Regina Ziegler gilt als eine der wichtigsten Produzentenpersönlichkeiten des deutschen Films. Mehr als 500 Filme hat die 74-Jährige für Fernsehen und Kino produziert. Ans Aufhören denkt sie nicht – trotz des Verlustes ihres geliebten Ehemannes, des Filmemachers Wolf Gremm.
Es begann mit dem Drama einer Selbstbehauptung. Der erste 1973 von Regina Ziegler unter der Regie ihres späteren Ehemanns Wolf Gremm produzierte Film, „Ich dachte, ich wäre tot" (die Geschichte einer 17-Jährigen, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihren Weg findet), erhielt sogleich den Bundesfilmpreis und den Kritikerpreis. Dieses „Geht nicht gibt’s nicht" – so der Titel ihrer 2017 erschienenen Autobiografie – zieht sich wie ein roter Faden durch ihr ganzes Leben, beruflich und privat.
Reclams Film-Lexikon bezeichnet Regina Ziegler als „eine der aktivsten und wichtigsten Produzentenpersönlichkeiten des deutschen Films". Sie hat Filmgeschichte geschrieben und sie ist Filmgeschichte. Ende April feierte ihr Unternehmen – eine konzernunabhängige Film- und Fernsehproduktion – sein 45-jähriges Bestehen. Und die Produzentenallianz zeichnete Regina Ziegler im März, kurz nach ihrem 74. Geburtstag, gemeinsam mit der Stadt Laupheim, für ihr Lebenswerk mit dem Carl-Laemmle-Produzentenpreis aus. Es war nicht die erste Würdigung ihrer Lebensleistungen – bereits 1997 erhielt sie den Denver Obelisk, 1998 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. 1999 folgte der Grimme-Preis als „Besondere Ehrung" für Verdienste um das Fernsehen in der Bundesrepublik Deutschland. 2008 bekam sie den Innocence in Danger Award, 2012 beim Prix Europa den Lifetime Achievement Award und 2016 die Lola des Deutschen Filmpreises – in Österreich die Romy in Platin sowie die Goldene Erbse für ihr soziales und kulturelles Engagement. Und selbst das ist nur eine kleine Auswahl aus sämtlichen Ehrungen.
Mehr als 500 Filme hat Regina Ziegler, die erste deutsche Produzentin in einer bis dahin von Männern dominierten Branche, seit 1973 für Kino und Fernsehen produziert. Ziegler Film hat heute Firmensitze in Berlin, Köln, München und Baden-Baden. Seit 20 Jahren wird das Unternehmen von Regina Ziegler und ihrer Tochter Tanja geführt.
Zahlreiche Auszeichnungen
Die Geschichte von Regina Ziegler bleibt eine fast märchenhafte Erfolgsstory mit Höhen und Tiefen – undenkbar jedoch ohne die Symbiose mit ihrer großen Liebe, dem Filmemacher Wolf Gremm. Nicht Gegensätze, die sich anziehen, sondern die gemeinsame Arbeit mit den gleichen Träumen, den gleichen Auffassungen und den gleichen Zielen führte zu Erfüllung und Erfolg.
Selbstverständlich galt auch für das Ehepaar Ziegler/Gremm das Schiller-Wort „Des Lebens ungeteilte Freude ward keinem Sterblichen zuteil." Es gab neben den zahlreichen Tops auch unvermeidliche Flops: Enttäuschungen, Intrigen, missglückte Produktionen, finanzielle Engpässe oder absonderliche Widerstände bei den Auftraggebern. Doch für Regina Ziegler und ihr Leben blieb jenes Datum entscheidend, das sie stets mit Stolz und Glücksgefühl erwähnt: Der 9. April 1971, als der junge Filmemacher Wolf Gremm im Sender Freies Berlin in das Arbeitszimmer der 27-jährigen Produktionsassistentin Ziegler stürmte und ihr erklärte: „Wir arbeiten jetzt zusammen!" Eine Zusammenarbeit, aus der zwei Jahre später die Ziegler Filmproduktion und sechs Jahre später eine Eheschließung wurde.
Als Gremm im Juli 2015 an einem Krebsleiden starb, blieb für Regina Ziegler im Angesicht des Unabänderlichen nur jenes Wort, das Wolf Gremm selbst am Ende seines letzten Films, der sein eigenes Sterben beschreibt, gesagt hatte: „Wir Menschen sind wie Sterne. Unser Licht strahlt noch, wenn wir nicht mehr leben." Eine Form des Weiterlebens nach dem Tode. Regina Ziegler beschreibt das alles sehr eindringlich in ihrer Autobiografie. Nicht aufgeben. Niemals –
das bleibt ihr Lebensmotto. Sie bleibt am Set. Sie ist zur Ikone geworden, zur Grande Dame – doch weit über die Filmbranche hinaus. Regina Ziegler hat ihren unbestrittenen Platz im deutschen und Berliner Kulturleben und in einer globalisierten Welt zwischen Potsdam-Babelsberg und Hollywood.
Ihr Mann starb 2015 an Krebs
Wer Leben und Werk von Regina Ziegler beschreiben und würdigen will, könnte es sich sehr einfach machen, indem er einfach nur einige ihrer Produktionen aufzählt und ein paar Anekdoten aus dem Schatz der Prominenten-Storys anfügt. Angefangen mit der letzten, bereits wieder preisgekrönten TV-Serie „Weissensee" und dem im März in der ARD gesendeten Dokudrama „Gladbeck". Aber die Kette der Highlights seit 1973 scheint schier endlos.
Da ist die ohne jede Übertreibung kulturhistorisch bedeutsame Zusammenarbeit mit Peter Stein und der Berliner Schaubühne. Die Verfilmung von Steins Inszenierung der „Sommergäste" 1976/77 ist der Leuchtturm in dieser Kooperation. In die Reihe auch kommerziell erfolgreicher Produktionen gehören ebenso die Verfilmung des Kästner-Romans „Fabian" oder „Chapeau Claque" und „Heinrich". Allesamt Ergebnisse von Freundschaft und Zusammenarbeit mit Helma Sanders-Brahms, Jürgen Schitthelm, Marianne Lüdcke, Ulrich Schamoni, Heinz Ungureit beim ZDF oder Norbert Schneider, dem SFB-Programmdirektor in den Glanzzeiten des Senders Freies Berlin. Ein Publicity-Coup war zudem 1980 die Enttarnung des Berliner Erfolgsautors „-ky" mit der Verfilmung seines Krimis „Kein Reihenhaus für Robin Hood". Bei der Premiere stellte sich heraus, dass sich der Soziologe Horst Bosetzky hinter dem Pseudonym „-ky" verborgen hatte.
„Filme produzieren ist wie eine Sucht", lautet eines der Bekenntnisse von Regina Ziegler, die stets mit Mut zum Risiko ans Werk ging. Sie war, wie sie sagt, „süchtig, es zu schaffen – die Wette gegen sich selbst zu gewinnen". Das gelang freilich nicht immer, denn auch das Filmleben ist zuweilen unfair. Einprägsamstes Beispiel, das ihr und ihren Freunden heute allenfalls ein Schmunzeln entlockt, war 1998 der im ZDF gescheiterte Versuch, Winnetou mit Pierre Brice wiederzubeleben. „Winnetou kehrt zurück" war wohl schon allein deshalb ein Fehlschlag, weil der legendäre Hauptdarsteller nicht synchronisiert wurde und mit schwerem französischem Akzent durch die Drehorte in den Pyrenäen ritt. Die Welt von Mario Adorf, Michael Ballhaus, Rainer Werner Fassbinder, Wolfgang Rademann, Jack Nicholson, Brigitte Mira, Günter Grass, Guido Knopp oder Edith Clever war die eine, meist schillernde Seite im Leben von Regina Ziegler. Soziales und politisches Engagement die andere – wie etwa bei Cinema for Peace, eine Initiative, die eine Plattform für gesellschaftskritische Filme bietet und auch Spenden sammelt.
Für Ziegler „eine Bewegung, die gesellschaftlich relevante Themen zu Frieden und Freiheit aufgreift. Genauso hat der Film, wie ich ihn verstehe, schon seit seinen Anfängen auf diese Themen Bezug genommen und wichtige Fragen gestellt. Cinema for Peace macht sich diese Anliegen zu eigen und schlägt somit eine Brücke von der Filmwelt in die Realität. Sei es durch die Kraft der Popularität oder durch die Umsetzung humanitärer Projekte."
Sie kämpft und arbeitet für die Kultur
Regina Ziegler war und ist mit ihrer Haltung und ihren Stellungnahmen immer auf der Höhe gesellschaftlicher Ereignisse und Entwicklungen. Selbstverständlich auch in der aktuellen „MeToo"-Debatte, die nicht nur die Filmwelt erschüttert: „MeToo prangert zurecht die Fälle eines widerwärtigen Geflechts zwischen Machtmissbrauch und Sexualität an", so Regina Ziegler im Januar dieses Jahres in der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". „Für mich bedeutet das: Wenn ein Mann eine Frau, die von ihm abhängig ist (oder sich auch nur abhängig fühlt), sexuell bedrängt – und das reicht von einer übergriffigen Anmache bis zu einer Vergewaltigung –,
dann verletzt es diese Frau in ihrer Würde. Ich rede vom ersten Artikel des Grundgesetzes: ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.‘ Konkret habe ich das an einem heißen Tag bei einem Dreh an einem See erlebt. Ein Mitarbeiter meines Teams versuchte, einer Schauspielerin, die sich dagegen wehrte, den BH aufzuknöpfen. Ich habe das beobachtet und ihn fristlos entlassen. Es sollte überall Vertrauenspersonen geben, denen sich Frauen anvertrauen können. Nicht per Gesetz verordnet, sondern aus schierer Vernunft eingerichtet."
Kultur ist auch für Regina Ziegler alles in unserem Zusammenleben. Für die Kultur in all ihren weitverzweigten Verästelungen arbeitet und kämpft sie bis heute. Zum Kulturleben in ihrem Berlin, das häufiger Kritik ausgesetzt ist, sagt sie: „Ich kenne keine andere Stadt – vielleicht New York ausgenommen –, in der ein so vielfältiges Kulturleben existiert. Neben charmant-althergebrachter, subventionierter Kultur und der freien Szene ist diese Fülle fast erschlagend. Meine Tochter Tanja und ich betreiben das Kino Filmkunst 66 – eines der letzten Programmkinos in Berlin. Das ist unser ganz persönlicher Beitrag zum Berliner Kulturleben."
Regina Ziegler – das ist eine Geschichte der Erfolge und Ehrungen, des Film- und Kulturlebens. Eine Frau, die Vorbild ist und die weiß, was sie will. Es fehlt wohl nur eines: Der Film über Regina Ziegler.