Zum Besuch des niederländischen Königs: Im Glanz des Adels und der Hoheiten
Es war auf einer Fahrt durch das Saarland, als wir zu einem Freund bemerkten: „Im Oktober kommen Willem und Maxima." Worauf der Freund erstaunt fragte: „Willem wer?" Normalerweise ist dieser Freund immer aktuell informiert, und die einschlägigen Medien hatten schon mit royalen Glitzer-Sätzen die Ankunft des niederländischen Paares angekündigt.
Überhaupt scheint sich in unserem Bekannten- und Freundeskreis kaum jemand für königliche Hoheiten zu interessieren. Es liegt sicher daran, dass wir alle Kinder der Aufklärung sind, einen Kant einem König vorziehen.
König Willem-Alexander spaziert mit seiner Maxima gern durch Deutschland. So waren sie kürzlich zu Gast bei Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff und dessen Gattin Annabella. Wer immer die beiden sein mögen dort in Paderborn, der Besuch war einem täglich erscheinenden bunten Fisch-Einwickelpapier fast eine Sonderseite wert.
In Berlin haben demokratisch gewählte Mandatsträger nichts Besseres zu tun, als Preußens „Gloria" aufleben zu lassen. Von Charlottenburg bis zum Dom sind Bauten und Skulpturen, die an die Zeit der Hohenzollern erinnern. Für uns sind sie Mahnmale. Trotzdem müssen noch Millionen in ein Schloss verschleudert werden. Von diesem Schloss aus entschuldigte sich einst König Friedrich Wilhelm IV., weil auf seinen Befehl Soldaten Bürger ermordet hatten.
Die Sehnsucht nach Kaisertum scheint in Deutschland sehr groß zu sein. Adels-Zeitschriften finden reißenden Absatz, Millionen hocken vor den Fernsehern, wenn in Großbritannien ein Harry heiratet. Für ARD und ZDF berichten dann Experten von solchen Ereignissen, die sich offensichtlich sogar mit dem hierzulande einst üblichen „Recht der ersten Nacht" auskennen.
Es ist nachzuvollziehen, dass auch das Saarland einmal dabei sein will. Schon äußerte Ministerpräsident Tobias Hans sich in besagtem Fisch-Einwickelpapier zu Willem-Alexander und Maxima. Offensichtlich ist ein Staatsbesuch geplant, und es sollen wirtschaftliche Themen besprochen werden.
Die Ironie dieses Vorgangs: So ein Willem ist Dank seiner Geburt König. So etwas wird in jenen Kreisen also vererbt, er muss nicht gewählt werden. Tobias Hans ist der Sohn eines ehemaligen Landtagspräsidenten, der ein Demokrat ohne Fehl und Tadel war. Gewählt wurde Tobias Hans als Ministerpräsident auch nicht. Er war sozusagen Erbprinz der Annegret von und zu Kramp-Karrenbauer.
Wenn wir richtig gelesen haben, soll Tobias Hans immer von „Hoheiten" gesprochen haben. Wobei: Für wirtschaftliche Angelegenheiten könnte er ja auch mit der gewählten niederländischen Regierung sprechen.
Uns fiel der Roman „Der Untertan" von Heinrich Mann ein. Die Hauptfigur Diederich Heßling ist bedingungslos autoritätshörig, genießt es aber auch, selbst Macht auszuüben. Er ist ein Stammtisch-Agitator, Mitglied einer schlagenden Verbindung. Wer heutzutage die Verbindungen der Rechtsradikalen mit Burschenschaften sieht und die Stammtisch-Parolen aus Bayern hört, dem kann es nur grausen. Zumal, wenn demokratisch Gewählte sich auch noch anbiedern. Die Weimarer Republik ist auch daran zugrunde gegangen, weil es zu wenige Republikaner gab, die sich den Kriegshetzern, Nationalisten, den Adligen aus Ostelbien entgegensetzten.
Wer aus der Geschichte nicht lernt, muss sie wiederholen. Der Adel wurde 1919 in Deutschland abgeschafft. Wieso, diese Frage muss ja wohl gestattet sein, bezahlen ARD und ZDF dann Adels-Experten? Weil Millionen das wollen? Einst jubelten in Nürnberg und auf dem Wiener Heldenplatz auch Millionen. Es dürfte für Sender, die einen Bildungsauftrag zu erfüllen haben, kaum relevant sein, wie hoch die Einschaltquoten sind.
Wie gut, dass im Oktober nicht ein Wilhelm II. oder ein ostpreußischer Landbesitzer ins Saarland kommt, sondern nur der liebe Willem-Alexander mit der ach so netten Maxima aus dem Land der Tulpen. Es müssen auch nicht arg viele ÂSteuergelder verpulvert werden. In der Sportschule am Saarbrücker Stadtwald sind noch Betten frei. Da wird jeder Umsatz-Euro benötigt.