Trotz der Querelen um den Landessportverband und seine Geburtstagsfeier bleibt Innenminister Klaus Bouillon zuversichtlich, dass der Saarsport darunter nicht finanziell leidet. Dies allerdings ist nicht seine einzige Baustelle.
Herr Bouillon, mit der Neuauflage der Großen Koalition haben Sie zusätzliche Aufgaben übernommen. Was trifft es eher: Superminister, Reformminister oder Mädchen für alles?
Ich habe den Eindruck: Von allem etwas. Die Bündelung des Bauministeriums erfordert einen erheblichen Arbeitsaufwand, dazu kam völlig unvorhergesehen die Situation beim Landessportverband, wo wir die Rechtsaufsicht haben. Da ballt sich einiges. Bei der Polizei haben wir die Reform jetzt durch, was ungemein wichtig ist für die Zukunft unseres Landes. Aber es wird immer noch schwierig für die nächsten beiden Jahre. Der Sparkurs gefällt mir natürlich überhaupt nicht, aber wir sind gebunden an den Stabilitätsrat. Die Lösung, die wir jetzt mit der Polizei und den Gewerkschaften gefunden haben, gibt Sicherheit für die nächsten Jahre. Und es geht bei den Investitionen jetzt Schlag auf Schlag. Das Ausbildungszentrum in Göttelborn werden wir pünktlich zum Wintersemester Anfang Oktober einweihen – ein Sechs-Millionen-Projekt, das wir in kürzester Zeit realisiert haben. Dann sind wir an den Planungen für die Großinspektion Saarbrücken, geschätztes Volumen etwa 30 Millionen. Und das dritte Großprojekt, Kirkel (Anm. d. Red.: ehemalige Praktiker-Zentrale), haben wir auch auf den Weg gebracht. Das wird ein 20-Millionen-Projekt für die Bereitschaftspolizei, den zentralen Verkehrsdienst und die Hundestaffel, vielleicht auch den Bereich Wirtschaftskriminalität. Über die Projekte hat man 20 Jahre diskutiert, wir haben sie in zwei Jahren aufs Gleis gesetzt. Und wir haben rund 17 Millionen Euro für Ausrüstung bereitgestellt. So viel zum Thema Sparen bei der Polizei.
Bei der Polizeireform sagen Sie, ist das einvernehmlich mit den Fachleuten gemacht worden. In der Öffentlichkeit ist das höchst umstritten. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?
Das liegt daran, dass der ein oder andere nur die halbe Wahrheit gesagt hat. Was verschwiegen wird: Wir haben an fünf Standorten nachher mehr Personal, weil Verwaltungstätigkeiten nicht mehr an drei, sondern an einem Ort gebündelt werden. Wir sind dann schneller und besser, die einhellige Meinung der Fachleute war noch viel stringenter. Alles andere ist Stimmungsmache.
Im Zusammenhang mit der Polizei ist der Vorwurf erhoben worden, der Minister gehe mit seinen Bilanzen und Zahlen, sagen wir mal, sehr kreativ um. Was sagen Sie dazu?
Meine Zahlen sind überprüfbar und nachzurechnen. Was die Frage nach der Kriminalitätsstatistik betrifft, ist das lächerlich. Die wird seit Jahren nach denselben Kriterien gemacht. Aber so ist es nun mal in der Politik: Die Regierung macht was, die Opposition sagt, das ist zu wenig. Das ist wie der Pawlowsche Reflex.
Die andere Baustelle sind die Kommunalreformen. Da drängt man auch beim Koalitionspartner auf das verbredete Konzept. Wann kommt das?
Wir werden alles vor den Ferien vorlegen. Ich habe 200 Seiten geschrieben. Ich hoffe, die Fraktionen von CDU und SPD haben dann fünf Stunden Zeit für mich. Die Sache ist in Bewegung. Es wird klare Vorschläge geben, wie die Landkreise zusammenarbeiten können, wie Kommunen zusammenarbeiten können, und wie gemischte Zusammenarbeit aussehen kann. Im Übrigen ist der Eindruck falsch, was „pflichtige Zusammenarbeit" betrifft. Das geht nur bei Auftragsarbeiten, die klar in über 30 Punkten definiert sind. Ich will die Mittelstandsverordnung ändern, da gibt es derzeit Doppelzuständigkeiten, dann gibt es noch Dinge wie Waffengesetz, Personalwesen. Da machen wir ganz konkrete Vorschläge. Ansonsten kann ich keine Kommune bei Selbstverwaltungsaufgaben zwingen, etwas zusammen zu machen, da kann ich nur anregen und bitten – aber wer nicht will, der will nicht. Die Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen ist in Artikel 28, Absatz 2, unseres Grundgesetzes geschützt.
Das heißt, es ist auch eine Frage des Bewusstseins und der Bereitschaft. Wie weit ist das nach den jahrelangen Diskussionen entwickelt?
Da muss noch viel passieren. Bürgermeister wollen Bürgermeister bleiben, es gibt erhebliche Spannungen mit den Landräten. Viele nehmen sich da zu wichtig. Eigentlich sind wir im Saarland doch wie in einem kleinen Landkreis. Ein Kumpel von mir war Landrat von Neuss, die dortige Einwohnerzahl liegt bei etwa 443.000. Noch Fragen?
Die Landkreise sind mit einigen Ideen vorgeprescht. War das hilfreich?
Die Landkreise haben einige gute Vorschläge gemacht, aber die sind bislang auf Ablehnung gestoßen. Ich versuche zu vermitteln. Wie es derzeit ausschaut, sind die Landkreise beweglicher als die Kommunen. Man kann doch Zweckverbände gründen, etwa bei Grundschulen. Oder eine einheitliche Beschaffung für die Feuerwehren. Also ich werde da konkrete Vorschläge machen, an denen haben meine Leute „geschafft wie die Bürschdebrenner".
Zur anderen großen Baustelle: Landessportverband. Es gibt die Kritik am Innenministerium als Aufsichtsbehörde, dass die jetzt bekannten Dinge nicht früher erkannt und angegangen worden sind. Wieso war das so?
Das Innenministerium hat die Rechtsaufsicht, aber keine Fachaufsicht. Rechtsaufsicht bedeutet, anlassbezogen tätig zu werden. Bis Dezember vergangenen Jahres gab es für niemanden einen Anlass, dass die Rechtsaufsicht tätig werden sollte. Es war ja aufgrund der vorliegenden Testate alles bestätigt, die Buchführung, die Vermögenslage. Das hat sich seit Dezember verändert. Seither sind meine Leute damit beschäftigt, die Dinge aufzuarbeiten, denn wir brauchen eine klare Analyse.
In diesem Zusammenhang ist auch ihre Geburtstagsfeier zum Thema geworden...
Dazu möchte ich mich aus Respekt vor der Staatsanwaltschaft nicht äußern.
Inwiefern wirft die ganze Affäre Zweifel hinsichtlich der Testate der Vergangenheit auf, auf die man sich offenbar verlassen hat?
Ich rechne mit Klagen in Millionenhöhe. Das beauftragte Unternehmen ist seit 35 Jahren tätig, und das System ist, wie sich jetzt rausgestellt hat, seit 35 Jahren verbesserungswürdig. Der eine Plan wird nach kameralistischen Grundsätzen gemacht, der andere nach der „Doppik". Das heißt, es gab keinen echten Vergleich. Es gab kein Vier-Augen-Prinzip und vieles andere. Das ist seit 40 Jahren so gelaufen, aufgefallen ist es erst durch das Fehlverhalten mit Doppelbuchungen. Wenn der Sanierungsplan steht, wird die Politik entscheiden müssen, wie es weitergeht. Ich werde meine Vorschläge dazu dem Landessportverband im Spätsommer vorlegen. Ob ich damit durchkomme, wird man dann sehen.
Es gibt ja die Forderung, sich am Modell anderer Bundesländer zur Sportfinanzierung zu orientieren. Was spricht dagegen?
Wir haben bekanntlich einen Sonderweg (Anm. d. Red.: über Saartoto). Es gibt auch andere Möglichkeiten, das muss jetzt geprüft werden. Ich habe dazu meine Meinung. Die werde ich, wie gesagt, nach der Sommerpause vorstellen.
Geht es auch etwas konkreter?
Wenn es nach mir geht, müssen wir Veränderungen vornehmen, was die Zusammensetzung der Gremien angeht. Für konkrete Vorschläge ist es jetzt aber noch zu früh, da muss man wohl überlegt handeln.
Wichtig ist aber: Die Zukunft des Sports ist sicher. Niemand muss Angst haben, dass Zuschüsse nicht fließen. Das Geld ist da, man muss die Modalitäten ändern.
Sie werden regelmäßig auch vom eigenen Koalitionspartner kritisch beargwöhnt. Wie beschreiben Sie den Zustand der GroKo?
Es gab einige Verstimmungen in der Vergangenheit. Da ist noch Luft nach oben. Aber es wird trotzdem professionell zusammengearbeitet. Die Polizeireform zeigt, dass man mit Geduld und Beharrlichkeit gemeinsam Lösungen findet.