Bauernhofurlaub geht auch komfortabel. Immer mehr Höfe in Bayern bieten Vier- oder Fünf-Sterne-Wohnungen an, manche sogar (private) Wellnessangebote. Das spricht nicht zuletzt eine neue Zielgruppe an: Paare ohne Kinder. Ihre „Hoch-Zeit" ist jetzt im Herbst und Winter.
Eine XXL-Flotte von Gokarts (sogar mit Mini-Wohnwagen!) zählt ebenso zu den Highlights des „Moierhofs" wie Spielplätze aller Art und ein separates Tierhaus. In dem können die menschlichen Sprösslinge viel Zeit mit Eseln, Ziegen, Hasen und Co. verbringen – und eine Etage höher sogar die Nacht, im Heu. Kurzum: Der bereits siebenmal zum „Ferienhof des Jahres" gewählte Hof bei Truchtlaching im oberbayerischen Chiemgau bietet unzählige Abenteuermöglichkeiten – und das in grandioser Alleinlage ohne Straßengefahr, dafür mit Blick auf die nahen Berge und mit Familienanschluss. Dazu muss man wissen: Die Untermayers sind aus ganzem Herzen Gastgeber. Der erst vor wenigen Jahren hinzugekommene moderne Glasanbau der für alle Gäste jederzeit zugänglichen Wohnküche steht sinnbildlich für die Offenheit von Matthias und Susi, die den 1879 erbauten Hof in mittlerweile fünfter Generation betreiben.
Aber die beiden sind nicht nur Vermieter von zwölf Ferienwohnungen, zwei Zimmern und einem Appartement, sondern auch Besitzer von 70 Milchkühen und anderem Vieh. Ein normaler Tag? Kalbsgeburt frühmorgens, mittags Reparaturen im Pferdestall, nachmittags raus aufs Feld. Dabei sind alle Gäste, ob groß oder klein, herzlich zum Zuschauen, Mitmachen, Ausreiten eingeladen. Abends wird mitunter für alle gegrillt. Während sich die Eltern zuprosten, vergnügen sich die Kleinkinder im Sandkasten und die Jugendlichen am Billardtisch.
Fünf-Sterne-Urlaub
„Wir wollen hier keine Animation wie im Kinderhotel, etwa dass einer im Hasenkostüm umeinanderläuft, um die Kinder zu bespaßen", sagt Matthias. Diese Authentizität schätzen die Gäste. Susi ergänzt: „Wir haben Urlauber, die kommen schon seit über 20 Jahren, damals als kleine Stopsln, heute mit eigenen Kindern." Viele Stammgäste also, plus jede Menge neue Anfragen: Da können es sich die Untermayers leisten, die Unterkünfte zwischen April und November nicht unter sieben Tagen zu vermieten. Wobei Matthias anmerkt: „Ab und an gibt es auch Lücken, in denen spontane Gäste auch mal kürzer buchen können. In der staden Zeit sowieso." Damit ist nicht nur die Zeit vor Weihnachten gemeint, sondern auch die vor Ostern. Wie viele andere Höfe kann der „Moierhof" rund ums Jahr besucht werden.
Bei einer solchen Nachfrage gäbe es aus Anbietersicht nichts zu ändern, möchte man meinen. Die Untermayers aber meinten, mehr tun zu müssen als die üblichen Schönheitsreparaturen. Also investierten sie in den vergangenen Jahren massiv in umfassende Renovierungen und hoben einen Gutteil der Unterkünfte gleich auf ein ganz neues Level: das der Luxus-Ferienwohnungen. So wie die erst 2020 zur High-End-Bleibe aufgewertete „Eule". Die fünf Sterne leuchten schnell ein. Zum einen der Platz: 80 Quadratmeter für zwei Schlafzimmer, Bad, Küche und den großzügigen Wohn-Essbereich –
da kommen vier Personen geschmeidig unter. Und können zudem auch noch auf den XL-Balkon ausweichen. Dann die Qualität: Top-Küchenausstattung von WMF, hochwertige und regionale Materialen bei Stoffen und Böden, ansprechendes Beleuchtungssystem. Das Beste aber: Es gibt in der „Eule", im Gegensatz zu den ebenfalls mit fünf Sternen ausgezeichneten Wohnungen namens „Gockel", „Storch" und Co., eine eigene Sauna. Und eine Riesenwanne, die mitten im Bad vor einem zwei Meter hohen Seebild steht. Wasser, marsch!
„Wer will, findet auch Gaudi"
Derartige Wohlfühlangebote weiß man nicht nur bei nasskaltem Wetter, das nicht mehr winterlich, aber auch noch nicht frühlingshaft ist, zu schätzen, sondern auch wenn einem der Trubel der eigenen und/oder fremden Kinder gerade zu viel ist. „Wer will, findet bei uns fetzige Gaudi oder die absolute Ruhe", fasst Untermayer zusammen. Und meint damit auch das Angebot eines Frühstückskorbs. Tags zuvor bestellt, am Morgen samt Zeitung und frischem Kaffee abgeholt. So lassen sich Semmeln, selbstgebackener Kuchen und Eier im Privaten verspeisen, bei Belieben auch im Pyjama. Kein Druck, zu einer bestimmten Zeit im Frühstückraum aufzutauchen. Kein Hygienestress. Kein Geschrei am Nachbartisch. Als garantiert kreischfreier Aufenthaltsort bietet sich zudem der ausgebaute Weinkeller an, in dem Bacchus-Anhänger durchaus länger an einem gemütlichen Tisch verweilen. Geschichtsfreunde hingegen finden im fußläufig entfernten rekonstruierten Keltengehöft vier Blockhäuser, teils mit Stroh gedeckt, teils mit Schindeln. Und Romantiker kommen am Untermayerschen „Hausufer" an der Alz, die sich gemächlich aus dem Chiemsee ergießt, aus dem Seufzen gar nicht mehr raus. Kitsch-Alarm! Wenn nicht gerade eine Rasselbande zum Baden einfällt oder Reiter ihre Pferde ins Wasser lenken, genießt man hier Ruhe und Bergpanorama, beides herrlich. Kurz: Es wird einem auch ohne Kinder garantiert nicht langweilig.
Der Bauernhof als Pärchenbude, als Landhotel für Dinks? Soweit geht es dann doch nicht. Denn Familien mit kleineren Kindern sind nach wie vor die Hauptzielgruppe. Man muss schon mit dem Gewusel und dem „Kinderkram" zurechtkommen, ebenso mit dem Wechsel zwischen strengem Stallgeruch und angenehmen Badduft. Außerdem sind bis auf das Appartement „Gans" alle Unterkünfte nicht für zwei, sondern ausschließlich für mindestens vier Personen ausgelegt, gerne auch für das immer beliebtere Modell „Kleinfamilie plus Großeltern". Und auf ebensolche Gäste, die nicht tage-, sondern stundenweise im Betreuungsmodus sind und durchaus gewisse Annehmlichkeiten für ihre Me-Time zu schätzen wissen, zielen die neuen Wohnungen ab. Im Übrigen lassen sich Jugendliche etwa mit Oversize-Fernseher, W-Lan und separater Schlafgalerie eher mal zum Familienurlaub überreden als mit dem Basis-Hofurlaubspaket. Vermutlich das zündendste Argument: Es gibt hier auch andere Jugendliche.
Auch Wellness im Angebot
„Wir haben unsere Wurzeln, wir bewahren des Alte, aber nehmen es mit in die neue Zeit", so das Hof-Credo. Das mit der „neuen Zeit" nimmt man der mittlerweile in ihren Zwanzigern befindlichen Generation Nummer sechs, den Töchtern Lena und Rebecca, sofort ab. Letztere arbeitet seit Herbst 2020 fest im Betrieb mit und bisherige Ideen wie Eierautomat, Hochlandrinder und Tierdiplom für Gästekinder lassen erahnen, dass von der Hotelbetriebswirtin, die demnächst die Landwirtschaftsschule draufsattelt, noch einiges kommen wird.
Am Ende noch mehr Luxus? „Nein", beschwichtigt Matthias. „Trotz Komfort auf Hotelniveau bleibt der Charme des bodenständigen Bauernhofs erhalten. Wir wollen nicht alle Zimmer so aufhübschen, sondern für jeden Geldbeutel etwas bieten." In der Tat hat höherer Komfort eben auch einen höheren Preis. Für die „Eule" etwa werden 360 Euro pro Nacht fällig, in der Hauptsaison 399 Euro. Die anderen Ferienwohnungen sind da günstiger, das Appartement ist ab 140 Euro zu haben. Klar, Budgeturlaub sieht anders aus, Stichwort „normale" Ferienwohnungen oder „Camping auf dem Bauernhof". Aber es tut sich eben auch im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich etwas. Mittlerweile bieten 661 von 1.377 Betrieben des „Blauen Gockels", der 1991 unter dem Namen Landesverband Bauernhof und Landurlaub Bayern e. V. gegründet wurde, entsprechend höherwertige Unterkünfte an. Dazu zählt auch der gar nicht weit entfernte „Huberhof" in Ollerding bei Tittmoning. Seit 30 Jahren vermietet der vollbewirtschaftete Bio-Hof im Chiemgau Ferienwohnungen. Neun sind es heutzutage, ferner können Gäste im charmanten Ferienhaus nächtigen oder auf der Wiese nebenan campen. Und auf dem idyllisch am Waldrand gelegenen Grundstück fehlt sogar ein Pool zum Baden, Tauchen, Wasserballspielen nicht. Zum Relaxen gibt es einen Wellnessbereich mit Ruhezone. Das Thema Wellness gewinnt ohnehin zunehmend an Bedeutung auf etlichen Höfen – und spricht freilich per se eher Erwachsene ohne (kleine) Kinder an. Im Angebot finden sich auch Exoten wie Hopfenmassagen, „Almbadl" mit Milch und Blütendüften und Heu-Saunas – ideal für kalte Herbsttage. Etwas wärmer muss es hingegen sein, damit Kinder wie Eltern die Errungenschaften der Oberpfälzer Familie Fuhrmann genießen können: Die beiden Gastgeber des „Heindlhofs" in Neualbenreuth haben mit viel Eigenleistung in ihrem Garten einen 30 Grad warmen Swimmingpool angelegt – mit Meersalzwasser! Das freut nicht nur Chlor-Allergiker, das gesamte Haus wurde komplett für Allergiker ausgerüstet. Und zum Frühstück werden hausgemachte Marmelade, Bio-Brot und Smoothies mit Heilkräutern aus dem Garten aufgetischt. Ach ja, Hatha-Yoga und Detox-Tage stehen ebenfalls auf dem Programm des ungewöhnlichen Landhofs und beweisen eindrücklich die weite Palette der „Blauen Gockel"-Betriebe.
Auch der von Norbert Bechteler, das „Baumhaushotel Allgäu", zählt dazu. Der Allgäuer hat eine Frau, drei Söhne, 80 Kühe – und sechs Baumhäuser. Vier davon hängen an starken Stahlseilen inmitten mächtiger Buchen, zwei stehen wie überdimensionale Ostereier mitten auf der Wiese. Vom Doppelbett der „Landeier"-Luxuskuppel aus lassen sich nachts die Sterne über dem Kemptner Wald zählen. Wer die Sterne des Bechtelerschen Ferienhofs samt Sauna und Grillhütte zählen will: Es sind fünf.