Über die Kostbarkeit einmaliger Erlebnisse auf Reisen abseits der üblichen Pfade
Ist es wirklich so, dass man eines Tages alles erlebt hat und es dann keine weiteren ersten Male mehr gibt? Nein, so ist es bestimmt nicht! Gerade auf Reisen hat man viele weitere erste Male! Man muss nur danach suchen und die richtigen Plätze finden. Oder eben die üblichen Pfade verlassen.
Denn wenn wir reisen, erleben wir oft erste Male. Die Magie der Costa Smeralda genießen, die heiße Sonne in Benin auf der Haut spüren, den Vollmond sehen und die dazugehörige Party auf Ko Phangan mitmachen. Warum reisen wir? Ich denke, dass wir es um der Erlebnisse willen tun, die uns fremd sind. Dinge, von denen wir nie ahnten, dass es sie überhaupt gibt, geschweige denn, dass sie uns gefallen könnten. Genau deswegen reisen wir. Weil das, was wir später Fremden und Freunden erzählen, daraus bestehen wird.
Und immer wieder stelle ich fest: Je drastischer eine Situation war, umso besser kann ich darüber berichten. Und auch: Erste Male müssen schlimm sein, um sie interessant zu machen. Den Postkartenstrand hat nämlich schon jeder einmal gesehen, aber die Ureinwohner im Dschungel des Kongo bestimmt nicht. Erste Male sind auch einmalig, die kann man nicht einfach so kopieren.
Und dann gibt es die Angst, die viele vom Reisen abhält. Heute mehr denn je. In Südostasien gibt es giftige Schlangen, im Nahen Osten zu viele Anschläge, in Afrika zu viele Bürgerkriege und in Südamerika Drogenbosse und Konsorten. Ja, es stimmt, die Welt ist ein unsicherer Ort. Sogar ein sehr unsicherer.
Doch die Ziele, die nie im Reisekatalog beworben werden, waren und sind für mich immer die interessantesten. Gerade deshalb habe ich mich dahin auf den Weg gemacht. Um Abenteuer zu erleben, um erste Male zu erleben. Angst habe ich keine mehr. Ich muss sie irgendwann einmal überwunden haben. Und später, erst viel später, habe ich ein Gefühl kennengelernt: Dankbarkeit.
Dafür, dass es mir auf meinen Reisen, während meiner Abenteuer immer gutging. Genau das ist nicht selbstverständlich. Nein, überhaupt nicht. Und dabei habe ich erkannt, dass uns unsere Unsicherheit sehr oft um erste Male bringt. Erste Male können auch klein sein und sehr schön. Schon lange habe ich entschieden, nicht mehr in Backpacker-Buden wie früher zu logieren. Das hatte zwar etwas sehr Charmantes, aber es ist nicht mehr das, was ich nun möchte.
Manchmal vergisst man erste Male auch. Das passiert mir hin und wieder, aber dafür schreibe ich Tagebuch. Denn ich möchte mich erinnern können. Früher habe ich täglich geschrieben, bevorzugt in die China-Kladde, die damals diesen exotischen Touch hatte. Jetzt schreibe ich nur noch, wenn ich in der Ferne unterwegs bin. Bevorzugt in mein schwarzes Moleskine.
Zusätzlich gibt mir das Aufschreiben auch die Chance, darüber nachzudenken, wer ich bin und was mir wichtig ist. Ich kann in aller Ruhe analysieren, was mir im Moment nicht passt, mir Sorgen macht oder mich nachts wachhält. Aber genauso auch das, was mich glücklich macht. Ich nutze diese Zeilen, um mich selbst besser kennenzulernen.
Und: Ich möchte meine Wertsachen nicht mehr mit dem Vorhängeschloss sichern, wie ich es früher getan habe. Ich denke an meinen Aufenthalt in Südindien in einem sehr schönen Ressort zurück. Und daran, dass jeden Abend ein Angestellter kam, um mein Häuschen mit einem weihrauchähnlichem Duft zu bestäuben. Gegen die Moskitos. Und, in der Tat: Ich wurde nicht gestochen. Das beeindruckte mich nachhaltig, und bis heute habe ich den Geruch, den ich wirklich mag, in der Nase.
Sobald ich Weihrauch rieche, denke ich daran zurück. An Südindien, an die Tropen, an meine Unterkunft. Und dieses Erlebnis war wohl das tausendste allererste Mal auf meinen Reisen. Und daran werde ich mich vor allem erinnern, weil ich Ihnen jetzt davon erzähle.