Eine musikalisch eingängige, aber textlich fast erschreckende CD legt Mia Diekow mit „Ärger im Paradies" vor. Das Album beschreibt die Innenwelt eines Gewaltopfers mit der aus der Misshandlung resultierenden Lebenseinstellung.
Dabei beginnt alles relativ harmlos. Dies könnte man zumindest denken, wenn man sich den schon beinahe poetischen Titel „Mondaugen" anhört, mit dem die CD eröffnet wird: „Ich bin ein Kind, das zu viel weiß", singt Diekow. Und der geneigte Zuhörer stellt sich unweigerlich die Frage, warum sich eine erwachsene junge Frau für ein Kind hält. Die traurige Antwort darauf gibt der Song „Pfeile gegen die Sonne". Hier heißt es unter anderem „Vater, lass die Glocken läuten/Deine Tochter hat die Unschuld verloren/(…) Bruder/Rette meine Ehre: Die Stadt zerreißt sich das Maul."
Über den Sinn dieser zugrunde liegenden Erziehung lässt sich gerne auch öffentlich streiten, insbesondere wenn Mia Diekow auf dem Album Sätze raushaut wie: „Meine Augen sind blau" oder „Komm her, ich prügel’ mich mit dir". So versiert sie in ihrem Gesang sein mag, so überkommt sogar die Rezensentin beim Hören solcher Texte Wut.
Gekrönt wird dies durch die mangelnde Präsenz ihres Gesichts, das auf dem CD-Cover betont ausgespart bleibt und verdeutlichen soll, das sich Missbrauchsopfer gern mal vollkommen isolieren und so noch stärker in den Missbrauch hineinrutschen. Stattdessen hält Diekow auf dem Cover schutzsuchend ihren linken Arm fest. Man kann nur hoffen, dass hier Pop-Geschichten erfunden und nicht „authentisch" verarbeitet werden. Denn die ganzen Probleme, die geschildert werden, sind zwar künstlerisch wertvoll, aber menschlich gesehen ein bisschen viel. Und wenn Diekow in „Mondaugen" säuselt: „Ja doch, ich versprech’s/Ich lass es mir wachsen: das dickere Fell", so ist im Laufe der nächsten Titel reichlich wenig davon zu spüren.
Trotzdem, so traurig es sein mag, eignet sich diese CD, um akute Gewalttaten zu verarbeiten und aufzuspüren. Daher kann man dieses Album auch in der Musiktherapie anwenden. Für Kinder dagegen ist „Ärger im Paradies" zu hart.