Warum die Nutzer trotz Datenschutz-Grundverordnung nicht besser geschützt sind
Fühlen auch Sie sich so entspannt? So gut geschützt? Wie, nein? Spüren Sie bitte noch einmal in sich hinein. Immer noch nichts? Nun, dann verrate ich Ihnen, worauf ich hinaus will: Es geht um Datenschutz. Seit dem 25. Mai dieses Jahres gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Deren Aufgabe ist es, die Nutzung und Verarbeitung personenbezogener Daten durch Unternehmen und öffentliche Einrichtungen EU-weit zu regulieren und zu vereinheitlichen. Kurz: Sie sollen wissen, was mit Ihren Daten geschieht, wenn Sie diese beispielsweise auf einer Webseite in ein Kontaktformular eingeben. Speichert das Unternehmen sie? Und wenn ja, wie lange? Werden die Daten an Dritte weitergegeben? Und so weiter. Klingt das schlecht? Nicht wirklich. Bringt das was? Nun, nicht wirklich.
Die einen begrüßen die längst überfällige einheitliche Regelung. Unternehmer hingegen verfallen in den Panikmodus, weil sie denken, dass ihnen ohne aktualisierte Datenschutzerklärung auf ihrer Webseite horrende Strafen drohen.
Ja, es ist sinnvoll, in der heutigen Zeit darauf zu achten, wer was von uns weiß. Schließlich checkt Google unsere Suchverläufe und wertet Amazon unser Kaufverhalten aus. Wenn dann unser „Home“ noch „smart“ ist, und Konzerne wissen, wann ich das Licht ein- und ausschalte, wird’s nicht besser. Den Rest unserer Daten posten wir freiwillig in den sozialen Medien. Wir machen uns unter Umständen angreifbar, ausspionierbar, manipulierbar. Daten könnten in falschen Händen immensen Schaden anrichten. Damit würde finanzieller Schaden und schlimmstenfalls Schaden für die menschliche Natur drohen.
Jetzt kommt die Kehrseite: Wer geht ernsthaft davon aus, dass sich die Situation für die Bürger verbessert, wenn wir Unternehmen nötigen, ellenlange Datenschutzerklärungen auf Ihre Webseiten zu stellen? Denn das ist das einzige bislang spürbare Ergebnis. Auf einmal liest man landauf, landab auf Webseiten: „Lieber Kunde, der Schutz deiner Daten ist uns überaus wichtig.“ Na klar. „Wichtig“ deshalb, weil ohne ausufernde Datenschutzerklärung womöglich bald ein findiger Abmahnanwalt auf der Matte steht und Geld sehen will.
Fun Fact: Datenschutz gibt es nicht erst seit dem 25. Mai. Auch vorher durfte man mit Daten nicht sorglos umgehen. Nur musste man nicht haarklein aufdröseln, was man mit welchen Daten wie macht. Laien mussten anderen Laien auf Ihrer Webseite nichts von IP-Adressen, Logfiles und Cookies erzählen. Noch ein Fun Fact: Manche machten das dennoch bereits.
Machen wir ein Gedankenexperiment: Die Datenschutzerklärung einer Webseite war vor dem 25. Mai etwa eine halbe Seite lang. Gelesen hat das niemand. Genauso wenig, wie wir die AGB lesen oder die Lizenzvereinbarungen von Computerprogrammen. Wir klicken stumpf auf „Ja, ich habe die AGB zur Kenntnis genommen“ und das war’s. Ist das sinnvoll? Nein. Ist das Realität? Aber so was von. Es interessiert die Leute schlichtweg nicht. Sie möchten keine „juristischen“ Texte lesen. Wer will das schon? Und heute? Wenn das Unternehmen Newsletter versendet, Profile in sozialen Medien unterhält, vielleicht noch Direktmarketing und sonstige Werbeaktionen macht, ist seine Datenschutzerklärung auf etwa zehn Seiten angewachsen. Preisfrage: Warum sollten Menschen, denen eine halbe Seite zu viel war, nun zehn Seiten lesen?
Im Endeffekt sind wir so ahnungslos wie zuvor. Die Datensammelei der Algorithmen ist uns längst über den Kopf gewachsen. Und nein, ich habe keine Lösung parat. Auf jeden Fall wird es nicht besser, wenn man den bürokratischen Aufwand für Unternehmen erhöht. Vor allem nicht dann, wenn sich dadurch de facto nichts ändert. Ja, man kann nun herausfinden, was mit den eigenen Daten passiert. Prima! Sobald man sich aber im Internet bewegt, gibt man bewusst oder unbewusst Daten preis. Da hilft nur, frei nach Peter Lustig: „Abschalten!“ Aber das will ja dann auch wieder keiner. Wenn Sie sich also nicht besser geschützt fühlen, liegt das einfach daran, dass Sie nicht wirklich besser geschützt sind. Aber lesen Sie doch einfach mal die Datenschutzerklärung von Google vor Ihrer nächsten Suchanfrage. Da kommt wenigstens Freude auf.