem Schiedsrichter den Schwarzen Peter zuzuschieben. Und wahrscheinlich wird es schwer, diesen wieder zu beseitigen.
In keiner anderen Sportart wird derart viel mit den Entscheidungen der Unparteiischen gehadert wie beim Fußball. Im Handball beispielsweise ist die Körperlichkeit weitaus größer und Entscheidungen ebenfalls knifflig. Dass die Sportler den Schiri aber so belagern wie es Fußballer tun, ist selten oder wahrscheinlich fast nie zu sehen. Der Respekt gegenüber dem Offiziellen ist ein anderer.
Ebenso vergleichbar beim Eishockey, wo auch der Videobeweis eingesetzt wird und sich nicht minutenlang mit irgendwelchen Entscheidungen aufgehalten wird. Die Position des Schiedsrichters wurde in der Sportart Fußball sukzessive geschwächt, sodass dieses momentan gezeigte Verhalten zur Normalität wurde. Eine Kampagne im Saarland zierte mal den Spruch: „Ohne Schiedsrichter geht es nicht." Das bringt es auf den Punkt.
Ein Schiedsrichter ist nach einem Spiel niemals ein Gewinner. Selbst wenn er richtig entscheidet ist er meistens der Buhmann. Selbst bei fehlerfreien Partien wird nach dem Haar in der Suppe gesucht.
Dabei sollte die Gesellschaft eher dahingehend sensibilisiert werden, wie schwer es ist, in diesem Job einen kühlen Kopf zu behalten. Abgesehen von Fußball oder Sport, ob Bundesliga, Kreisliga oder Jugendfußball. Respektvoller Umgang mit anderen Menschen sollte zu den Grundeigenschaften eines jeden gehören. Gewalt sollte nirgends einen Platz haben – auch nicht gegen Schiedsrichter.