Die Geschichte von Chur lässt sich von der Jungsteinzeit über das Mittelalter bis in die Moderne verfolgen. Von St. Moritz aus erreicht man den Alpenort in etwa 1,5 Stunden. Der Ausflug lohnt sich.
Die Anfänge von Chur, der ältesten Stadt der Schweiz, liegen in der Jungsteinzeit (5000 bis 1800 v. Chr.). Beim Welschdörfli am südlichen Altstadtrand fand man bei Grabungen auf dem Areal Ackermann Funde aus dieser Zeit. Die Römer-Relikte in der Nähe sind im Vergleich dazu regelrecht jung.
Die meisten Besucher zieht es jedoch sogleich in die Altstadt. Die dortige Reichsgasse war einst die Hauptverkehrsader im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. In der historischen Stube vom heutigen „Romantik Hotel Stern" stärkten sich schon vor rund 330 Jahren die Reisenden auf dem Weg von und nach Italien.
Andere Sträßchen in der Nähe heißen Vazerolgasse, Raben- und Südwinkelgasse. Die Namen Rathaus-, Kloster- und Nikolaigasse erklären sogleich die Stadtgeschichte. Die Kupfer- und Goldgasse erzählen von florierender Handwerkskunst, der Korn- und der Gansplatz vom Marktgeschehen.
Schmal sind diese Gassen, umso mehr erstaunt die Höhe der Steinbauten an beiden Seiten. Nach dem Großbrand von 1464 und weiteren Feuern war Schluss mit den Holzhäusern. In der wohlhabend werdenden Stadt baute man fortan in Stein und alsbald möglichst hoch. Auch der Adel lebte gerne in Chur, siehe das rote Rudolph-von-Salis-Haus, errichtet 1673.
Schmale Gassen und hohe Steinbauten
Den Schönheitspreis gewinnt jedoch der Arcas, ein 1971 wieder freigelegter mittelalterlicher Marktplatz. Die zur Plessur (einem Fluss) gelegene Häuserzeile lehnt sich rückseitig an die im 13. Jahrhundert errichtete Stadtmauer an. Besonders schön ist es dort im Sommer, wenn die Restaurant- und Café-Betreiber Tische und Stühle auf den Platz stellen. Chur gehört zu den wärmsten Städten der Schweiz. „Bis zu 30 Grad sind keine Seltenheit", sagt Stadtführerin Claudia Meuli und freut sich auf Genüsse unter freiem Himmel.
Echt idyllisch ist auch das „Bärenloch", doch Bären hat’s dort nie gegeben. Ein bisschen schattig ist es dort, gemütlich wie in einer Höhle. Wenn jedoch die Glocken von St. Martin zu läuten beginnen, versteht man das eigene Wort nicht mehr.
Diese nach dem erwähnten Stadtbrand bis 1491 erbaute spätgotische Kirche (karolingischen Ursprungs) ist Churs größtes evangelisches Gotteshaus. Hoch oben am Glockenturm teilt St. Martin gerade seinen Mantel mit einem Bettler. Drinnen bannen drei farbstarke Fenster den Blick: Meisterwerke von Augusto Giacometti aus dem Jahr 1919.
Leicht abseits, auf einem kleinen Hügel, erheben sich die 1272 geweihte spätromanische Kathedrale St. Mariä Himmelfahrt und das Bischöfliche Schloss, umgeben von einer Befestigungsanlage, einst ein abgeschotteter „Mini-Vatikan". Gegen den Bischof, vormals der Stadtherr von Chur, opponierte die aufstrebende Bürgerschaft im 14. und 15. Jahrhundert. „Eine gewisse Distanz besteht noch immer", bemerkt Claudia Meuli. Zwar soll das Bischöfliche Schloss für 29 Millionen Franken saniert und umgebaut werden, doch so recht voran geht es damit nicht.
Beim Bündner Kunstmuseum Chur klappte alles viel besser. Der 28,5 Millionen Franken teure Erweiterungsbau für das Museum Villa Planta ist der neue Stolz der Stadt. Der weiße, 2016 eröffnete hohe Kubus mit seiner wabenartigen Hülle, geplant von Barozzi-Veiga aus Barcelona, gefällt den Bürgern und findet internationale Anerkennung. Auf Straßenhöhe hält der „Neue" optisch Abstand zur neoklassizistischen Villa, die sich der aus Alexandria heimgekehrte Baumwollindustrielle Jacques Ambrosius von Planta 1876 errichten ließ. Die beiden Sphinxe vor dem Eingang erinnern an seine Ägypten-Jahre. Drei Jahre lang, bis 1990, wurde das Haus unter Leitung von Peter Zumthor für 5,3 Millionen Franken saniert und umgebaut. Die Verbindung beider Häuser erfolgt nun unterirdisch. Die Ausstellungsräume des Neubaus befinden sich in den beiden Untergeschossen. Dort ist auch der Übergang zur Villa Planta. Zu den besonderen Schätzen des Doppelmuseums gehören zahlreiche Werke von Ernst Ludwig Kirchner und vor allem die Bilder und Skulpturen der weltberühmten Künstlerfamilie Giacometti aus dem Bergell (im Kanton Graubünden).
Regionale Kunst von „Muja Glass"-Design
Wer ebenso gerne Kunst im Kleinen mag, die sogar auf der Zunge zergeht, muss unbedingt Bühler’s Zuckerbäckerei auf dem Ochsenplatz am Obertor besuchen. Vor zwölf Jahren hat der Diplom-Konditormeister Arthur Bühler den 1806 gegründeten Traditionsbetrieb gekauft. Seine Vorgänger aus der Familie Hürsch – Otto I., II. und III. – sind auf einem Bild im Schaufenster des Ladens zu sehen. Von ihnen hat er das Geheimrezept für die fabelhaften „Bündner Pfirsichsteine" erhalten, eine delikate Marzipanmischung umhüllt mit dunkler Schokolade. Neben hochfeiner Bündner Nusstorte, verführerischem Kleingebäck und edlen Schokoladen-Kreationen gibt es auch Bündner Fleischtorte, seine eigene Erfindung. „Alles mit besten Zutaten und fast alles von Hand gefertigt", betont Bühler. Selbstverständlich backt er auch Brötchen und gutes Brot. Früh um vier Uhr steht er auf, am Samstag und Sonntag schon nachts um Eins. Denn an den Wochenenden brummt der Laden, und die Kunden sind gerne bereit, für solche Qualitäten etwas mehr hinzublättern. Am Montag und Dienstag ist das Geschäft geschlossen. So bleibt etwas Zeit zum Erholen oder fürs Austüfteln weiterer Leckereien. „Am liebsten mache ich Verzierungen", verrät der vergnügte Zuckerbäcker-Künstler.
Wer jetzt noch Appetit auf spezielle Esswaren aus Bauernhand hat, wird nebenan bei Scarnuz fündig. Direkt daneben bieten die Glasbläser Muja und Membrini von „Muja Glass"-Design diverse Gläser, Kristallwaren und Schmuck aus der Region.
Und nur wenige Minuten sind es bis zur Goldschmiede von Eichendorff, Obere Gasse 51. Goldschmiedemeisterin Elisabeth von Eichendorff, Ururur-Enkelin des Dichters Joseph von Eichendorff, fertigt auch gerne ein persönliches Unikat (www.goldschmiede-eichendorff.com/goldschmiede-chur). Mode- und Marken-Fans zieht es nach Landquart (nächste Bahnstation) und dort ins Fashion Outlet am Bahnhof. Drinnen locken über 160 internationale Marken (www.landquartfashionoutlet.ch).
Weitere Infos: www.churtourismus.ch