In den vergangenen 15 Jahren drehte Robert De Niro hauptsächlich Komödien und verbuchte kommerziell gesehen große Erfolge. Aber auch verheerende Flops stehen in seiner Filmbiografie.
Ein Großvater lässt es noch einmal so richtig krachen – und zwar beim Spring Break, den US-Frühjahrsferien, in denen normalerweise ausschließlich Studenten tagelang feiern und trinken. Das ist die Handlung der Komödie „Dirty Grandpa". Der Film kam 2016 in die Kinos und markiert einen der größten Kassenerfolge von Robert De Niro in der Titelrolle. Dass sich der Film an die Spitze der Kino-Charts geschoben hatte, wird Robert De Niro gefreut haben. Welcher Schauspieler ist schon mit Anfang 70 noch einmal zum Star von Blockbuster-Filmen für jugendliches Publikum aufgestiegen? Nur De Niro. Allerdings: Der Kassenerfolg von „Dirty Grandpa" hat auch eine negative Seite. „Dirty Grandpa" ist wohl einer der schlechtesten Filme des Jahres 2016. Zotige Witze, sexuelle Andeutungen, nackte Mädels – die Sexkomödie ist ein fragwürdiges Alterswerk und zeitgleich der kreative Tiefpunkt in der Karriere von Robert De Niro, der als einer der besten Charakterschauspieler der USA gilt und nach „Der Pate ‒ Teil II" (1974) und „Taxi Driver" (1976) seine darstellerischen Möglichkeiten in weit mehr als 100 Filme bewies.
Er drehte Romanzen („Der Liebe verfallen", 1985), Gangster-Filme („The Untouchables", 1987), Dramen („This Boy’s Life", 1993) und Tragödien („Marvins Töchter", 1996) – häufig unter mieser Kritik der Fachpresse und bei leeren Kassen in den Kinos. Vielleicht wollte De Niro mit seinem Image als Gangsterboss aufräumen, vielleicht aber erkannte er auch das gute Drehbuch – jedenfalls übernahm er 1999 die Hauptrolle in „Reine Nervensache". Als alternder Mafiaboss mit Erektionsproblemen parodierte er seinen Erfolg als „Der Pate" und konnte wieder einen Blockbuster in der Filmbranche verbuchen.
Mit 70 plus der Hit für ein junges Publikum
Zurecht, denn „Reine Nervensache" ist eine unterhaltsame Komödie. Robert De Niro hatte gefunden, war er suchte: Ein Filmgenre, das ihm Spaß machte und in dem ihn die Kritik ebenso wie die Zuschauer liebten.
Kaum ein Jahr später stellte der damals 57-Jährige den Erfolg von „Reine Nervensache" in den Schatten. Mit „Meine Braut, ihr Vater und ich" legte er den Hit des Jahres vor. Als skeptischer Schwiegervater von Ben Stiller zeigt De Niro, dass er Spaß an zotigen Komödien hat. Da schießt ein Sektkorken in die Urne mit der Asche der Großmutter, da besprenkelt eine überlaufende Klärgrube die Umgebung – De Niro machte alles mit. Das Ergebnis seiner guten Stimmung: Fortsetzungen, und zwar mit schwankendem Erfolg. So konnte „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich" (2004) die Einspielergebnisse seines Vorgängers noch übertreffen, brachte inhaltlich aber nur wenig Neues hervor. Noch magerer fielen die Filme „Reine Nervensache 2" (2002) und „Meine Frau, unsere Kinder und ich" (2010) aus. Vorhersagbare Story und abgenutzte Gag-Varianten gefährdeten De Niros späten Ruf als Kassenknüller.
Dennoch bleibt Robert De Niro dem Genre Comedy treu. Er scheint Gefallen gefunden zu haben an Komik und nimmt bei seiner Rollenauswahl in Kauf, dass die Projekte scheitern. In „Zwei vom gleichen Schlag" (2013) verkörpert er einen alternden Boxer auf dem Weg zum großen Comeback. Zwar hat der Film mit Sylvester Stallone als Co-Star eine gewisse Selbstironie, dennoch bleibt er aber voller Klischees. Auch die folgenden Filme De Niros blieben hinter den Erwartungen zurück und floppten. So wird sich kaum jemand noch an „The Comedian" (2017) erinnern. De Niro spielt einen Stand-up-Komiker, der nicht witzig ist.
Es sind auch wirklich gute Geschichten darunter
Robert De Niros Ausflüge in den Mainstream verzeichnen allerdings auch Erfolge. Mit „Hide and Seek" (2005) etwa präsentiert er einen intelligent in Szene gesetzten Thriller, der auch an den Kassen vernünftig lief. Meisterhaft sogar war De Niros Leistung in „Der gute Hirte" (2006). Die Geschichte fasziniert mit bemerkenswertem Understatement. Bemerkenswert an dem Film ist, dass De Niro die Regie führte – erstmals nach 1993 („In den Straßen der Bronx"). De Niro – das Regiewunder? Aber der Künstler hat bis heute nicht mehr auf dem Regiestuhl Platz genommen. Stattdessen folgen Flops wie „Stone" (2010), „Killer Elite" (2011) und „Freelancers" (2012) sowie einige mäßige Erfolge wie „Machete" (2010), „Malavita" (2013) und „Last Vegas" (2013). Von 2010 bis heute hat De Niro fast 30 Filme auf den Markt gebracht – und droht im Mainstream unterzugehen. Immerhin ist ihm 2012 noch einmal eine künstlerische Perle gelungen. In „Silver Linings" überzeugte er mal lustig, mal traurig, mal niederschmetternd. Eine Oscar-Nominierung war der Lohn für De Niro, hinter den Jung-Stars Jennifer Lawrence und Bradley Cooper eine Nebenrolle zu übernehmen.
Nun ist Robert De Niro 75 und alt genug, sich zur Ruhe zu setzen. Aber seine Freude am Filmemachen ist ungebrochen. So dürften in den kommenden Jahren noch einige De-Niro-Filme zu sehen sein – auch anspruchslose, aber amüsante Werke wie „Dirty Grandpa". Ein Mann wie De Niro lässt sich kaum vorschreiben, was er zu drehen hat. Möglicherweise hat er sich auch eine Drehbuch-Zeile zu Herzen genommen. Als sein Enkel ihn nämlich fragt, warum er sich so kurz nach dem Tod seiner Frau wie ein verrückt gewordener Teenager benimmt, antwortet er gut gelaunt: „Sie hat mir auf dem Sterbebett gesagt: Genieß‘ die Zeit, die Dir bleibt. Dies ist meine letzte Chance."