Flughafen Tel Aviv im März. Auf dem Vorfeld stößt ein Flugzeug der israelischen El Al und mit einer Maschine der deutschen Germania zusammen. Zum Glück ohne Verletzte. Damit dies nicht auf dem wesentlich größeren Frankfurter Flughafen passiert, stockt dieser jetzt auf – mit einem Simulator und mehr Bodenpersonal.
Es ist ein schlichtes Gebäude, in dem der Vorfeldsimulator am Frankfurter Flughafen untergebracht ist – schlicht, doch die Simulation ist täuschend echt. Weit hinten im Bereich Süd starten und landen Flugzeuge, werden gerade vom Gate durch einen Schlepper weggezogen, rollen zur Startbahn oder sind unterwegs zu den Terminals. Hier herrscht heute starker Betrieb. Der aber ist nur computergeneriert: Die Lotsen, die hier trainieren, sehen das Flugfeld auf einer riesigen Projektionsfläche von 290 Grad. Ein Computerprogramm sorgt dafür, dass alle Vorgänge in Echtzeit ablaufen. Mitarbeiter der Vorfeldkontrolle sitzen vor Monitoren, auf denen alle Daten über die Wege der Flugzeuge aufleuchten. Knappe Anweisungen werden per Funk erteilt, die in diesem Fall nicht bei Piloten in real existierenden Maschinen landen, sondern in einem Raum nebenan, wo eine zweite Gruppe die Aufgaben der Piloten übernimmt. Auch dort wieder viel Technik, um der Realität so nah wie möglich zu kommen.
Alle Kommandos der Lotsen aus dem Nachbarraum müssen bestätigt und befolgt werden, damit die Flugzeuge auf vorgeschriebenen Wegen ihre Position erreichen. Hier wie zu Hause im Kleiderschrank gilt: Begrenzter Raum wird optimal genutzt. Früher, stellt Dr. Daniel Kösters, Chef der Vorfeldkontrolle, fest, mussten angehende Vorfeldlotsen die komplexen Aufgaben vom ersten Tag an durch „learning by doing" bewältigen. Sie wurden von erfahrenen Lotsen in einem der beiden etwa 40 Meter hohen Vorfeldtower angeleitet, bevor sie nach einer zweijährigen Ausbildung selbst Verantwortung übernehmen durften. Heute gibt es den Simulator am größten deutschen Flughafen in Frankfurt, wo die Grundlagen der Ausbildung vermittelt werden oder Auffrischungskurse stattfinden.
Innerhalb von kürzester Zeit den Betrieb umplanen
Die Aufgaben der Vorfeldlotsen lassen sich durchaus mit den Tätigkeiten der Mitarbeiter bei der Flugsicherung vergleichen. Und da sind auf dem Vorfeld am Frankfurter Flughafen vielfältige Berührungspunkte. Die Flugsicherung ist zuständig für alle Situationen, die sich auf den Start- und Landebahnen und in unmittelbarer Nähe abspielen. An Übergabepunkten übernehmen dann die Vorfeldlotsen und geleiten die Flugzeuge zu den Gates oder Parkpositionen. Das Gleiche gilt umgekehrt in Richtung Runways, der Startbahn. Dafür ist eine ständige Abstimmung nicht nur mit den Piloten, sondern auch mit der Flugsicherung erforderlich. Eine nicht immer einfache Aufgabe, wenn manchmal gleichzeitig mehr als 30 Flugzeuge auf dem Vorfeld unterwegs sind und der Platz eng wird. Denn die „Riesen" wie der Airbus A380 oder die Boeing 747 müssen anders kalkuliert werden als ein kleinerer Airbus A320 oder eine Boeing 737. Die gewaltigen Flügel des A380 lassen seitlich wenig Platz für andere Maschinen.
Stress kommt immer dann auf, wenn ein vorgesehenes Gate noch besetzt ist, weil es zum Beispiel bei dem parkenden Flugzeug technische Probleme gibt. Dann muss in kürzester Zeit umgeplant werden. Es soll Piloten geben, die dann laut ins Mikro fluchen, denn Zeit ist auch für die Fluggesellschaften Geld. In der Realität wie im Simulator muss schnell eine Lösung her. Die Lotsen üben so lange, bis alle Abläufe verinnerlicht sind, und in Spitzenzeiten auch die Betreuung von mehr als fünfzehn Flugzeugen gleichzeitig kein Problem mehr ist.
Dazu müssen die Lotsen belastbar sein, gute räumliche Vorstellungen haben und äußerst konzentriert immer zwei Stunden durcharbeiten können. Danach sind jeweils 30 Minuten Pause vorgeschrieben, um wieder Energie auftanken zu können. Immerhin der Blick ist grandios, auch virtuell, der Simulator vermittelt, wie riesig das Vorfeld am Frankfurter Flughafen ist. Flugzeuge wirken bei Start und Landung wie Spielzeuge. Bei schönem Wetter wirkt das Aus- und Einparkballett noch sehr übersichtlich. Aber was ist bei Nebel oder Schneesturm, wenn die Lotsen vom Tower aus nur noch eine graue Suppe vor sich haben? „Dann müssen wir im Zweifelsfall für jedes Flugzeug ein „Follow Me Fahrzeug" losschicken", beschreibt Kösters diese Situation. „Aber das kommt nicht allzu oft vor". 80 Vorfeldlotsen sind allein in Frankfurt im Einsatz. Mit dem Bau des neuen Terminals Süd werden noch einige dazukommen. Die Bewerbungen für diesen anspruchsvollen Beruf laufen bereits, und das Interesse ist riesig. Zum einen geht es um eine sehr herausfordernde Tätigkeit. Außerdem sind die Gehälter nicht schlecht: Nach der zweijährigen Ausbildung liegt das Jahresgrundgehalt bei etwa 60.000 Euro.