In Ron Sheltons neuem Film „Das ist erst der Anfang" müssen Morgan Freeman und Tommy Lee Jones ihren Kleinkrieg in einer luxuriösen Seniorenresidenz beilegen, um gegen gemeinsame Feinde zu kämpfen: rachsüchtige Mafia-Killer.
Old is gold, insbesondere, wenn man als seniler Kindskopf noch Kraft und Köpfchen besitzt. Alt-Animateur Duke Diver (Morgan Freeman, „Lucy") ist mit Leib und Seele Manager des luxuriösen Resorts Villa Capri im sonnigen Palm Springs in Kalifornien. Lässig managt er das Alten-Eldorado, alle lieben und schätzen ihn. Der charmante Windhund garantiert ausschweifende Partys, lässt an lähmend langweiligen Weihnachtsfeiertagen die Puppen tanzen und könnte als routinierter Golfer selbst Tiger Woods Paroli bieten. Kein Wunder also, dass die ansässigen Damen vom lustigen Vital-Macho und seinen Dolce-Vita-Aktionen begeistert sind. Doch Ungemach droht, in Gestalt von Ex-Soldat Leo McKay (Tommy Lee Jones, „Jason Bourne").
Der ehemalige FBI-Agent und arrivierte Geschäftsmann präsentiert sich schon bei seiner Ankunft als schneidiger Elefant im Porzellanladen: Den für den Duke reservierten Parkplatz nimmt er im Fluge ein. Doch irgendwie kommt der texanische Cowboy mit der rauen Schale und dem larmoyanten Kern ebenso gut bei den Damen an wie Duke. „Du willst also den totalen Krieg!", warnt er den unliebsamen Nebenbuhler. Doch der lässt sich wenig beeindrucken, flugs entbrennt ein Dauerscharmützel zwischen den beiden Hähnen im Edel-Hühnerstall.
Zu allem Überfluss taucht eines Tages die attraktive Steuerfahnderin Suzie Quince (Rene Russo, „Man lernt nie aus") samt Terrier Romeo auf, um sogleich Dukes Bücher und Abrechnungen mit spitzem Bleistift unter die Lupe zu nehmen. Seine Charme-Attacken prallen an der kühl auftretenden Betriebsprüferin ab wie Regentropfen auf blank poliertem Edelstahl. Erschwerend gesellt sich hinzu, dass Leo nicht nur plötzlich als sensibler Hundeflüsterer bei Romeo punkten kann, sondern obendrein seine entwaffnende Eloquenz effektiv einsetzt, um Suzie zu bezirzen.
Doch Brunft- und Balzspielchen finden ein jähes Ende, als Duke von seiner unrühmlichen Vergangenheit eingeholt wird. Rachsüchtige Mafiosi haben ihn nämlich in der Villa Capri aufgespürt, um das sonst so idyllische Heim-Herzklopfen in ein turbulentes Herzinfarkt-Resort umzugestalten. Explosive Golf-Carts und angriffswütige Klapperschlangen sind dabei noch das kleinste Übel. Doch glücklicherweise glänzen die Meuchelmörder durch Dilettantismus und so entgeht Duke seinem vorzeitigen Ende. Duke und Leo raufen sich in dieser ungesunden Notlage zusammenraufen, um den Killern den Garaus zu machen. Und dies auf ihre sehr spezielle Manier.
Eine atemlose Krimi-Komödie
Diese witzige, rasant inszenierte und gefühlsbetonte Buddy-Komödie erweist sich als kreativer Killer jedweder Übellaunen. Mit einem Budget von 23 Millionen US-Dollar machte der Streifen schon am ersten Wochenende in den Vereinigten Staaten ein Drittel seiner Produktionskosten in den Kinokassen wieder wett. Hauptsächlich bedingt durch die beiden unerschütterlichen Urgesteine der US-amerikanischen Traumfabrik, Morgan Freeman und Tommy Lee Jones.
Der am 1. Juni 1937 in Memphis, Tennessee geborene Morgan Freeman überzeugt schon sehr früh als Multitalent mit Höchstleistungen in der Darstellung starker Charaktere in hochkarätigen Independent-Kinoperlen. Seinen internationalen Durchbruch zelebrierte er jedoch erst 1989 mit dem augenzwinkernden Dramedy „Miss Daisy und ihr Chauffeur". Das fulminante Boxer-Drama „Million Dollar Baby" von Clint Eastwood bescherte ihm 2004 den Oscar als bester Nebendarsteller. Der ebenfalls mit Filmpreis überhäufte Golden-Globe-Inhaber und Pferdenarr Tommy Lee Jones (geboren am 15. September 1946 in San Saba) ist eher in Rollen des toughen, aber loyalen Ehrenmannes mit dem Nimbus hart, aber versteckt herzlich, behaftet. Der Vielspieler mit den zerfurchten Gesichtszügen und dem grimmigen Charisma brillierte 2007 in „No Country for Old Men" als beharrlicher Sherriff auf Serienmörder-Hatz, in Steven Spielbergs „Lincoln" (2012) als todesmutiger Gegner der Sklaverei. Er kann aber auch das komödiantische Breitenkino seiner ruppigen Art bedienen, wie zum Beispiel 1997 neben Will Smith in der mittlerweile kultigen Action-Kömodie „Men in Black".
Als ungleiches Duo bringen die beiden nun mit schrägem Humor und schrillem Slapstick in dieser atemlosen Krimi-Komödie eine sonst so ruhige Altersresidenz zum Beben und Bersten und verweisen artverwandte Produktionen wie beispielsweise das in Indien situierte, von schwelgerischem Luxus geprägte „Best Exotic Marigold Hotel" (USA 2012, Regie John Madden) locker auf die hinteren Plätze. Kein Zweifel, ob Drama, Western, Action, Krimi oder Komödie: Die beiden Schauspieltitanen beweisen gerade im hohen Alter, dass sie auch zukünftig an der vordersten Filmfront stehen und bestehen werden. Wie der mittlerweile 73-jährige Regisseur Ron Shelton, einst selbst Profi-Baseballprofi. Er tippte das Drehbruch zum grandiosen Politthriller und Reporterdrama „Under Fire" (1983), spezialisierte sich zunächst auf Mainstream-Sportfilme wie „Annies Männer" (1988), „Weiße Jungs bringen’ s nicht" (1992) und „Tin Cup", (1992), wechselte dann 2002 mit „Dark Blue" und ein Jahr später mit „Hollywood Cops" ins Action-Krimi-Genre. Nun meldet er sich mit diesem Love-and-Crime-Filmvergnügen furios zurück und wird seinem Ruf als temperamentvoller Unterhaltungsinszenator gerecht. Von der ersten bis zur letzten Filmminute.