Der vor 30 Jahren verstorbene Gert Fröbe war einer der wenigen deutschen Schauspieler, die Weltruhm erlangen konnten. Mit seiner Paraderolle als Bond-Gegenspieler Goldfinger ging er in die Filmgeschichte ein. Daneben glänzte er auch als Komiker und als Solist auf der Kleinkunstbühne.
Nachdem Gert Fröbe seine 1986 diagnostizierte Zungenkrebserkrankung und die Furcht, seine Stimme zu verlieren, überwunden hatte, war er glücklich wieder auf die Bühne zurückgekehrt. Sofort nahm er seine gefeierten Rezitationsvorstellungen mit verschmitzt-satirischen Texten von unter anderem Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz und Erich Kästner wieder auf. Theaterluft und Kleinkunst waren für den rothaarigen, sommersprossigen, 1,85 Meter großen Hünen mit der weichen, den sächsischen Dialekt niemals ganz ablegenden Falsett-Stimme trotz des internationalen Filmruhms das eigentliche Lebenselixier geblieben. Als er am Morgen des 5. September 1988 einen Herzinfarkt erlitt, war das für ihn daher kein hinreichender Grund, den abendlichen Auftritt in München mit seinem Erich-Kästner-Soloprogramm abzusagen. Pflichtbewusst absolvierte er sein Programm, und verstarb nur wenig später im Klinikum München-Großhadern im Alter von 75 Jahren. Fröbe war zwar kein zweiter Emil Jannings oder Heinrich George gewesen, aber einer der wenigen darstellenden Künstler aus der jungen Bundesrepublik, den man in der Welt gekannt und den die „New York Times" als den „wandlungsfähigsten Schauspieler Deutschlands" gefeiert hatte. Karl Gerhart „Gert" Fröbe hatte das Licht der Welt am 25. Februar 1913 in Oberplanitz bei Zwickau erblickt, damals eine kleine sächsische Bergarbeiterstadt. Er wuchs gemeinsam mit seiner Schwester Hanni in bescheidenen Verhältnissen auf. Sein Vater Otto Johannes Fröbe führte im Familienhaus ein kleines Geschäft für Lederwaren und eine Schuhreparaturwerkstatt, Mutter Alma verdiente als Näherin etwas dazu. Als Fröbe im Alter von fünf Jahren den Zirkus Sarrasani besuchte, verspürte er nach eigenem Bekunden den glühenden Wunsch, selbst einmal Clown zu werden. Eine Rolle, die ihm lag, weil er schon früh die Leute zum Lachen bringen konnte. Beispielsweise mit seinem Puppentheater, das er zum fünften Geburtstag geschenkt bekommen hatte und mit dessen holzgeschnitzten Figuren er Vorstellungen für die Kinder aus der Nachbarschaft organisierte. „Im Grunde ist er ein Clown", sollte daher auch viele Jahre später noch Erich Kästner dem erfolgreichen Schauspieler attestieren.
In jungen Jahren umjubelter Stehgeiger
Die Eltern ermöglichten ihrem Sohn den Besuch des Gymnasiums in Zwickau und schickten ihn sogar zum Klavier- und Geigenunterricht. Eine Entscheidung, die sich für die beschränkte Haushaltkasse als Glücksgriff erwies, da der jugendliche Fröbe als Kopf eines Tanzmusiktrios unter dem Spitznamen „Dor rode Geicher von Zwigge" zum umjubelten Stehgeiger in Zwickauer Gast- und Kaffeehäusern aufstieg. Mit 17 Jahren durfte er sogar die Solovioline einer Beethoven-Sonate mit großem Orchester im Mitteldeutschen Rundfunk Leipzig spielen.
In der Schule hingegen war er weniger erfolgreich. Er blieb zweimal sitzen und vermasselte auch die Abiturprüfung. Einzig in den Fächern Mathematik, Musik und Zeichnen zeigte er etwas Ehrgeiz. Als er in seiner Klasse ausgerechnet die Schauspielerei als seinen Berufswunsch bezeichnete, wurde er von seinen Mitschülern ausgelacht und von seinem Lehrer gehänselt, weil er regelmäßig beim Gedichtaufsagen durchgefallen war: „Ich zweifle nicht an Ihrem Talent, aber Sie werden doch mit dem Textbuch auf die Bühne gehen müssen."
Das hatte sich Fröbe womöglich zu Herzen genommen, denn plötzlich wollte er – auch dank eines Mäzens – Bildende Kunst studieren, da er schon als Abiturient mit einer eigenen Gemäldeausstellung aufwarten konnte. 1933 bekam er eine Lehrstelle an der Sächsischen Staatsoper Dresden, allerdings nicht als Schauspieler, sondern als Bühnenmaler. Er schloss Freundschaft mit dem von ihm bewunderten Mimen Erich Ponto und konnte diesen überreden, ihm ersten Schauspielunterricht zu geben. Sein Lehrlingsgehalt besserte er durch den Verkauf selbst gemalter Postkarten auf, die sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg bei amerikanischen Soldaten großer Beliebtheit erfreuen sollten. Als Ponto 1936 nach Berlin wechselte, folgte Fröbe seinem Lehrmeister und bestand noch im gleichen Jahr die Schauspielprüfung.
Nach ersten Engagements in Wuppertal und Frankfurt ging er 1939 ans Wiener Volkstheater, wurde Mitglied der NSDAP und knüpfte erste Kontakte zum Film, indem er für den Dokumentarfilm „Historie der Puppe" die Figuren modellierte und im Kurzfilm „Wagen Nr. 1 kämpft sich seinen Weg" unter Regisseur Ulrich Kayser erstmals vor der Kamera stand. 1944 hatte er als Bauer im Streifen „Die Kreuzlschreiber" einen weiteren kleinen Filmauftritt. Ein Engagement am Wiener Burgtheater kam nicht mehr zustande, da Fröbe als Soldat zur Infanterie einberufen wurde.
Seine NSDAP-Mitgliedschaft – er war 1929 mit 16 Jahren ein- und 1937 wieder ausgetreten – war bei der Veröffentlichung von „Goldfinger" von der englischen Boulevardpresse zum Skandal aufgebauscht worden. Das führte sogar dazu, dass der Film in Israel zeitweise verboten wurde. Der Wirbel legte sich erst, nachdem sich eine jüdische Familie meldete und berichtete, das Fröbe sie während der NS-Zeit in Wien versteckt und unterstützt hatte.
Nach dem Krieg entdeckte Fröbe in München sein Talent als Komiker, Pantomime, Jongleur, Brettl-Schauspieler, Kabarettist und Rezitator, erhielt 1946 eine Anstellung bei den Münchner Kammerspielen und war bei den ersten Münchner Nachkriegskabaretts „Gonghaus" und „Bunter Würfel" aktiv. 1947 trat er sogar noch gemeinsam im „Simpl" mit Karl Valentin auf, dem er damals optisch als spindeldürre, gerade mal 58 Kilogramm wiegende Bohnenstange durchaus etwas ähnlich sah. Seine erste Kinohauptrolle 1948 verdankte er letztlich auch seinem Aussehen, denn in Robert Adolf Stemmles „Berliner Ballade" spielte er einen treuherzig-hilflosen Kriegsheimkehrer, dessen Name „Otto Normalverbraucher" in die deutsche Sprache eingehen sollte. Der Streifen wurde zwar von den Kritikern gelobt, fiel jedoch beim Publikum komplett durch, was Fröbe angelastet wurde, der daraufhin jahrelang nur Nebenrollen bekam.
Durchbruch mit Rolle des Kindermörders
Erst als ihn das französische Kino 1955 mit Filmen wie „Die Helden sind müde" von Yves Ciampi oder 1957 „Der Mann, der sterben muss" von Jules Dassin für sich entdeckte, kam die Karriere des Charakterdarstellers, dessen ständig wachsender Leibesumfang gewissermaßen das deutsche Wirtschaftswunder widerspiegelte, auch in Deutschland so richtig in Schwung. Mit der Rolle des Kindermörders Schrott in Ladislao Vajdas „Es geschah am helllichten Tag" gelang ihm 1958 der Durchbruch. Seine eindringliche Darstellung des Verbrechers war so überzeugend, dass das internationale Filmgeschäft auf ihn aufmerksam wurde und ihm dies 1964 seine berühmteste Rolle, die des Auric Goldfinger, Gegenspieler von Sean Connery als James Bond, einbringen sollte.
„Goldfinger", einer der faszinierendsten Schurken der Filmgeschichte, machte Fröbe zu einem Weltstar. Auch wenn Fröbe selbst das etwas anders gesehen hatte: „Ich bin glücklich, wenn man mich für einen vernünftigen Schauspieler hält – aber ein Star bin ich nicht." Dabei rissen sich berühmte Regisseure von Lucchino Visconti für „Ludwig II." anno 1972 bis Ingmar Bergmann für „Das Schlangenei" 1977 um seine Mitarbeit. Und auch, wenn er sich beim Publikum hauptsächlich als Gangster vom Dienst unsterblich gemacht hatte, hatte er doch auch als Komiker für Furore gesorgt. Beispielsweise in „Der Pauker" 1958 an der Seite des von ihm bewunderten Heinz Rühmann oder in „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten" 1965. Seine Vielseitigkeit stellte er aber auch mit Rollen wie die des scharfsinnigen Kommissars in drei „Dr. Mabuse"-Thrillern zwischen 1960 und 1962 oder der Titelfigur im Kinderfilm „Der Räuber Hotzenplotz" eindrucksvoll unter Beweis. Auch den skrupellosen Geschäftsmann der Wirtschaftswunderjahre konnte niemand besser auf der Leinwand darstellen als Fröbe in „Das Mädchen Rosemarie" oder in „Menschen im Hotel".
Drei Kinder und fünf Ehen
Dass er kein schöner Mann war, hatte Fröbe, der fünfmal verheiratet war und drei Kinder hatte, von denen zwei adoptiert
waren, zeitlebens belastet: „Mit meinem Gesicht hätte ich nie einen Liebhaber spielen können, aber eben Gangster. Dieser Fresse glaubt man eher, dass sie die eines Zuhälters ist." In den 70er-Jahren wurde die Kleinkunst wieder zu seinem wichtigsten Betätigungsfeld, er tourte mit dem Solo-Programm „Durch Zufall frei" durch die Lande und machte Christian Morgensterns zaudernde Hausschnecke dank seiner Fähigkeit zur dramatischen Mimik zu seiner Paraderolle. Auch in Fernsehproduktionen wie „Der Raub der Sabinerinnen", bei der er 1982 einen Theaterdirektor spielte, oder der Verfilmung des Kinderbuch-Klassikers „Der kleine Vampir", in dem er 1986 den bösen Vampirjäger Geiermeier mimte, war er gelegentlich zu sehen. Seine Memoiren wurden 1988 unter dem Titel „Auf ein Neues, sagte er… Und dabei fiel ihm das Alte ein" veröffentlicht. Seine letzte Rolle, die eines Hundertjährigen im ZDF-Quotenrenner „Die Schwarzwaldklinik" mit dem Folgentitel „Hochzeit mit Hindernissen", war erst nach seinem Tod Ende März 1989 zu sehen.