Vor allem in der Sommerzeit fürchten wir Zecken beziehungsweise die durch sie übertragbaren Krankheiten wie Borreliose und FSME. Wolf-Dieter Storl, Kulturanthropologe und Ethno-Botaniker, stellt in seinem Buch „Borreliose natürlich heilen" Alternativen zur Antibiotika-Therapie vor und gibt viele Tipps.
Herr Storl, wie kamen Sie dazu, sich eingehend mit dem Thema Borreliose zu beschäftigen?
Nach einem Zeckenbiss wurde ich selbst von der Borreliose befallen, bekam die Wanderröte (Erythema migrans) und danach ging es mir schlecht. Ich hatte keine Energie mehr und die Gelenke schmerzten. Ich konnte kaum Treppen steigen.
Wie sahen Ihre Recherchen zu Ihrem Buch „Borreliose natürlich heilen" aus?
Da ich schon einmal, nach einer Antibiotika-Therapie, an einer hefigen Superinfektion gelitten hatte, entschied ich mich, die ethnomedizinische Literatur zu durchforsten, um nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten zu suchen. Das traute ich mir durchaus zu, denn ich hatte mich als Anthropologe schon lange für Ethnomedizin interessiert und habe, jeweils ein Quartal lang, Vorlesungen zum Thema „Medical Anthropology" am Sheridan College Wyoming und vorher an der Kent State University in Ohio) gehalten. Die oft eher skurrilen Alternativkuren, die im Internet angepriesen werden, haben mich dagegen weniger interessiert.
Kann man Zecken bedenkenlos selbst entfernen?
Selbstverständlich kann man die Zecken selbst entfernen. Am besten mit einer Zeckenkarte oder einem Zeckenlasso. Sie mit den Fingern oder einer normalen Pinzette zu entfernen kann problematisch sein, denn dabei besteht die Gefahr, dass man sich den Mageninhalt der Zecke injiziert. Nach der Entfernung der Zecke kann man die Einstichstelle mit Teebaumöl oder einem anderen bakteriostatischen Mittel desinfizieren.
Muss man nach einem Zeckenbiss immer gleich zum Arzt, auch wenn sich keine roten Kreise um die Einstichstelle bilden?
Ängstliche Naturen mögen nach einem Zeckenbiss zum Arzt gehen, aber eigentlich ist das nicht notwendig. Man sollte wissen, dass nicht jede Zecke Borrelien – S pirochäten, die verantwortlich für die Lyme-Borreliose sind – beherbergt. Ein gesundes Abwehrsystem kann auch, leider aber nicht immer, die eindringenden Borrelien unschädlich machen.
Amerikanische Studien zeigen, dass bei einer Saugzeit der Zecke von zwölf Stunden keine Übertragung von Borrelien stattfindet; nach 24 Stunden besteht eine Übertragungsmöglichkeit von 30 Prozent, nach 48 Stunden geht die Übertragungsrate auf 100 Prozent zu. Also sollte man den Körper unmittelbar nach einem Ausflug im Grünen absuchen und die Zecke gleich entfernen. In Regionen, wo Holzbockbefall problematisch ist, kann man vorbeugend die Haut mit Zedernöl (Zedan), Nelkenöl, Teebaumöl, Pfefferminzöl und dergleichen einreiben. Auch eine basische Diät hilft, Zecken fernzuhalten.
Welche Symptome und Erkrankungen können Borreliose und FSME hervorrufen?
Theoretisch können Hunderte von Erkrankungen durch Zeckenstiche übertragen werden. Neben der Lyme-Borreliose etwa Rückfallfieber, Fleckfieber (Ricksettiosen), Babesiose, Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und etliche mehr.
Ein „Leitsymptom" der Borreliose-Infektion ist die Wanderröte, die jedoch bei lediglich 50 Prozent der Betroffenen auftritt. Ansonsten sind die Symptome dermaßen vielfältig und unterschiedlich, dass eine Diagnose äußerst schwierig ist. Mögliche Symptome sind Gesichtslähmung (Fazialisparese), Herzmuskelentzündung, taube Glieder, Kopfschmerzen, Schmerzen in Gelenken und Muskeln, die schubartig verlaufen und so weiter. Borreliose ist ein Meister der Tarnung und kann fast jede andere Krankheit nachahmen. Bei der Hälfte der Infizierten treten jedoch keine Symptome auf.
FSME ist äußerst selten. In sogenannten Risikogebieten in Süddeutschland, der Schweiz und Österreich konnten FSME-Viren in einer von 900 Zecken nachgewiesen werden. Bei 60 bis 70 Prozent der gebissenen Personen hat das Virus keine Folgen; bei 20 bis 30 Prozent bleibt es bei grippeartigen Symptomen, und nur bei fünf bis zehn Prozent entwickeln sich neurologische Symptome, die, vor allem bei Kindern, fast immer von alleine wieder gehen. Das Risiko einer dauerhaften Schädigung liegt bei 1 zu 78.000. Im Gegensatz dazu treten bei einer unter 32.000 FSME-Impfungen Nervenschäden auf.
Wie kann man feststellen, dass diese Symptome von einem Zeckenbiss herrühren?
Die Tests (ELISA, Western Blot) für Borreliose sind alles andere als eindeutig. Es kommt zu vielen falsch positiven sowie falsch negativen Resultaten. Diese serologischen Untersuchungen stellen lediglich den Antikörper-Titer fest, und dieser ändert sich fortwährend.
Sie schreiben, dass die Gabe von Antibiotika – die gängige Therapie der Schulmedizin – machtlos gegen Borreliose und FSME sei. Warum ist dies so?
Es besteht eine gute Chance die Borreliose-Spirochäten zu eliminieren, wenn man gleich in den ersten Tagen, sobald sich die wandernde Röte zeigt, ein Breitbandantibiotikum der Tetracyclin-Gruppe, etwa Doxycyclin, schluckt. Oft merken die Infizierten nicht, dass sie von einer Zecke gebissen wurden, und oft bleibt die wandernde Röte aus, derweil sich die Spirochäten vor dem Immunsystem tarnen und in schlecht durchblutetem Gewebe verstecken. Wenn ihr Milieu mit Antibiotika verseucht ist, dann können sie, ohne Stoffwechsel und Teilung, bis zu zehn Monate in Kapsel- oder Sporenform verharren. Auch wenn der Patient einige Wochen oder Monate am Antibiotika-Tropf hängt, werden sie wieder da sein, um sich umso schneller wieder in dem immungeschädigten Körper auszubreiten. Sie reagieren übrigens chemotaxisch und haben die Fähigkeit, antibiotische Gifte aus ihrem Körper schnell auszuscheiden.
Was FSME betrifft, da sind, wie bei allen viralen Erkrankungen, Antibiotika unwirksam. Auch eine Impfung ist problematisch, denn Viren ändern leicht ihre Struktur, wodurch die Impfung nutzlos wird. Übrigens wird die FSME-Impfung als „Zeckenschutzimpfung" verkauft, was eigentlich Betrug ist. Gegen Borreliose gibt es keine Impfung.
Wie kann man Borreliose und FSME natürlich heilen? Was empfehlen Sie?
Die karibischen Indianer vermochten die in der Karibik endemische, mit der Borrelien-Spirochäte eng verwandte Syphilis, nach glaubwürdig dokumentierten Berichten, erfolgreich zu heilen. Nicolas Poll, Leibarzt von Kaiser Karl V., berichtet 1517, dass rund 3.000 spanische Syphilitiker auf diese Weise kuriert wurden. Die Kur bestand aus täglicher Überhitzungstherapie (Hypertermie), also extrem heißen Schwitzbädern, der Einnahme eines ausleitenden, „blutreinigenden" Phytotherapeutikums, wie zum Beispiel die Abkochungen des Pockenholz-Harzes (Guajacum officinale), oder in Venezuela die Sarsaparille (Smilax aristolochiaefolia) und leichter Diät. Diese Therapie eignet sich ebenfalls bei der Behandlung von Lyme-Borreliose. Anstatt des seltenen und inzwischen geschützten Guajakholzes eignet sich die Karde (Dipsacus sylvestris; D. fullonum), die in der Traditionellen Chinesischen Medizin) als Xu Duan eine Rolle bei der Syphilistherapie sowie bei dem Symptomkomplex spielt, der die Borreliose umschreibt. Weitere naturheilkundliche Ansätze zur Behandlung der Borreliose sind in meinem Buch „Borreliose natürlich heilen" zu finden.
Welche Heilmethoden haben Sie an sich selbst erprobt?
Ich selbst konnte mich bei einer Borreliose-Infektion vor ungefähr 20 Jahren erfolgreich mit der erwähnten Therapie behandeln – sprich Überhitzungstherapie, Tinktur von der Kardenwurzel und Tee von den jungen Kardenblättern, dem Einreiben mit aromatischen, bakteriostatischen, ätherischen Ölen (H-14-Öl von Dr. Gerhard Orth, nach dem Rezept des Aromatherapeuten Dr. Jean Valnet) und der Anwendung von den Leberstoffwechsel anregenden Kräutern wie Löwenzahn, Wegwarte, Mariendistel.
Zecken sollen dieses Jahr ein noch größeres Problem darstellen. Warum?
Milde Winter werden allgemein für die vermehrte Anzahl von Zecken verantwortlich gemacht. Das ist jedoch nur eine Theorie. Eine andere plausible Sichtweise besagt, dass bei mildem Wetter die Zecken aktiv bleiben und nicht, wie bei frierenden Temperaturen, in die Winterstarre gehen; dabei erschöpfen sie sich, vergeuden ihre Energie und sterben schließlich. Meine persönliche Meinung ist, dass das gegenwärtige massive Sterben von Vögeln aufgrund von Agrargiften, Windrädern, Hauskatzen und Verkehr für die Zunahme der Holzböcke verantwortlich ist. Viele der Vögel haben die Zecken auf dem Speiseplan.
Würden Sie sich generell als Gegner der Schulmedizin bezeichnen oder greifen Sie in anderen Bereichen auch auf Schulmedizin zurück?
Ich bin absolut kein Gegner der Schulmedizin. Diese sollte sich jedoch erneuern und nicht zum Handlanger einer gewinnorientierten Pharmaindustrie werden. Die Wunderwaffen, wie etwa der Einsatz von Antibiotika, werden angesichts der Entwicklung von multiresistenten Keimen (MRSA, Krankenhauskeime und so weiter) stumpf. Vermeintlich eliminierte Krankheiten sind wieder auf dem Vormarsch. Es wird Zeit, sich wieder auf die Phytotherapeutika zu besinnen, wie es der renommierte Medizinprofessor Dr. Rudolf Fritz Weiß, Mitglied der Kommission E, forderte. Pflanzenheilkunde ist kein Glaube, sondern modernste empirische Analyse ihrer Inhaltsstoffe offenbart ein weites Wirkspektrum. Pflanzen haben während Jahrmillionen raffinierte Abwehrmechanismen gegen Mikroben, Viren und Pilze entwickelt, wobei die pflanzlichen Komponenten synergistisch zusammenwirken. Es gilt, diese zu erkennen und wieder zu nutzen.
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