Welch wunderbare, nicht mehr wirklich zu erwartende Überraschung „Live At Ronnie’s Club" ist! Die studierte Jazz-Pianistin Norah Jones packt ihr allzu oft in seichte Folk-Pop-Soul-Outfits gestecktes Repertoire endlich wieder, teils sogar erstmals, in so schlichte wie schmucke Jazz-Gewänder. Unglaublich lässig, unfassbar elegant, bezaubernd selbstverständlich. Ja, so, als wäre sie keine 16 Jahre lang die Pop-Charts rauf- und runtergeritten.
Und: Es scheint ihre leichteste Übung zu sein – wie diese wunderbare Live-DVD eindrucksvoll belegt. Aufgenommen wurde sie an vier Tagen im schummrigen Londoner Traditional-Jazz-Club. Es ist zugleich Augen- und Ohrenweide, wie Miss Jones ihre Finger über die Tasten des Flügels gleiten, hüpfen, streicheln, klopfen, perlen lässt.
An ihrer Seite hat sie mit Brian Blade am Schlagzeug und Christopher Thomas am Zupf- beziehungsweise elektrischen Bass zwei Meister ihres Fachs, die ihre Kunst immer in den Dienst der Hauptakteurin stellen. Sie legen die köstlich swingende, famos pulsierende Basis für Songs, die hier in erfrischend neuem Glanz erstrahlen, sich freischwimmen vom Mainstream-Diktat, sich Turbulenzen erlauben, Strudel und Varianten, Verschiebungen und Innehalten, aber auch: souveräne Bescheidenheit. All das bekommt diesen Liedern vorzüglich, weil sie im Kern Charisma und Substanz haben. Ja, und auch weil sie jedem im Ohr, sprich längst pop-historisches Allgemeingut sind. Man bestaune nur die Metamorphose des Grammy gekürten „Don’t Know Why" (vom Platin-Debüt „Come Away With Me") zu wunderschönem Kammer-Jazz. Auch scheint es, dass die Stimme von Norah Jones in diesem Kontext heller, weicher und wärmer denn je strahlt. Im 20-minütigen Interview bekennt sie ihre tief verwurzelte Liebe zum Jazz und lobt das Ambiente des Clubs genauso wie die Andächtigkeit des Publikums. Wir, die nicht dabei sein durften im vergangenen Herbst, genießen diese Konserve – inklusive zweier fabelhafter Cover-Tracks (Neil Young, Duke Ellington).