Die Eisbären starten mit einer gewissen Euphorie in die neue Saison: Die Vorbereitung lief hervorragend. Jetzt heißt es, den Schwung mit in die Spielzeit zu nehmen.
ie Stimmung bei den Eisbären Berlin ist zurzeit prächtig. Für Neuzugang Mark Cundari ist das Ziel in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) deshalb auch eindeutig: „Wie alle in der Kabine glaube ich daran, dass wir in dieser Saison den Titel gewinnen können", sagte er Mitte August bereits dem „Tagesspiegel" in Berlin. „Wir haben definitiv ein Team, das es schaffen kann." Bei den Augsburger Panthern hatte der 28 Jahre alte Kanadier bereits die Möglichkeit, die Berliner in den vergangenen beiden Jahren als überlegenen Gegner kennenzulernen. Nun will er dazu beitragen, sie noch erfolgreicher zu machen. „Die Eisbären waren immer ein schnelles, technisch gutes Team. Aber in dieser Saison wollen wir die Gegner noch mehr unter Druck setzen", baut Cundari verbal schon einmal auf Angriff.
Genau das sei auch die Marschroute des Trainerstabs um den neuen Headcoach Clément Jodoin. „Sie haben ein gutes Gespür für die Situation hier und wissen, was sie tun. Der Stil passt zu den Spielern, alle sind sehr glücklich damit", lobte Cundari weiter im „Tagesspiegel". Dass die Berliner die neue Gangart bereits verinnerlicht haben, zeigte sich im Laufe der Vorbereitung. Nach einem ersten lockeren 4:1-Testspiel-Sieg gegen die Lausitzer Füchse warteten als nächstes ganz andere Kaliber. Beim Vorbereitungsturnier im tschechischen Pardubice gab es anspruchsvollere Aufgaben zu bewältigen. Gegner waren neben dem Gastgeber auch Admiral Wladiwostok und Slovan Bratislava, zwei Teams aus der starken Kontinental Hockey League (KHL). Doch für die Eisbären zurzeit keine ernsthaften Hürden, sie gewannen das Turnier mit drei Siegen aus drei Spielen. Als am letzten Tag auch Gastgeber HC Dynamo Pardubice mit 3:2 geschlagen wurde, war die gute Laune der Hauptstädter perfekt.
Zudem gab es noch eine Art Neuentdeckung zu feiern, denn Ersatztorwart Maximilian Franzreb spielte groß auf und nutzte die Chance während der Verletzung von Marvin Cüpper, um auf sich aufmerksam zu machen. Doch so neu ist Franzreb bei den Eisbären nicht, wechselte er doch bereits 2016 von den in den Konkurs gegangenen Hamburg Freezers nach Berlin.
„Er hat den Unterschied ausgemacht", lobte Trainer Clément Jodoin im „Tagesspiegel" seinen Torhüter, der drei Spiele in drei Tagen bestritt und dabei nur vier Gegentore kassierte. Franzreb wurde zum wertvollsten Spieler (MVP) gewählt und hatte maßgeblichen Anteil am Turniersieg gegen die namhaften Gegner unter anderem aus der russischen Liga (KHL).
Franzreb nutzte die Gunst der Stunde
Franzreb nutze die Gunst der Stunde, um seine Ansprüche auf mehr als nur die Rolle des zweiten Torhüters geltend zu machen. „Es ist ein offener Konkurrenzkampf um die Nummer eins, und ich denke natürlich, dass ich da jetzt näher herangekommen bin", sagte der 22-jährige Bad Tölzer dem Tagesspiegel.
Für die Eisbären bestritt Franzreb in den vergangenen beiden Spielzeiten nur fünf Spiele in der Deutschen Eishockey-Liga. Öfter war er beim Kooperationspartner der Eisbären in Weißwasser im Einsatz. Dort reifte Franzreb zum absoluten Leistungsträger. Bei den Lausitzern ist die Sorge nun groß, Franzreb in der neuen Saison zu verlieren. Erst recht nach den Auftritten zuletzt in Pardubice. Franzreb ist mit einer Förderlizenz ausgestattet und kann damit sowohl bei den Eisbären als auch in Weißwasser spielen. Viel spricht dafür, dass Franzreb in Berlin bleibt.
Einen sicheren Rückhalt, der seinen Kasten wie selbstverständlich sauber hält, können die Eisbären natürlich gut gebrauchen, denn der Fokus soll in der neuen Spielzeit auf die Abteilung Attacke gelegt werden.
Für Angriffslust steht dabei auch Neuzugang Mark Cundari. In der Verteidigung übernahm er in Berlin die Planstelle seines Landsmanns Blake Parlett, der zu den Kunlun Red Stars in die KHL wechselte. Während Parlett zumeist als deftiger Abräumer agierte, glänzte der läuferisch starke Cundari in Augsburg auch vor dem gegnerischen Tor. Mehr als 30 Scorerpunkte brachte er in den vergangenen beiden Spielzeiten in die Wertung und zählte damit zu den gefährlichsten Abwehrspielern der DEL. „Statistisch betrachtet werde ich wohl als Offensiv-Verteidiger gesehen", sagte er, möchte aber keineswegs als „eindimensionaler" Spieler abgestempelt werden: „Ich kann alle Positionen spielen und werde alles tun, was von mir erwartet wird", teilte Cundari dem „Tagesspiegel" mit.
Der Wechsel zu den Eisbären war für Cundari kein Problem, trotz des bestehenden Niveauunterschieds zu Augsburg. Da das Spielsystem in Berlin bestens zu seinen Stärken passt, aber auch, weil in der Hauptstadt „mehr Leute Englisch sprechen als in Bayern". Zudem ist ihm vertraut, was er nun wieder auf und neben der Eisfläche erlebt: „In einem Club mit größerem Budget ist die ganze Atmosphäre ähnlich wie bei einem NHL-Team", sagte er dem „Tagesspiegel" weiter. In der besten Eishockey-Liga der Welt stand Cundari acht Mal für die Calgary Flames auf dem Eis – nicht gerade oft. Sein Problem: Für einen Verteidiger ist er mit 1,75 Metern eher klein geraten. Als er mit Anfang 20 auf dem Sprung in die Liga war, setzten die meisten NHL-Teams noch auf wuchtigere Abwehrspieler. „Das soll aber keine Entschuldigung sein, sagt Cundari. „Ich war damals noch etwas unreif und habe mich zu sehr auf mein Talent verlassen." Das sei nun anders, auch weil er seit seinem Wechsel nach Deutschland wieder befreiter aufs Eis geht: „Hier kann ich Eishockey wieder genießen, weil es um die Liebe zum Spiel geht, nicht nur ums Geschäft."
Etwas vom Geschäft Eishockey versteht mit Sicherheit auch der neue Co-Trainer der Eisbären, Gerry Fleming. Zuletzt war Fleming Headcoach bei den Bakersfield Condors, dem Farmteam der Edmonton Oilers. Es hat den Anschein, dass Fleming perfekt zu Cheftrainer Clément Jodoin passt. In der Saison 1998/99 lernten sich die beiden kennen. Jodoin war Co-Trainer bei den Montréal Canadiens in der NHL, Fleming assistierte beim Farmteam Fredericton Canadiens, wo er zuvor viele Jahre Spieler war. „Wir haben uns damals viel ausgetauscht, er war ein guter Lehrer für mich", sagte Fleming der „Berliner Zeitung".
Wenn die Fans der Eisbären die beiden an der Bande agieren sehen, wirkt das schon jetzt sehr eingespielt und schürt die Hoffnung der Anhänger: Da geht was!
Die ersten beiden Heimspiele in der Champions Hockey League vergangenen Freitag (3:5 gegen EV Zug) und Sonntag (2:3 gegen HC Kometa Brno) gingen jedoch erst einmal deutlich daneben, hier droht das frühzeitige Aus.