Ultralanges, bis zu den Hüften reichendes Haar ist diesen Sommer wieder mega angesagt. Der Rapunzel-Look hat nicht nur auf internationalen Laufstegen, sondern auch auf Instagram dank Kim Kardashian & Co. für reichlich Furore gesorgt.
Alle Jahre wieder beginnt das große Heulen, sobald Heidi Klum zu Beginn jeder neuen Staffel von „Germany’s next Topmodel" das Umstylen vieler Teilnehmerinnen befiehlt. Denn dabei kommt in der Regel die Schere zum Einsatz, und die Haare, ganzer Stolz ihrer Besitzerinnen, fallen haufenweise zu Boden. Die Tränen fließen, weil lange Haare noch immer auch kulturgeschichtlich bedingt, Klischee hin oder her, als ganz besonderes Symbol der Weiblichkeit und Verführungskraft gelten – und das schon seit Evas Zeiten, die traditionell wie auch Maria Magdalena, die Jesus’ gewaschene Füße mit ihrer Mähne abtrocknete, mit langen Haaren dargestellt wird. Und langes Haar gilt zudem seit jeher als Geschenk der Natur sowie als sichtbares Kennzeichen für die Gesundheit oder auch die Attraktivität seiner Trägerin.
Eine Prinzessin ohne lange Wallepracht ist kaum vorstellbar. Siehe das Märchen der Gebrüder Grimm über Rapunzel, zu deren Turmverlies der Königsohn nur mit Hilfe ihrer meterlangen Haartracht hinaufklettern konnte. Sobald sie die Schere ins Spiel kommen lässt, steigt eine Frau symbolisch aus dem Mythos der Weiblichkeit aus und hält gewissermaßen ihren Kopf hin gemäß der alten Regel der Friseurzunft: „Lange Haare betonen die Haare, kurze Haare betonen den Kopf."
Wer seit den glorreichen Zeiten von Brigitte Bardot, Claudia Schiffer, Naomi Campbell oder Cher das längste Haar sein eigen nennen kann, ist seit Jahren umstritten. Es findet darum ein regelrechter Wettbewerb statt, der seinen Niederschlag regelmäßig im „Guiness-Buch der Rekorde" findet. Was die Beteiligten allerdings an 16,8 Meter langen Dreadlocks (die Amerikanerin Asha Mandela) oder an einem 5,70 Meter langen pechschwarzen Haarschopf (die Chinesin Xie Qiuping) noch schön finden können, vermag sich uns nicht zu erschließen. Von den gesundheitlichen Folgen durch das Gewicht der 19 Kilogramm schweren Dreadlocks und dem stundenlangen Pflegeaufwand mal ganz abgesehen.
Im Sommer 2018 stehen ultralange Haare wieder mal hoch im Kurs. Das Trendbarometer kann sich diesbezüglich auf verschiedene Indikatoren stützen – von den Laufstegen der internationalen Fashion Weeks über Promi-Auftritte anlässlich der American Music Awards bis hin zu aktuellen Instagirl-Haarvorlieben à la Kim Kardashian im Stil der Popikone Cher. Die Kosmetik-Experten von L’Oréal und die Redakteurinnen des Magazins „Elle" waren sich darüber einig, dass das Rapunzelhaar der aufregendste Haar-Look auf den Catwalks für die bevorstehende Sommersaison war. L’Oréal ließ sich sogar zu folgendem Titel hinreißen: „The longer, the better."
Als Paradebeispiel wurde Supermodel Kirsty Hume ins Feld geführt, die nach zweijähriger Pause anlässlich der Michael-Kors-Show in taillenlangem Blondhaar auf den Laufsteg zurückgekehrt war. Auch Model Natalie Westling sorgte beim Präsentieren der neuen Kollektion von Calvin Klein dank ihrer schier endlosen roten Lockenpracht für großes Aufsehen. Statt auf eigenes Naturhaar im XXL-Format zu setzen, nahmen Models bei Designern wie Rick Owens oder Sies Marjan Zuflucht zu Extensions, um sich dem Publikum in glänzend-langer Haarpracht zu zeigen. Auch bei Roksana (hoher Pferdeschwanz) oder Dolce & Gabbana (offene Mähne samt Mittelscheitel) waren lange Haare angesagt.
Nachahmer durch Social Media
Den Vogel in Sachen Langhaar-Trend schoss der Designer Philipp Plein auf der New Yorker Fashion Week ab. Denn seine Models liefen in bis zum Boden reichenden Endloszöpfen über den Catwalk, gemäß dem Motto „good girl gone bad". Dabei waren die Damen in zwei Gruppen aufgeteilt. Angeführt von Jasmine Sanders gab es die Riege der good girls, deren Zöpfe mit bunten Kunstblumen geschmückt waren. Und als Kontrast angeführt von Adriana Lima die Gang der bad girls mit schwarzen Goth-Rosen als Zopfzierde. Logisch, dass hier mit Extensions (sieben an der Zahl) gearbeitet werden musste, denn keine der Damen verfügt über eine solch gigantische Haarlänge.
Neben den internationalen Modeschauen erhielt der Rapunzelhaar-Trend auch einen gehörigen Schub dank der einschlägigen Instagram-Protagonistinnen Kim Kardashian & Co. Allerdings hatte Kim sich im Zuge ihres neuen Head-Looks auch von ihrer jüngsten Platinfarbe verabschiedet. Nun präsentiert sie glattes, hüftlanges Haar in dunkelstem Schwarz. Und nannte auch gleich ihr Styling-Vorbild, nämlich die Pop-Ikone Cher. Kim hat die Frisur quasi eins zu eins vom Cover der September-Ausgabe „Harper’s Bazaar Arabia" mit der nur durch ihr langes Haar verhüllten Sängerin abgekupfert. Darum wurde das Ganze in Windeseile in Hollywood auf den Namen „Cher Hair" getauft.
Cher zeigte sich begeistert von ihrem neuen Fan Kim Kardashian und fand es zudem toll, dass lange Haare plötzlich wieder en vogue gekommen seien, auch wenn sie selbst abseits jeder Moden oder Trends ihre Haare schon von Kindesbeinen an immer lang getragen habe. Wie nicht anders zu erwarten, fand Kim schnell jede Menge Nachahmer in der Instagram-Society. Mit der Schauspielerin und Sängerin Demi Lovato und der Rapperin Nicki Minaj an der Spitze. Lovato hatte sich allerdings auch schon auf der Grammy-Gala im Frühjahr 2017 auf der Bühne beim Singen des Bee-Gees-Tribut-Titels „Stayin’ Alive" mit langem Haar (natürlich dank Extensions) gezeigt. Und Kims neuer Long-Hair-Look wurde auch auf dem roten Teppich der American Music Awards Mitte November 2017 häufig gesichtet. Selbst Kelly Clarkson zeigte sich plötzlich mit hüftlanger Mähne in Sleek-Optik. Auch die R&B-Sängerin Kelly Rowland beispielsweise hatte ihre frühere Lockenpracht gegen einen tief die Schultern herabfließenden Haarstyle eingetauscht.
Wer ohne längere Wartezeit beim Rapunzel-Haar-Trend mitmachen möchte, muss natürlich wie die Promi-Ladys zu Extensions greifen. Stars wie Beyoncé, Vanessa Hudgens, Jennifer Lopez oder Kylie Jenner pflegen schon seit Längerem ihr natürliches Haar für den großen Auftritt damit aufzupeppen. Vor allem die neuen Clip-Extensions sind sehr empfehlenswert, bei denen das Haarteil mittels Kämmchen oder Spängchen festgepinnt wird. Wer genügend Kleingeld im Portemonnaie hat, kann natürlich auch zu Echthaarverlängerungen greifen.
Mit etwas Geduld und regelmäßigen Terminen zum Spitzenschneiden kann frau ihre Mähne aber auch gleichmäßig und gesund wachsen lassen. Kontinuierliche Tiefenpflege wird absolut notwendig, um Spliss, Haarbruch und stumpfe Längen zu vermeiden. Der Look, der beim Schnitt eigentlich nur die beiden Optionen durchgestuft oder ganz gerade zulässt, wirkt nur dann edel, wenn die Haare nicht zu sehr ausgedünnt und frizzig sind. Es wird zwar immer wieder von Geheimtipps wie Koffein-Haarprodukten, speziellen Shampoos oder Biotin gesprochen, die angeblich das Haar schneller wachsen lassen. Doch das ist letztlich unmöglich, weil es nur von den Genen abhängt, ob das Haar etwas mehr als durchschnittlich einen Zentimeter im Monat wachsen kann. Auf das Jahr gerechnet dürften es in der Regel rund zwölf bis 15 Zentimeter sein. Gute Pflege und ein Vermeiden von unnötigen Strapazierungen oder gar Beschädigungen vorausgesetzt.
Die Spitzen regelmäßig stutzen
Nicht schaden kann eine regelmäßige, die Durchblutung fördernde Kopfhautmassage oder auch eine Haarmaske – besonders mit Rizinusöl oder Keratin. Ratsam ist auch die Verwendung möglichst natürlicher Bürsten. Solche mit Metall- oder Plastikborsten sind eher nicht geeignet, da sie sowohl die Haarspitzen als auch die Kopfhaut beeinträchtigen können. Hitzestylings sollten möglichst vermieden oder nur sparsam eingesetzt werden; speziell Glätteisen oder Lockenstab sind extrem problematisch. Das Haar möglichst häufig offen tragen, weil vor allem Gummis das Haar strapazieren und brüchig machen können. Beim Bürsten sanft vorgehen und von der Haarmitte aus beginnen. Die Spitzen sollten alle zehn bis zwölf Wochen nachgeschnitten werden, um Spliss zu vermeiden.
Was das Styling betrifft, so haben Damen mit langem Haar die Qual der Wahl, von Flechtfrisuren über Updos bis hin zu Beach Waves. Sehr schön ist aber auch die Mähne, die einfach geschmeidig über die Schultern fällt. Mit einem akkurat gezogenen Mittelscheitel und dezent gesetzten Highlights in den Längen wirkt der Look noch zeitgemäßer und cooler. Lange Haare passen eigentlich zu jeder Gesichtsform. Allerdings sind sie schon etwas altersabhängig, sprich sie sehen besonders bei jüngeren Damen sehr attraktiv aus, während für gereifte Ladys die gepflegte Kurzhaarfrisur die bessere Wahl sein dürfte, weil sich das Kopfhaar meist nach und nach immer mehr verfeinert.