Maltas Hauptstadt Valletta ist 2018 eine von zwei europäischen Kulturhauptstädten und wartet das Jahr über mit 400 Events und 140 Kulturprojekten auf. Wer vom Trubel genug hat, setzt per Fähre zur Nachbarinsel Gozo über.
Valletta gehört bereits seit 1980 zum Unesco-Weltkulturerbe. Die Geschichte steht ihr gut. Sie hat von allen Mittelmeerstädten die dicksten Festungsmauern, die ältesten Siedlungsfunde, die prunkvollsten Paläste und mit ihrer Nachbarinsel Gozo über 360 Gotteshäuser. Die vor über 450 Jahren von den Malteserrittern als trutziges Bollwerk errichtete Stadt geht trotz ihrer unzähligen, historischen Sehenswürdigkeiten mit sanften Schritten in die Moderne. Der Präsidentenpalast ist saniert. Eine neue Sandstein-Brücke führt direkt an den alten Festungsmauern entlang. Am Stadttor schwingen zwei breite Treppen links und rechts empor.
An den Upper Barrakka Gardens führt ein gläserner Aufzug in 25 Sekunden hinab in den Stadtgraben und an den Hafen, wo Wassertaxen ablegen und Kreuzfahrtschiffe ankern. Es herrscht ein reger Betrieb in den dort integrierten Restaurants und Cafés. Abends ist es besonders schön, nämlich dann, wenn die Sonne untergeht und alle Gebäude von künstlichem Licht angestrahlt werden.
Den kulturellen Hunger kann man in der Altstadt stillen. Der berühmte italienische Architekt Renzo Piano setzte meisterhaft neue architektonische Akzente. Das alte City Gate wurde durch zwei kühle sandsteinfarbene Betonquader ersetzt. Das neue Parlamentsgebäude geht ebenfalls auf einen Entwurf des Italieners zurück. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Oper ist jetzt ein Freilichttheater. Ein wichtiges kulturelles Highlight wird Mitte des Jahres erwartet. Das „Museum of Fine Arts" mit dem Namen Muza in der geschichtsträchtigen Auberge d’Italie wird eröffnet.
Seit einigen Jahren haben Handwerker ihre kunstfertigen Fähigkeiten unter Beweis gestellt. Die kleinen Holzbalkone und Türen in den schmalen Gassen haben einen frischen Anstrich bekommen. Schon immer bestaunten die Gäste die barocke Pracht und wähnen sich bei einem Spaziergang inmitten einer mittelalterlich anmutenden Filmkulisse. Und das Beste? Alle Sehenswürdigkeiten können bequem zu Fuß erreicht werden und befinden sich innerhalb des Stadtgebietes.
In diesem Jahr werden die Gassen in Valletta allerdings noch belebter sein. Mehr als 140 Kulturprojekte und 400 Events sind geplant. Über das Jahr wird es unzählige spannende und hochkarätige Ausstellungen, Festivals, Events und Konzerte geben. Blut wird fließen, aber nur in Theateraufführungen und auf Gemälden.
Die Geschichte von den ersten Siedlern und Eroberern erzählen die Stadtführer. Sie zeigen uralte Tempel, Kirchenschätze und Hospitäler. Die St. John’s Cathedral ist Maltas Prachtbau. Wer die Kirche betritt, ist geradezu geblendet von dem vielen Gold. Für die Johanniter war die Kirche enorm wichtig. Allein rund 400 Ritter sind in ihr begraben worden, ihre Grabplatten im Boden sind aus buntem Marmor.
Uralte Tempel und Kirchenschätze
Die Gäste laufen über holpriges Straßenpflaster zum historischen Theater und zur Auberge de Castille. Das prächtige Gebäude aus Kalkstein ist der Sitz des Premierministers. Nicht weit entfernt auf dem St. George‘s Square steht der Großmeisterpalast aus dem 16. Jahrhundert. Das Leben tobt allerdings in der Republic Street, Vallettas Prachtstraße. Internationale Modeketten finden sich hier und Cafés. Mediterrane, britische und orientalische Einflüsse sorgen für Abwechslung auf den Tellern. In kleinen Weinbars werden lokale Weine serviert. In den Restaurants gibt es fangfrischen Fisch und in den urigen Pubs sowie den kleinen Cafés genießt man zwischendurch kleine Snacks und kann dabei gemütlich dem geschäftigen Treiben zusehen.
„Sahha", grüßt der Zeitungsverkäufer, was arabisch klingt. Mit einem „Bonswa" bitten die Kellner in ihr Lokal, das französische „Bonsoir" ist unüberhörbar. „Grazzi", bedankt sich der Taxifahrer für ein Trinkgeld, und es klingt wie das italienische „Grazie". Auf Englisch angesprochen antworten fast alle. Ein Erbe der Geschichte, denn über 150 Jahre blieb Malta in britischer Hand, bis sich der Inselstaat 1964 für unabhängig erklärte. Die knallroten Telefonzellen und Briefkästen mit den Initialen „VR" der englischen Königin Victoria und der Linksverkehr sind geblieben.
Obwohl Valletta sehr dicht bebaut ist, gibt es Parkanlagen und Gärten, die der Stadt einen grünen Akzent verleihen. Zu den bedeutendsten Grünanlagen gehört Upper Barrakka Gardens, die wie ein luftiger Innengarten hoch über dem Hafen liegen. Jeden Tag um 12 Uhr werden Kanonenschüsse abgegeben. Einst dienten diese als Zeitangabe, damit die Seeleute ihre Uhr stellen konnten. Und so geben sie der quirligen Stadt auch bis heute die Zeit an.
Ausgedehnte Badestrände findet man rund um Valletta leider keine, doch ist der Zugang in das glasklare Meer dafür vielerorts über Leitern und in den Fels gehauene Treppen möglich. Wer erholsame Stunden an einem entlegenen Sandstrand verbringen möchte, gelangt per Bus, Taxi oder Mietwagen in den Nordwesten der Insel. Dort, an der Ghain Tuffieha Bay, befindet sich der wohl schönste Strand Maltas, kristallklares Wasser, eine von Felsen eingerahmte Bucht und hervorragende Schnorchelmöglichkeiten. Einziger Nachteil: Die Ghain Tuffieha Bay ist schlecht zu erreichen. Vom Parkplatz aus muss man ein gutes Stück bergab gehen, bis man den feinen Sand unter seinen Füßen spürt.
Hat man die quirlige Hauptstadt ausgiebig erkundet, ist ein Besuch der kleinen Schwester Gozo genau das Richtige. Maltas Tor nach Gozo heißt Cirkewwa, von dort geht es mit der Fähre nach Mgarr. Eine halbe Stunde dauert die Überfahrt. Hoch oben auf dem Treppengebirge haben sich die mächtige Zitadelle und die Kirche Santa Marija versammelt, um ein Foto von sich machen zu lassen. Ringsherum schimmert das Meer in Türkis- und Blautönen. Taucher kommen hierher, um auf dem Meeresboden nach verborgenen Schätzen zu suchen. Grüner und ländlicher verläuft das Leben auf Gozo tatsächlich. Die Malteser jedenfalls suchen auf dem 14 Kilometer langen und sieben Kilometer breiten Eiland erst einmal Ruhe vor ihrer eigenen Insel. Am liebsten ziehen sich die Malteser dann in sogenannte Farmhouses zurück, die es nur auf Gozo gibt. Von außen wirken die Häuser aus Stein, die früher Windmühlen, Bauernhäuser oder Stallungen waren, eher schlicht. Die alten landwirtschaftlichen Nutzgebäude sind renoviert, es gibt grüne Innenhöfe.
Kleine Buchten und ein roter Sandstrand locken fast das ganze Jahr zum Baden und Schnorcheln. Ganz in der Nähe der Ramla Bay liegt die Kalypso-Grotte, wo die verführerische Nymphe den Sagenhelden Odysseus sieben Jahre lang festgehalten haben soll. Auf dem Weg von der Grotte zum Hauptort Rabat in der Mitte der Insel kommt man an silbrig-glänzenden Salinenterrassen vorbei. Die lang gestreckten Gärten sind voller Gemüse, und ein würziger Duft von Kräutern liegt in der Luft. Baumeister in Gozo ist die Natur. Im Herzen des Ortes gibt es die ältesten freistehenden Tempel, die vor den Pyramiden errichtet wurden. Verehrt wurde hier eine Magna Mater, eine geheimnisvolle Fruchtbarkeitsgöttin.
An der Westküste in der Bucht von Dwerja hatte sich das Meer durch den Felsen genagt und das blaue Fenster, das dort entstand, war über Jahre eine der Hauptattraktionen auf Gozo und Kulisse in „Game of Thrones". Im März vergangenen Jahres ist das Felsentor nach heftigen Stürmen eingestürzt. Die Besucher kommen und suchen nach kleinen Resten, die ab und zu aus dem Wasser ragen sollen. Sie stellen ihr Stativ mit Kamera auf. Denn die hochschlagenden, tosenden und schäumenden Wellen, die an die Felsen heranbrausen sind immer noch atemberaubend. Den schönsten Ausblick auf die Insel gibt es von den gewaltigen Wehrmauern der Zitadelle. Besonders wenn an Sonnentagen das Abendlicht die Felder vergoldet und alle Steinhäuser in warme Brauntöne taucht.