Die Diskussion war ebenso kurz und knapp wie wohl folgenlos – und trotzdem etwas erhellend. Der deutsche Kulturrat fordert ein Jahr Talkshow-Pause. Was den ein oder anderen überrascht hat. Nicht die Forderung selbst, denn die ist alles andere als neu, was wiederum dem ein oder anderen Leser (natürlich auch in weiblicher Form) dieser Rubrik erinnerlich sein könnte. Schließlich habe ich an dieser Stelle vor Jahresfrist schon mal Ähnliches gefordert, ohne durchschlagenden Erfolg, wie bekannt sein dürfte. Überraschend war vielen eher, dass es so etwas wie einen „Kulturrat" gibt, einen „Dachverband der Dachverbände" von Kultur- und Medienschaffenden. Deutschland ist halt gut organisiert. Zumindest war das mal so. Denn eine Organisation, richtiger: Kommission gibt es derzeit nicht, und das, obwohl sie doch mit ziemlich Brimborium im Koalitionsvertrag zu Berlin festgehalten wurde. Nämlich das Spitzengremium, das sich erst Gedanken und dann Vorschläge über „Gleichwertige Lebensverhältnisse" in Deutschland machen soll. Chef wollte der neue Heimatminister höchstpersönlich sein. Aber bekanntlich hatte und hat Horst Seehofer derweil eher die Sorge, wie er gleichbleibende Lebensverhältnisse für Flüchtende sicherstellen kann, gleichbleibend hoffnungslos, versteht sich.
Wenn eine große Koalition schon so eine Kommission verabredet, gibt sie damit zu, dass von gleichwertigen Lebensverhältnissen in Deutschland nicht mehr die Rede sein kann. Ein Blick in die Haushaltsbücher der Kommunen belegt nachdrücklich, was sich am Zustand öffentlicher Gebäude oder Strassen unschwer besichtigen lässt: Die Schere regionaler Entwicklungschancen und damit der Menschen geht immer weiter auseinander. Die Liste der Belege und Folgen ließe sich seitenweise fortschreiben und ist lange bekannt und wird immer drängender. In einschlägigen Talkshows hat das Thema genau so viel Platz wie derzeit in der großen Politik, nämlich keinen. Ist halt gerade kein Mainstream-Streit, und lässt sich im Übrigen gar nicht so leicht auf einen plakativen Kampfbegriff bringen. Man kann sich ja über Talkshows ärgern und deren Sinn in der jetzigen Form in Frage stellen. Aber sie sind nicht unser wirkliches Problem.