Die einen beenden die Karriere, die anderen gehen ins Ausland oder sogar in die Zweite Liga. In diesem Sommer wird sich die Bundesliga von einigen Stars verabschieden müssen.
Der Fußball-Bundesliga geht wieder einmal ein großes Stück Tradition verloren. In der Rangliste der vereinstreusten aktiven Spieler belegt Torhüter Roman Weidenfeller mit 16 Jahren im Trikot von Borussia Dortmund Platz eins vor den Stürmern Alex Meier (seit 2004 ununterbrochen in Frankfurt) und Stefan Kießling (seit 2006 in Leverkusen). Alle drei werden nie wieder für ihren Herzensverein spielen. Weidenfeller und Kießling werden ihre Karriere beenden. Meier erhält in Frankfurt wohl keinen neuen Vertrag, will aber noch ein oder zwei Jahre weiterspielen.
So oder so werden der Bundesliga wieder einige hochinteressante Spieler von der Fahne gehen. Publikumslieblinge wie Claudio Pizarro, der seine Karriere beendet. Aufstrebende Stars wie Naby Keita, der ins Ausland wechselt. Oder Spieler wie Jonas Hector und Timo Horn, die mit dem 1. FC Köln in die Zweite Liga gehen. Es sind die nächsten einer ganzen Reihe. In den vergangenen vier Jahren verließen zum Beispiel die Nationalspieler Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger (beide Karriereende), Toni Kroos, Julian Draxler, Antonio Rüdiger, Emre Can, Ilkay Gündogan oder Leroy Sané (alle ins Ausland gewechselt) die deutsche Eliteliga. Dazu gingen ausländische Stars wie Roberto Firmino, Kevin de Bruyne, Ousmane Dembélé oder Pierre-Emerick Aubameyang. Auch Trainer wie Thomas Tuchel, Jürgen Klopp oder Pep Guardiola haben die Bundesliga seitdem verlassen. Für viele sind diese Abgänge Grund für eine gewisse Fußball-Verdrossenheit und die schlechteste Europacup-Bilanz der Bundesliga seit mehr als zehn Jahren. Andere stellen dem entgegen, dass die Stadien immer noch gut gefüllt sind, die TV-Einschaltquoten immer noch gut und dass die Bundesliga im Laufe dieser vier Jahre ja auch neue Stars hervorgebracht hat. Ausländische Klasse-Fußballer wie Emil Forsberg, Leon Bailey oder sogar James Rodriguez, deutsche Talente wie Joshua Kimmich oder Timo Werner, internationale Nachwuchs-Stars wie Kingsley Coman oder Jordan Sancho, dazu interessante Trainer wie Julian Nagelsmann oder Domenico Tedesco.
FORUM zeigt die Stars, die in der kommenden Saison nicht mehr in der Bundesliga zu sehen sein werden. Vor der Saison widmen wir uns dann den Neuzugängen, die diese Lücken schließen könnten.
Weidenfeller reifte in Dortmund
Roman Weidenfeller (37/Torhüter/Borussia Dortmund/Karriereende): Um eine Vereins-Legende zu werden, muss man in der Regel zwei Dinge vereinen: Erfolg und eine besondere Verbindung zum Club. Roman Weidenfeller ist ein besonderes Exemplar dieser Gattung. Er wechselte nach der Meisterschaft 2002 als zweiter Torhüter hinter Jens Lehmann von Kaiserslautern nach Dortmund, wurde die Nummer 1, blieb dem Verein auch in der existenzbedrohenden Zeit treu, wurde zum Symbol des Aufschwungs, war Stammtorhüter bei den Deutschen Meisterschaften 2011 und 2012 und stand auch beim Champions-League-Finale 2013 im Tor. Für die Nationalelf wurde er lange Jahre nicht nominiert. Weidenfeller galt als überehrgeiziger und deshalb schwieriger Charakter, von dem man Stunk befürchtete, wenn er nur die Nummer zwei oder drei wäre. Und befeuerte dies mit Verschwörungs-Theorien, als er sagte: „Vielleicht sollte ich mir die Haare schneiden oder einfach etwas zierlicher werden." Irgendwann kam Bundestrainer Löw nicht mehr an ihm vorbei. Weidenfeller wurde mit 33 Jahren und 105 Tagen zum ältesten Torwart-Debütanten in der Nationalmannschafts-Geschichte, fuhr als Nummer 2 zur WM 2014, machte keinen Stunk und wurde ohne Einsatz Weltmeister. In Dortmund wurde er vom Schweizer Roman Bürki als Stammtorhüter abgelöst und zum vorbildlichen Ersatztorhüter, der auch nicht aufmuckte, wenn Bürki wieder mal patzte. Ja, sogar dann nicht, als er in seinem letzten Heimspiel nicht eingesetzt wurde. Die BVB-Fans feierten Weidenfeller an diesem Tag ausgiebig – obwohl sie auf ihre Mannschaft nach der 1:2-Niederlage wütend waren. Weidenfeller wird dem Verein in noch nicht geklärter Rolle erhalten bleiben.
Stefan Kießling (34/Stürmer/Bayer Leverkusen/Karriereende): Auch Stefan Kießling wird seine zweite Karriere beim aktuellen Verein in Leverkusen beginnen. Und er plant jetzt schon, sie dort auch zu beenden. „Wir wohnen seit zwölf Jahren hier, und das wollen wir auch weiterhin tun. Ich werde nun sicher nicht zum Wandervogel", stellte Kießling schon vor seinem letzten Bundesliga-Spiel klar. Erst einmal will er sich aber bis Oktober eine Auszeit nehmen. Die hat er sich verdient. Denn Kießling hat sich und seinen Körper nie geschont. Eine Statistik bewies: Zwischenzeitlich hatte er die meisten Zweikämpfe aller Spieler in den Top-5-Ligen Europas bestritten. Das Ergebnis heute sind ein Knorpelschaden und Arthrose im Hüftgelenk. Kießling wird irgendwann – und vielleicht sogar bald – ein künstliches Hüftgelenk brauchen. „Ich bin in jedem Fall gefasst darauf", sagt er. Schwarze Punkte seiner Karriere sind wie bei Weidenfeller die lange Missachtung durch Löw trotz öffentlichen Drucks und das „Phantomtor" in Hoffenheim, als ihm viele zu Unrecht Unsportlichkeit vorwarfen. Doch Kießling war ein Treffergarant. 2013 wurde er Torschützenkönig der Bundesliga. Und er war seit 2006 ein absolutes Aushängeschild von Bayer Leverkusen. Dafür sagte er unter anderem Chelsea, Dortmund oder Florenz ab. „Warum hätte ich woanders das Glück herausfordern sollen?", fragt er.
Kießling bleibt Leverkusen treu
Jonas Hector (27/Abwehr/1. FC Köln/Abstieg): Schon zu Karrierezeiten zu einer Legende wird Jonas Hector in Köln. Obwohl der Linksverteidiger Stammspieler des Weltmeisters ist, flüchtete er nach dem Abstieg in die 2. Liga nicht, sondern bekannte sich zum Verein und verlängerte sogar seinen Vertrag. Und das, obwohl ihn der FC Bayern und Dortmund auf dem Zettel hatten. Doch für den FC hatte Hector im Vorjahr sogar Barcelona abgesagt. Dabei ging der Saarländer diesmal durchaus Risiko, mit Löw hatte er sich vorher nicht besprochen. Als er ihn danach schriftlich informierte, habe der Bundestrainer „nicht negativ" reagiert, erzählte Hector. Bleibt es bei einem Zweitliga-Jahr, wird er seinen Stammplatz im DFB-Team wohl behalten. In die Bundesliga wird er im nächsten Sommer bestimmt zurückkehren.
Naby Keita (23/Mittelfeld/RB Leipzig/wechselt zum FC Liverpool): Zur Vereinslegende wird es für Naby Keita nicht reichen. Doch einen Platz in der Vereinschronik wird der Techniker aus Guinea sich gesichert haben. Er kam 2016 nach dem Bundesliga-Aufstieg für stolze 24 Millionen und führte RB als überragender Spieler zur Vize-Meisterschaft, in die Champions League und ins Europa-League-Viertelfinale. In 76 Pflichtspielen kam er auf 35 Torbeteiligungen – für einen defensiven Mittelfeldspieler eine überragende Quote. Deshalb war er von Leipzig weder mit Geld noch Perspektiven zu halten. Er wechselt in die Premier League, zu Jürgen Klopp und dem FC Liverpool. Und bringt Leipzig einen Gewinn von über 40 Millionen ein.
Claudio Pizarro (39/Stürmer/1. FC Köln/Zukunft offen): Viele erwarteten schon im vergangenen Sommer das Karriereende des Peruaners. Doch obwohl er eine erfolgreiche und bewegte Karriere mit insgesamt neun Jahren beim FC Bayern inklusive Champions-League-Sieg, einem Engagement beim FC Chelsea und drei Perioden als Publikumsliebling in Bremen vorweisen konnte, hatte Pizarro mit 38 immer noch nicht genug. Im Herbst verpflichtete ihn in höchster Not der 1. FC Köln. Dort konnte Pizarro den Abstieg nicht verhindern, er schoss nur ein Tor und spielte nur zweimal über die volle Distanz. Auch an ihm geht die Zeit nicht spurlos vorbei. Doch auf sein Karriereende hat Pizarro, den Uli Hoeneß mal hochachtungsvoll einen „Schlawiner" nannte, sich immer noch nicht festgelegt. Übrigens: Der zweitälteste Feldspieler in dieser Saison, der Schalker Naldo, ist fast genau vier Jahre jünger.
Pizarro macht vielleicht weiter
Jupp Heynckes (73/Trainer/Bayern München/Karriereende): Ihn darf man bei alledem auch nicht vergessen. 2013 verabschiedete sich Jupp Heynckes schon einmal in die Rente. Im Herbst 2017 ließ er sich zu einem Comeback überreden. Präsident Uli Hoeneß hätte ihn gern noch länger an den Verein gebunden, aber Heynckes war nicht zu erweichen. Er geht zurück auf seinen Hof in Schwalmtal am Niederrhein zu Frau und zahlreichen Tieren. Und er wird endgültig nie wieder in der Bundesliga auftauchen. Nach 1038 Spielen als Profi und Coach – mehr hat kein anderer. Nach insgesamt acht deutschen Meistertiteln. Jupp Heynckes ist eine Ikone des FC Bayern und von Borussia Mönchengladbach, für die der Weltmeister von 1974 zwölf Jahre stürmte und die er zweimal trainierte. Er ist aber trotz missglückten Engagements wie in Frankfurt oder auf Schalke auch eine Legende der gesamten Bundesliga.