In vielen Großstädten ist Parkraum knapp und teuer. Wird Parken demnächst zum Luxus oder sollten Stellplätze zugunsten von Fahrrädern, Bussen und E-Autos verschwinden? Drei Beispiele, wie Städte mit dem Thema umgehen.
Allen Klimaschutz-Beteuerungen zum Trotz gibt es immer mehr Autos in Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt kamen im vergangenen Jahr 580 Pkw auf 1.000 Personen. Zum Stichtag am 1. Juli 2022 waren 48,7 Millionen Autos auf deutschen Straßen unterwegs – so viele wie noch nie.
Das hat Folgen. Vor allen in Großstädten wird Parkraum zu einem knappen und teuren Gut, zumal Autos zunehmend Konkurrenz bekommen. Fußgänger und Fahrradfahrer fordern mehr Platz auf den Straßen, Busse und Bahnen wollen vorankommen, E-Scooter benötigen Abstellplätze, Leihfahrräder und Car-Sharing-Fahrzeuge müssen ebenfalls irgendwo stehen. Und dann sind da noch die vielen Ladestationen für E-Autos, deren Anzahl stetig wächst.
Was also tun? Neue Straßen bauen? Parkgebühren erhöhen? Oder vorhandene Parkplätze gleich ganz abreißen und für umweltfreundlichere Verkehrsmittel zur Verfügung stellen?
Während Klimaschützer für Letzteres plädieren und eine schnelle Verkehrswende fordern, fürchten viele Autofahrer, dass Parken bald zum Luxus werden könnte, nicht nur in der Innenstadt, sondern auch vor der eigenen Haustür. Jahrelang waren die Gebühren für Anwohner-Parkausweise auf 30,70 Euro im Jahr gedeckelt. Mit einer Gesetzesänderung im vergangenen Jahr hat sich das geändert. Nun können Kommunen die Gebühren selbst festlegen. Und das tun sie auch.
Bisher gehen Städte recht unterschiedlich mit der Parkplatz-Frage um, wie die folgenden drei Beispiele zeigen. Auch die politischen Konstellationen unterscheiden sich: In Freiburg ist der Oberbürgermeister parteilos, in Dresden gehört er der FDP an und die Bonner Oberbürgermeisterin kommt von den Grünen. Einigkeit herrscht nur in einem Punkt: Wenn es ums Parken geht, kommt es überall zu Konflikten.
Freiburg: Vorfahrt für Fahrräder
Martin Haag redet nicht lange um den heißen Brei herum. „Unser Ziel ist es, den Autoverkehr zu reduzieren“, sagt der Freiburger Baubürgermeister, dessen Dezernat für die Verkehrsplanung zuständig ist. Seit Jahren schon fördert die südbadische Studentenstadt den Radverkehr – auch auf Kosten von Autos.
„Wir wollen Flächengerechtigkeit herstellen“, sagt Haag, „und finanzielle Anreize bieten, um über das eigene Mobilitätsverhalten nachzudenken.“ Alle zwei Jahre werden deshalb die Parkgebühren um zehn Prozent erhöht; aktuell kostet ein Ticket in der Innenstadt 3,20 Euro pro Stunde. Um Fuß- und Radwege auszubauen, sind laut Stadtverwaltung mehrere Hundert Parkplätze in den vergangenen Jahren weggefallen. Es dürften nicht die letzten gewesen sein.
Für kontroverse Diskussionen im Freiburger Stadtrat sorgte im Frühjahr eine starke Verteuerung der Anwohner-Parkausweise, gegen die ein FDP-Stadtrat sogar Klage eingereicht hatte. Vor dem Verwaltungsgerichtshof unterlag er allerdings. Die Freiburger Besonderheit: Die Gebühren richten sich nach der Länge des Fahrzeugs. Für Autos bis 4,21 Meter Länge kosten die Parkausweise 240 Euro im Jahr; größere Modelle zahlen 360 Euro (bis 4,70 Meter) oder 480 Euro. So soll dem Trend zu immer schwereren SUVs Einhalt geboten werden. Ein Sozial-Rabatt federt besondere Härten ab: So müssen Bedürftige nur ein Viertel der jeweiligen Gebühren für ihren Parkausweis zahlen – statt 360 Euro also beispielsweise 90 Euro im Jahr.
Während E-Autos in manchen Städten kostenlos parken dürfen, ist dies in Freiburg nicht der Fall. „Autos nehmen nun mal öffentlichen Raum in Beschlag“, sagt Haag. „Da ist es wurscht, ob es sich um einen Verbrenner oder ein E-Auto handelt.“
Kritik an diesem Vorgehen kann der Dezernatsleiter nicht verstehen: „Mit dem öffentlichen Nahverkehr stehen uns qualitätsvolle Alternativen zur Verfügung“, beteuert Haag. „Die Straßenbahn fährt alle fünf Minuten, und wer trotzdem mit dem Auto kommen will, kann auf den Park-and-Ride-Parkplätzen sogar kostenlos parken.“ In Zukunft wolle man den motorisierten Individualverkehr weiter reduzieren. „In der Innenstadt kann man ohnehin nicht direkt neben dem Geschäft parken“, sagt Haag.
Bonn: Verkehrswende light
Auch in Bonn hat sich die seit 2020 regierende grün-linke Stadtratskoalition der Verkehrswende verschrieben: Nach längeren Planungen zeigen sich nun die ersten Ergebnisse: Statt Anwohner-Parkplätzen gibt es am Rheinufer eine Fahrradstraße; rund um den Hauptbahnhof dürfen keine Autos mehr fahren; die Parkgebühren in der Innenstadt sind auf bis zu vier Euro pro Stunde gestiegen. Auch die Anwohner-Parkausweise sollen künftig deutlich teurer werden und 360 Euro im Jahr kosten. Für viele Autofahrer, die bisher 30 Euro gezahlt haben, mag das ärgerlich sein. Trotzdem ist man in Deutschland noch weit von Verhältnissen wie in anderen europäischen Großstädten entfernt. Zum Vergleich: In Stockholm kann ein Bewohner-Parkausweis bis zu 1.309 Euro kosten.
Der erhoffte Umstieg auf Busse und Bahnen wird den Bonnern aber nicht gerade leicht gemacht. So kostet eine Einzelfahrkarte schon heute drei Euro; für 2023 sind weitere Erhöhungen angekündigt. Bei der Versammlung des Verkehrsverbands votierte auch die grüne Oberbürgermeisterin Katja Dörner für teurere Fahrkarten, um dem finanziell angeschlagenen Nahverkehr unter die Arme zu greifen. Immerhin: Die Ärmsten sind von den hohen Fahrpreisen nicht betroffen, denn gleichzeitig wurde ein 19-Euro-Sozialticket eingeführt.
Unterm Strich ist Parken in vielen Fällen immer noch günstiger als eine Busfahrkarte. So kosten die städtischen Parkhäuser lediglich 1,50 Euro pro Stunde. Elektroautos, die am Straßenrand parken, müssen in Bonn gar nichts bezahlen, selbst wenn sie nicht laden. Das soll sich ab 2023 aber ändern.
Ein echter Luxus ist das Parken in Bonn also nach wie vor nicht, vor allem im Vergleich zu einer Busfahrt. Den Menschen in der Stadt scheint diese „Verkehrswende light“ zu gefallen: Bei einer Forsa-Umfrage, die der „Bonner Generalanzeiger“ in Auftrag gegeben hat, sprach sich kürzlich eine Mehrheit für die Verkehrswende aus.
Dresden: Gleichheit für Bus- und Parktickets
Lange Zeit kostete ein Parkschein in der Dresdner Innenstadt 1,50 Euro pro Stunde. „In unserem Verkehrskonzept steht aber, dass eine Stunde Parken nicht günstiger sein sollte als eine Stunde mit dem Bus“, erklärt Stephan Kühn, der Baubürgermeister der sächsischen Metropole. Allen Konzepten zum Trotz wurden die Busfahrkarten in den vergangenen Jahren aber ständig teurer – ein Ticket kostet aktuell 2,70 Euro –, während sich am Parkscheinautomaten nichts änderte. „In der Corona-Zeit waren die Händler und Gastronomen ohnehin schon gebeutelt“, ergänzt Kühn. „Da war es schwierig, über eine Erhöhung der Parkgebühren zu diskutieren.“
Nach langem Hin und Her gelten seit Herbst 2021 neue Tarife: Seither kostet die Stunde 2,40 Euro; aktuell diskutiert der Stadtrat über eine Erhöhung auf drei Euro. „Wir haben wegen der aktuellen Energiepreise erhebliche Schwierigkeiten, unseren Nahverkehr zu finanzieren“, sagt Kühn. Deshalb versuche man es nun über die Parkgebühren. Auch Anwohnerparken wird teurer. Noch kostet ein Parkausweis gerade einmal 30 Euro im Jahr. Künftig sollen es, je nach Autogröße, zwischen 120 Euro und 240 Euro sein, wobei Ermäßigungen für Bedürftige geplant sind. „Wir orientieren uns da am Freiburger Modell“, sagt Kühn.
Elektroautos dürfen in Dresden aktuell zwei Stunden kostenlos parken – auch dann, wenn sie gerade keinen Strom tanken. Während dies in anderen Städten klar kommuniziert wird, müssen sich Autofahrer in Dresden mit einem kryptischen Hinweis begnügen: „Fahrzeuge nach §2 EmoG mit Parkscheibe […] frei“, steht auf einem Aufkleber am Parkscheinautomaten. Da dürften wohl viele trotzdem eine Münze einwerfen.
Dass langfristig Parkplätze wegfallen, ist in Dresden bisher nicht geplant – wohl auch, weil im Stadtrat ein Patt zwischen Progressiven (35 Sitze) und Konservativen (35 Sitze) herrscht. Den bisher größten Parkplatz-Streit gab es diesen Sommer im Stadtteil Klotzsche: Für einen Radweg vor einer Schule mussten 100 Parkplätze weichen. „CDU und FDP haben mich dafür gerügt“, sagt Kühn, „aber es gab auch eine Petition dafür.“