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WAS MACHT EIGENTLICH...

Schramm prägte damals etwa mit seinen ausgefallenen Kostümen die Eiskunstszene der Männer
Foto: picture-alliance / Sven Simon

… Norbert Schramm?

Mit seinen kreativen Choreografien verzauberte er in den 80ern das Eiskunstlauf-Publikum und wurde Vize-Welt- und Europameister sowie mehrfacher Deutscher Meister. 1984 wurde er Weltmeister und startete bei Eisrevuen. Der 62-Jährige ist als Immobilienfachwirt tätig.

Das Eiskunstlauf-Publikum liebte Norbert Schramm für seine außergewöhnlichen Choreografien, waghalsigen Sprünge und Pirouetten und machte ihn zu einem der bekanntesten deutschen Sportler der 80er-Jahre. Mit seinen exzentrischen Kostümen und seinem ausdrucksvollen Laufstil prägte der gebürtige Nürnberger damals die Eislauf-Szene der Männer und war seiner Zeit immer etwas voraus. Schramm war weltweit ein bewunderter „Künstler auf dem Eis", so auch der Titel seiner 1983 erschienenen Biografie. Nach seiner Olympia-Teilnahme 1984 wechselte er in den Profibereich. Er startete beim Deutschen Eistheater und 1985 bei der Revue „Holiday on Ice", wo der charismatische Sport-Sonnyboy in elf Tourneejahren bei über 2.000 Vorstellungen seine richtungsweisenden und oft humorvollen Eiskunstlauf-Ideen vorführen konnte.

Immer schon suchte Schramm aber auch Herausforderungen außerhalb der Eisstadien, studierte „so nebenbei" BWL und Public Relations und arbeitete ab 1992 fast ein Jahrzehnt lang hauptberuflich als Immobilienmakler. Anfang des neuen Jahrtausends war Schramm künstlerischer Leiter der Eisshow im Europapark Rust, produzierte Eisrevuen und entwickelte Choreografien für Fernseh- und Bühnenshows. Danach führte ihn eine zweijährige Auszeit nach Südamerika, wo er längere Zeit in Ecuador und Argentinien lebte, aber 2009 auch mal im RTL-Dschungelcamp auftauchte. Während dieser Zeit pilgerte er erstmals auf dem Jakobsweg von Pamplona über Santiago de Compostella bis nach Muxia. Zwei weitere Pilgerreisen auf anderen Strecken folgten 2010 und 2012. Nach seinem ersten Marathon schnürte er dann ab November 2009 nochmal die Eislaufstiefel für ein Engagement beim „Moscow Circus on Ice". Es folgte von 2010 bis 2013 eine berufliche Tätigkeit als Filmkunst-Fotograf in New York, bevor er dann 2014/15 in seinem 30. Profijahr in der Platinum-Jubiläumsshow von „Holiday on Ice" als Moderator auf Kufen durchs Programm führte.

Der 62-jährige Norbert Schramm ist heute als Immobilienfachwirt tätig
Der 62-jährige Norbert Schramm ist heute als Immobilienfachwirt tätig - Foto: picture alliance / AAPimages / Marx

Arbeitete als Immobilienmakler

Der im Rampenlicht stets auflebende Schramm musste 1997 einen ersten gesundheitlichen Rückschlag hinnehmen: Rechts ums Auge erlitt er eine Gesichtslähmung, die weder durch einen Schlaganfall noch einen Tumor oder eine Viruserkrankung ausgelöst wurde. Schramm selbst führte sie auf unnötigen Stress und psychosomatische Störungen zurück. 2010 wiederholte sich das Gleiche in seiner linken Gesichtshälfte. „Beim zweiten Mal spielte sicher auch die Trennung von meiner Frau eine Rolle", vermutet der Eisstar. „Anfangs war das ein Schock, wenn dir die eine Seite runterhängt und die Suppe aus dem Mund läuft. Heute hat sich zum Glück alles wieder eingerenkt", so Schramm 2020 in einem „Spiegel"-Interview. Heute habe er sein Leben etwas runtergefahren und die Folgen seiner Lähmungen hinter sich gelassen: „Nur pfeifen kann ich immer noch nicht!"

Mit Blick auf die Entwicklung im aktuellen Eiskunstlauf sieht Schramm einige gravierende Probleme: „Mit dem neuen Wertungssystem gibt es keine Individualität mehr. Es geht nur darum, möglichst viele Punkte zu sammeln!" Deshalb versuchten alle Läufer die gleichen Vierfachsprünge zu machen: „Eiskunstlauf ist zu einem Luftkampf verkommen!" Ebenso kann Schramm den Eisläufern im Kindesalter („magersüchtige 14-Jährige") nichts abgewinnen und fordert ein Mindestalter von 18 oder 21 Jahren. Läufer wie Toller Cranston, Scott Hamilton oder er selbst hätten damals mit Kreativität und Individualität eine Ära geprägt. Heute könne selbst er nicht sagen, „wer gerade Welt- oder Europameister ist". Nach Schramms Meinung ähneln viele Sportarten nur noch Dauerwerbesendungen, bei denen man die Logos der Sponsoren häufiger sieht als die Athleten. Die Olympischen Spiele bezeichnet er als Party für realitätsferne Funktionäre: „Sportler sind zweitrangig und werden dem Publikum als Gladiatoren zum Fraß vorgeworfen!"

Olympische Spiele kritisiert er

Da Schramm sich schon früh durch verschiedene Ausbildungen beruflich breit aufgestellt hat, ist er auf ein „Zubrot" aus seiner Sportkarriere nicht mehr angewiesen. Zusätzlich zu seinen Studienabschlüssen hat er 2013 noch eine Weiterbildung zum Immobilienfachwirt gemacht und arbeitet bei einer Immobiliengruppe im bayerischen Deggendorf im Vertrieb von altersgerechten Wohnungen: „Da fühle ich mich super gut aufgehoben. Ich kann mir gut vorstellen, da bis zur Rente zu bleiben!", verriet Schramm 2020 dem „Spiegel". Immer noch aktiv ist er als professioneller Fotograf, der für seine actionreichen und emotionalen Aufnahmen von Sportlern, Schauspielern und Prominenten viel fachliches Lob erhält. Nicht ganz so perfekt verlief Schramms Privatleben. Unter der Scheidung von seiner ersten Frau und der Trennung von Tochter Bernadette hat er nach 2006 schwer gelitten. Und auch seine zweite Ehe hielt 2012 nur zehn Monate. Heute lebt er allein in Karlsfeld bei München, ist aber für eine neue Partnerschaft offen.

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