Natur- und Tierschutz ist die Passion der beiden Unternehmer Ingolf und Michael Winter. Für ihr aktuelles Filmprojekt über die Verschmutzung der Meere durch Plastik waren sie vor Kurzem wieder auf den Azoren zum Dreh vor Ort. Dabei erlebten sie etwas Wunderbares.
Wenn Ingolf und Michael Winter von ihren Expeditionen erzählen, erscheint das Wort „Begeisterung" für die Beschreibung dessen, was rüberkommt, fast zu schwach. Es ist ein Feuer, das in Vater und Sohn brennt, eine sprühende Leidenschaft, die aufflammt. So auch diesmal, als sie beim Interview von ihrer jüngsten Expedition auf den Azoren erzählen, wo ihnen etwas Einzigartiges passiert ist.
Bei Ingolf und Michael Winter ist es nicht übertrieben zu sagen, dass sie im Meer quasi zu Hause sind. Über 2.000 Tauchgänge hat alleine Ingolf Winter schon absolviert, Michael Winter kann mittlerweile auf mehr als 500 zurückblicken. Ihre Erlebnisse haben die beiden Unternehmer schon vor Jahren zu engagierten Kämpfern für die Natur gemacht. Schließlich gründeten sie mit ihrer Firma Prowin vor etwa zwei Jahren die Stiftung „proWIN pro nature", mit der sie zahlreiche Naturschutzprojekte im Ausland und auch hierzulande initiieren und fördern.
Ein Projekt, das den beiden momentan besonders am Herzen liegt, ist ein Film, der über die Verschmutzung der Meere durch Plastik aufklären soll und derzeit hauptsächlich auf den Azoren gedreht wird. Der renommierte portugiesische Unterwasser-Filmer Nuno Sá, der unter anderem regelmäßig für BBC und National Geographic unterwegs ist, konnte von Ingolf und Michael Winter dafür gewonnen werden. Regelmäßig sind sie bei den Dreharbeiten selbst vor Ort, wobei sie dann bei ihrem letzten Besuch im Juni etwas ganz Besonderes erleben durften. „Die Wetterbedingungen an dem Tag waren schlecht", beginnt Michael Winter zu erzählen. Der 33-Jährige wartet mit seinem Vater, Nuno Sá und einem Skipper auf der Insel Pico darauf, dass die Wal-Späher mit ihren Hochleistungs-Ferngläsern eine Sichtung melden. Und die kommt. Pottwale halten sich in den Gewässern vor der Insel auf. „Wir sind direkt ins Boot gesprungen", sagt Michael Winter. Eine Stunde etwa müssen sie fahren, doch es lohnt sich. Die Männer treffen auf zwei Pottwal-Kühe mit ihren beiden Kälbern. Eine wunderbare Begegnung. „Michael und Nuno sind gleich ins Wasser", erzählt Ingolf Winter. „Ich war noch nicht fertig. Dann sagte unser Skipper, ich solle warten und fuhr weiter". Ingolf Winter ist zunächst enttäuscht, doch der Skipper hat eine besondere Überraschung für ihn. Er bringt ihn zu einer Pottwal-Familie: Vater, Mutter, Baby. Ingolf Winter ist begeistert. Die Wale werden von einem Schwarm neugieriger Risso-Delfine umkreist. „Die sind immer sehr interessiert an den Walen", erklärt Ingolf Winter. Jedoch können diese Delfine, die fast vier Meter lang und bis zu 650 Kilogramm schwer werden, für einen Baby-Wal auch gefährlich werden. Deshalb haben die Wal-Eltern die Delfine genau im Auge. Ingolf Winter beobachtet, dass die Wal-Mutter zur Abschreckung ihr riesiges Maul geöffnet hat und ihre stattlichen Zähne zeigt, die bei einem Pottwal um die 20 Zentimeter lang sind. Ingolf Winter jedoch kommen die Risso-Delfine sehr entgegen. „Die Wale waren abgelenkt, dann hat man als Mensch die Chance, näherzukommen." Mittlerweile hat der Skipper kehrt gemacht, Michael Winter und Nuno Sá aufgesammelt und sie auch zu der Wal-Familie gebracht. Die drei Taucher nähern sich vorsichtig den riesigen Tieren. Deshalb vorsichtig, denn das größte räuberisch lebende Tier der Erde ist sehr sensibel. „Vom Boot reinspringen geht gar nicht", erklärt Michael Winter. „Die Tiere sind schreckhaft und scheu." Langsam ins Wasser gleiten und sich mit reduzierten Bewegungen nähern, lautet die Devise bei Walbegegnungen, sonst tauchen die Meeresriesen ab und sind weg.
Wal-Mutter zeigt ihre Zähne
Behutsam bewegen sich die Naturschützer auf die Pottwale zu. Die Wellen und die Strömung an diesem Tag sorgen dafür, dass die drei Männer zu den Walen hingetrieben wurden. Plötzlich wird die Walmutter angesichts der neuen Besucher anscheinend unsicher. Sie stellt sich vor Michael Winter senkrecht im Wasser auf. „Sie hat mich mit ihrem Klicksonar überprüft." Dieser Sonar hilft Pottwalen bei der Ortung ihrer bevorzugten Beute: Riesenkalamare, die in den Tiefen der Ozeane leben. Um sie zu jagen, tauchen die Wale bis zu 1.000 Meter tief. „Den Sonar spürt man auf der Haut", sagt Michael Winter. „Wie eine Pressur. Die Kuh hat mich dann für gut befunden." Und dann passiert das, was Vater und Sohn ins Schwärmen bringt. Die Kuh dreht sich zur Seite und stillt ihr Kalb, ungeachtet der Menschen oder der Delfine. Ein magischer Moment, die drei Taucher sind aus dem Häuschen. „Es war einfach unbeschreiblich", sagt Ingolf Winter. Nie zuvor hat er so etwas erlebt. Auch Nuno Sá versichert später, dass er so etwas in den 15 Jahren seines Schaffens noch nie beobachten konnte. Offenbar war es Zeit für das Wal-Baby zu trinken, denn es muss immerhin 300 Liter Milch am Tag zu sich nehmen.
Die Risso-Delfine ziehen schließlich ab, das Ganze scheint für sie dann doch langweilig zu werden. Die Menschen sind mit den Walen alleine. Miniklein schweben sie neben den Riesen im Wasser. Um die 20 Meter messen Pottwal-Bullen und haben im Schnitt ein Gewicht von 50 Tonnen, Weibchen erreichen bis zu zwölf Meter und 15 Tonnen. „Es ist, als ob man mit einem Omnibus oder einer Lokomotive im Wasser ist", sagt Ingolf Winter. Alleine mit ihren riesigen Fluken könnten diese Tiere einen Menschen mit einem Schlag töten. Mit ihren Zähnen könnten sie ihn mit Leichtigkeit zerreißen. Doch der Pottwal-Familie vor den Azoren kommt nichts davon in den Sinn. Im Gegenteil. Als Michael Winter mit seiner Kamera so nah an die Mutter herangetrieben wird, dass er sich mit der Hand an ihr abstoßen muss, lässt sie sich das gefallen. „Das war ein ganz besonderer Moment für mich", erinnert sich der junge Naturschützer. Die Pottwal-Eltern werden schließlich so entspannt, dass sie plötzlich abtauchen, um auf Jagd zu gehen und ihr Junges mit den fremden zweibeinigen Wesen alleine lassen. „Das Baby tauchte ein Stück mit und kam dann wieder nach oben, weil es noch nicht so tief tauchen konnte", erzählt Michael Winter. Das etwa drei Wochen alte Tier mit den Körpermaßen eines ausgewachsenen Elefanten sucht schließlich gezielt die Nähe der Taucher und schwimmt neugierig auf sie zu. „Wir sind mit ihr durchs Wasser getrieben, dann hat sie mal mit dem Kopf meine Kamera berührt", sagt Michael Winter sichtlich gerührt. „Es hat wohl auch gespürt, dass wir ungefährlich sind, weil Mama und Papa uns akzeptiert haben", glaubt Ingolf Winter. Das Wal-Baby lässt sich auch anfassen, die Menschen spüren die weiche Haut des jungen Tieres. Erwachsene Pottwale haben eine sehr harte Haut, die sie vor den Tentakeln der Riesenkalmare schützt. Diese Haut muss sich bei den Jungtieren erst noch entwickeln.
Plastik kommt zu den Menschen zurück
Ingolf und Michael Winter sind immer noch tief bewegt von der einzigartigen Begegnung. Diese und viele andere Erlebnisse sind es, die bei den beiden Naturschützern eine tiefe Demut auslösen und die treibende Kraft für ihre Naturschutzarbeit sind. Wie zum Beispiel der aktuelle Film, der im kommenden Jahr fertig werden soll. „Wir möchten die Schönheit unserer Welt zeigen, damit sich eine Faszination entwickelt und der Wunsch entsteht, das zu erhalten. Und das, was bedroht ist, zu retten", so Ingolf Winter. Das vorrangige Zielpublikum sind Kinder und Jugendliche, weshalb der Film zunächst in Deutschland, dann in Portugal und wenn möglich noch in vielen anderen Ländern an Schulen gezeigt werden soll. Neben den Schönheiten der Meere lernen die Zuschauer aber auch die zerstörende Kraft des Plastikmülls kennen. „Der Film handelt von den ganzheitlichen Auswirkungen von Plastik im Meer", sagt Michael Winter. „Zum Beispiel Schildkröten, sie fressen Quallen. Eine Plastiktüte, die im Meer treibt, sieht so ähnlich aus", ergänzt Ingolf Winter. „Oder kleine Plastikschnipsel, die auf den Wellen treiben. Vögel glauben, es wären kleine Fische. Sie füttern damit ihre Babys." Die jungen Vögel verhungern mit vollem Bauch. Und letzten Endes kommt das Plastik, das durch den Menschen im Meer landet, wieder zu ihm zurück. Immer öfter wird Plastik in den Mägen von Schnecken, Walen, Shrimps, Thunfischen und vielen anderen Meeresbewohnern gefunden. Die Plastikpartikel landen zwar nicht gleich in die Nahrungskette der Menschen, da die Fischmägen so gut wie immer vor dem Konsum entfernt werden. Die Frage ist lediglich, ob Schadstoffe durch Plastik in den Körper der Nahrungstiere übergegangen sind, was in Studien bereits nachgewiesen wurde. Und ob der menschliche Körper diese mit aufnimmt oder wieder ausscheidet. Hier sind noch sehr viele Fragen offen. „Der Film soll zu dieser Klärung beitragen", sagt Ingolf Winter. Er und sein Sohn hoffen, dass die Menschen stärker umdenken, achtsamer werden. Denn bei Plastik geht es um weit mehr als die obligatorische Einkaufstüte. „Die Herausforderung für jeden von uns in den nächsten Jahren, ist es, Makro- und Mikroplastik soweit als möglich zu reduzieren. In unserer Firma ist dies einer der Hauptschwerpunkte in der Produktentwicklung. Prowin-Produkte sind mikroplastikfrei." Ingolf Winter beachtet mit seinem Unternehmen auch das Thema Verpackungsmaterial in großem Umfang. Während der erste Film bald abgedreht wird, ist der zweite schon in Planung. Unermüdlich verfolgen Ingolf und Michael Winter ihre Mission. Denn, wie Ingolf Winter sagt: „Die Natur ist ein Wunder und muss unbedingt erhalten werden."