Kunststoffverpackungen sollen nach dem Willen der EU-Kommission reduziert und teilweise verboten werden. Aber gibt es überhaupt Alternativen zu Plastik? Bio-Kunststoffe seien es nicht, sagt Chemieprofessor Christoph Tzschucke. Im Übrigen stamme der Plastikmüll in den Ozeanen zum großen Teil von ausgewaschenen Textilfasern und Reifenabrieb.
Grillen, chillen, feiern – die Parks in den Großstädten sind im Sommer beliebte Treffpunkte. Wären da nicht die unangenehmen Hinterlassenschaften. Allein die Berliner Stadtreinigung (BSR) hat im vergangenen Jahr in den 48 Parks der Hauptstadt mehr als 12.000 Kubikmeter an Müll eingesammelt. Ein Großteil davon: weggeworfenes Plastik.
Global gesehen ist das Einsammeln von Plastik eher die Ausnahme. Vielen Ländern fehlt das Geld dazu, der Plastikmüll in den Ozeanen bis hin zu den Gewässern der Antarktis zeugt davon. Die EU-Kommission hat jetzt die zehn schlimmsten Produkte benannt, die zusammen rund 70 Prozent aller Plastikabfälle in den Meeren Europas ausmachen. Dazu zählen Einwegbesteck, Plastiktrinkhalme, Wattestäbchen. Deren Verkauf soll möglicherweise verboten werden. Für andere Einwegprodukte soll der Verbrauch sinken, dazu könnte eine Plastiksteuer beitragen. Das könnte funktionieren: In Deutschland ist der Verbrauch von Plastiktüten innerhalb eines Jahres von 3,7 auf 2,4 Milliarden gesunken, seit der Handel dafür 15 oder auch 20 Cent verlangt.
Forderung nach recycelbaren Stoffen
Die Suche nach Alternativen zur Plastikverpackung hat längst begonnen. „Einweg-Plastiktüten haben sich als überflüssig erwiesen. Sie sind heute ein Auslaufmodell, auch weil es gute Alternativen gibt", sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Das sei eine Blaupause für andere Verpackungen und Kunststoffprodukte. Alternativen könnten so aussehen wie die der jungen Firma Wisefood aus Sachsen. Sie hat – gutes Timing – den essbaren Trinkhalm „Eatapple" entwickelt. Dieser wird aus Apfelresten hergestellt und ist nach Gebrauch essbar, ansonsten verrottet er. Ein Modell für andere Produkte?
Eher nicht. Die großen Massen an Plastikmüll, die alltäglich anfallen, werden sich kaum essbar machen lassen. Pro Jahr werfen die Deutschen rund sechs Millionen Tonnen Plastik weg. Wie sieht es mit Alternativen aus? „Am Ende sollten nur noch Kunststoffe verwendet werden, die sich einfach recyceln lassen", fordert die Bundesumweltministerin. Das ist aber nur bei sehr wenigen Kunststoffen, zum Beispiel PET-Flaschen, der Fall. Der Haken: Zum Wiederverwerten müssen sie sortenrein sein, also dürfen keine anderen Stoffe enthalten. Es ist also nicht nur ein Problem der Chemie, sondern auch der Sammlung und Verwertung. Bislang funktioniert das eher schlecht als recht.
Sind Bio-Kunststoffe eine Alternative? Brunhard Kehl von der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller meint, in einigen Verpackungsbereichen sollten biobasierte und recyclingfähige Kunststoffe eingesetzt werden. Bisher funktioniere das nur in Ausnahmen, wie zum Beispiel bei Bio-PE. Es gebe aber auch neue Stoffe. „Bei dem relativ neuen Kunststoff PLA ist das Recycling ein Problem der Menge", so Kehl. Wenn einmal eine kritische Masse erreicht sei, lohne sich auch die entsprechende Einstellung in den Sortieranlagen, um diesen Kunststoff gesondert zu verwerten.
Allerdings ist der Begriff Bio-Kunststoff zweideutig. Einerseits sind damit Kunststoffe auf natürlicher Basis gemeint, hergestellt vor allem aus Mais. Andererseits versteht man darunter biologisch, also in Kompostieranlagen, schnell abbaubare Stoffe. In Deutschland gilt dabei eine 90-Tage-Frist: Ein Stoff, der länger zu seiner Zersetzung braucht, gilt nicht mehr als biologisch abbaubar. Das kann derzeit praktisch kein Kunststoff unter realen Bedingungen erreichen.
Christoph Tzschucke, Professor für Organische Chemie und Katalyse an der Freien Universität Berlin, ist skeptisch gegenüber sogenannten biologischen Alternativen, wie er im FORUM-Interview erläutert. In der Praxis gebe es keine Kunststoffe, die sich schnell genug zersetzen. Aus Pflanzen hergestellte Kunststoffe verbrauchten in der Herstellung zudem sehr viel Energie und Landschaftsflächen. Am Ende bliebe auch für sie nur Recycling oder die „energetische Verwertung", das heißt die Verbrennung in einem Kraftwerk oder der Zementherstellung.