Father John Misty’s 2017er-Geniestreich „Pure Comedy" kam unerwartet. Wohl hatten zwei Vorgänger-CDs auch schon mit schwelgender Opulenz geprahlt. Doch bekanntlich ist genau das ein schmaler Grat …
Es muss vieles zusammenkommen, wenn ein Konzept des komplett entgrenzten „mehr ist mehr" vollends aufgehen soll. Hier ging es vollends auf. Zuvorderst taugte die Songsubstanz – was ja immer das wichtigste ist.
Doch braucht es noch weit mehr: die kluge Instrumentierung, das kunstvolle Arrangement, die Leidenschaft, der (gerne auch eitle) Gestus, Songtitel die bereits beim Lesen aufhorchen lassen, Textzeilen, die sich festhaken, eine üppige Laufzeit sowie ein Album-Cover, das den Bombast auch inszenieren will.
Ebenfalls nicht gering zu schätzen ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung. Die Welt war vor einem Jahr ja noch aufgewühlter als zuvor. Und so kam wohl ein Werk, das den Hörer genau da abholt, welches besorgniserregende Dinge benennt und trotzdem als Seelenbalsam wirkt, gerade recht. So konnte also dieser so schnell erzeugte Nachfolger die entstandenen Erwartungen ohnehin kaum erfüllen – obwohl hier etliches ebenso prächtig gelingt: Opulenz, Instrumentierung, Arrangements und Gestus pendeln sich fraglos auf vergleichbarem Niveau ein. Woran es mangelt? Nun, insbesondere an der Songsubstanz. Auch fehlen brillante Textzeilen, die Laufzeit ist kurz, das Cover vermittelt resignative Schlichtheit und vielleicht ist selbst der Zeitpunkt nicht perfekt.
Die Welt bleibt aufgewühlt, doch der Sehnsuchtsruf des Künstlers klingt nicht mehr leidenschaftlich und mahnend, sondern melancholisch. Ein Songtitel wie „We’re Only People (And There’s Not Much Anyone Can Do About That)" spricht Bände. Weitere Stichworte, die ins Ohr taumeln, lauten „Hangout" und „Disappointing". Doch – wer weiß – womöglich trifft diese aktuelle Erschöpfung erneut den Zeitgeist und macht „God’s Favorite Customer" somit zu etwas, was beim potenziellen Publikum trefflich verfängt …
Ein feines Album ist es allemal.