Renault erweitert mit dem Master Z.E. seine Elektroflotte um einen Transporter. Der Stromer ist ab sofort bestellbar, doch ist er auch alltagstauglich? Ein erster Test gibt Antworten.
Der Gesetzgeber macht ernst, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sind keine Utopie mehr. Versandhändler, Kurierdienste oder Handwerker machen sich Gedanken, wie Pakete oder Werkzeuge in Zukunft zum Kunden kommen. Womöglich im Elektrotransporter. Mercedes (e-Sprinter), VW (e-Crafter) und Iveco (Daily Electric) haben sich bereits in Stellung gebracht, jetzt steigt Renault mit dem Master Z.E. in den Ring solcher elektrisierter Dreitonner. Bislang waren die Franzosen schon mit dem deutlich kleineren Elektro-Kangoo am Start. Seit März gibt es nun eine Elektrovariante des Erfolgsmodells Master mit Ladevolumina zwischen 8 und 13 Kubikmetern. Das entspricht exakt dem Fassungsvermögen der herkömmlichen Varianten.
Die 255 Kilo schwere Lithium-Ionen-Batterie mit 33 kWh Kapazität ist im Kabinenboden verbaut und nimmt daher nichts vom Transportvolumen. Unter den Bedingungen der Prüfnorm NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus), ergeben sich für einen vollen Akku 200 Kilometer Reichweite. Ein Wert, der sich auch aufgrund der Fähigkeit zur Rekuperation ergibt: Beim Bremsen und im Schiebebetrieb verpufft die Bewegungsenergie nicht, sondern wird in die Batterie zurückgespeist. Dennoch: Unter realistischen Gegebenheiten im Stadtverkehr, unter Beladung, liegt die Reichweite locker 25 Prozent unter der NEFZ-Angabe. Das jedenfalls ergab auch unsere Testfahrt. Da in Deutschland die Ladeleistung auf 4,6 kW (20 A und 230 V einphasig) begrenzt ist, dauert ein kompletter Ladevorgang neun Stunden. Eine Stunde laden also reicht für 20 bis 25 Kilometer. Renault liefert das Auto mit einer Wandladestation (englisch: Wallbox) für Heim und Firma aus. Das zugehörige Kabel eignet sich auch fürs Stromziehen an öffentlichen Säulen. Zusätzlich gibt es ein Kabel, mit dem sich an regulären 230-Volt-Haushaltssteckdosen laden lässt.
Spezielles Navi für E-Autos
Zu den Fahreindrücken: Reingepackt in den Testtransporter sind 400 Kilogramm Gewicht. Die Strecke verläuft topografisch sehr unterschiedlich. Überlandpassagen sind genauso dabei wie Stop-and-Go-Abschnitte in der Innenstadt. Elektroautofahren ist einfach: Schlüssel drehen, Wählhebel auf vorwärts, und los geht’s. Der Elektromotor bringt es auf 76 PS, was ausreicht für eine Spitzengeschwindigkeit von 100 km/h. Das 225 Newtonmeter starke Drehmoment, das der Stromer an die Antriebsräder bringt, klingt nicht atemberaubend. Aber: Im Elektrotransporter steht es sofort beim Anfahren zur Verfügung. Egal ob vorwärts oder rückwärts. Ein Gefühl wie beim Starten eines Autoscooters, wären da nicht die stattlichen Abmessungen. Der serienmäßige Weitwinkelspiegel verschafft zwar einen ordentlichen Überblick nach seitlich hinten, empfehlenswert ist dennoch die Anschaffung der optional angebotenen Rückfahrkamera sowie der akustischen Einparkhilfe. Konventionell geht es beim Fahrwerk zu. Die Basis stammt aus dem normalen Master. Das heißt, die Vorderräder werden auch hier an doppelten Dreiecksquerlenkern geführt. Zusätzlich sorgen Schraubenfedern, Teleskopstoßdämpfer und ein Querstabilisator für klassenüblichen Fahrkomfort und eine akzeptable Seitenneigung. Trotz der Gewichte im Laderaum findet die Hinterachskonstruktion mit ihrer Rohrprofilachse, ihren Blattfedern und den Teleskopstoßdämpfern offenbar Gefallen an leichten Nachwippübungen nach Bodenwellen. Scheibenbremsen rundum, ABS, vor allem aber ein serienmäßiges ESP sind Standard in dieser Klasse – und somit auch in der Elektrovariante. Ebenfalls serienmäßig ist die Berganfahrhilfe. Die ergibt vor allem deshalb Sinn, weil im Elektrotransporter kein herkömmliches Getriebe, sondern eines mit konstanter Untersetzung arbeitet. Vereinfacht ausgedrückt: Es gibt vorwärts und rückwärts, aber keine Kupplung. Stoppt das Fahrzeug am Hang, kann es dank der Berganfahrhilfe beim Wechsel vom Brems- aufs Fahrpedal zwei Sekunden lang nicht nach hinten rollen. Wer auf Nummer sicher gehen will, bedient sich zusätzlich der Handbremse, die sich im Master vorbildlich rechts vom Fahrer befindet. Pluspunkte gibt es auch für die Klimaanlage mit Vorschaltfunktion. Das bedeutet, dass schon an der Ladestation vorgekühlt oder vorgeheizt wird, um unnötigen Saftabzug aus der Batterie zu vermeiden.
Ziemlich unspektakulär zeigt sich das Cockpit: Eine Energieverbrauchsanzeige ersetzt die Tankuhr und eine Batterieladestandsanzeige den Drehzahlmesser. Ansonsten alles wie im normalen Master – Future World sieht anders aus. Dafür gibt es reichlich Ablagen, die Sitze bieten ausreichend Seitenhalt, und der mittlere von ihnen erweist sich dank Tischfunktion (durch Umlegen) als nützlicher Helfer. Umgewöhnen müssen sich nur die Passanten. Ein Elektrotransporter fährt leise. Dafür, dass er nicht überhört wird, sorgt ein Warnton bei Geschwindigkeiten bis 30 km/h. Auf Wunsch ist der Master Z.E. mit einer speziellen Navigationslösung von TomTom für Elektroautos erhältlich. Bei der Routenwahl ermittelt dieses System auch die Restreichweite und schlägt energieeffizientere Streckenalternativen vor. Zudem gibt es Infos über nächstgelegene Ladepunkte.
Das alles klingt sehr alltagstauglich, wäre da nicht die Sache mit dem Preis. Der beginnt in Deutschland bei 59.900 Euro netto und sorgt somit für Schnappatmung. Die Batterie ist allerdings im Kaufpreis enthalten. Anders also als bei den anderen E-Mobilen von Renault, deren Akkus zusätzlich geleast werden müssen. Gegenzurechnen sind die geringeren Wartungs- und Unterhaltkosten. Ein Zahnriemenaustausch entfällt ebenso wie die Wechsel von Luft- oder Kraftstofffilter. Auch benötigt ein Elektromotor keinen Ölwechsel, Verschleißreparaturen an Auspuffanlage oder Kupplung entfallen. Hinzu kommt eine Kfz-Steuerbefreiung für zehn Jahre. Ob sich das Ganze lohnt, ist abhängig von Fördermöglichkeiten, Kaufzuschüssen und den Strompreisen. Bei Renault selbst jedenfalls scheint man vom Konzept dieses Elektrotransporters so überzeugt zu sein, dass man eine Zweijahres- oder 100.000-Kilometer-Garantie auf den elektrischen Antriebstrang raushaut – auf Wunsch (und gegen Geld) erweiterbar auf bis zu sechs Jahre.