Die Wahl Donald Trumps ins Weiße Haus ließ Natalie Prass den Nachfolger ihres gefeierten Debüt-Albums noch einmal komplett umschreiben. Weil ihre grenzenlose Empörung irgendwohin musste… Man findet sie, beziehungsweise deren Ausdruck, nun auf „The Future And The Past". Eine Lupe braucht man dazu nicht. Heftig kopfschüttelnd empfängt uns die 32-jährige Singer-Songwriterin aus Cleveland, Ohio, sogleich mit dem Satz „I can’t believe the things I hear" (Ich kann nicht glauben, was ich höre), um fortzufahren mit „…what is truth and what is fear?" (Was ist Wahrheit und was Angst?).
Tja, gute Frage. Dazu bollert schnittiger Funk wie aus den 80ern. Hatte die Musikerin auf ihrem Erstling von 2015 musikalisch nicht noch leidenschaftlich die 70er durchpflügt? Hatte sie. Nun stehen Prince und Michael Jackson Pate für vieles. Wer die 80er-Jahre erlebte, dem schlägt hier also enorme Vertrautheit entgegen. Man höre sich nur die quirlig-ohrwurmigen „Oohs" der ersten Single-Auskopplung „Short Court Style" an… „Im Soul und im Rhythm’n’Blues ist alles drin, was ich liebe" gestand Natalie Prass erstaunten Interviewern, die mit der Fortsetzung eleganter Soul-Pop-Klänge gerechnet hatten. Nun, dieser neue Sound ist jedenfalls äußerst melodieselig und schwelgerisch. Und tanzbar. Und hitverdächtig. Prass wollte das Ganze eben auch unbedingt nicht zu zornig oder traurig klingen lassen… Es sollte Raum für Optimismus bleiben.
„Nobody here is giving it up" (Niemand hier gibt auf) heißt denn auch sinnigerweise der allerletzte Satz. Bis dahin spüren wir reichlich Frauen-Power. „Sisters" hätte beispielsweise auch auf jedem Erykah-Badu-Album eine gute Figur gemacht, „Far From You" auf jedem von Joni Mitchell. Was belegt: Die 70er-Einflüsse sind nicht gänzlich eliminiert worden. Dass manches zwischendurch zu sehr in den Weichspülgang gerät, wird wohl dem Produzenten Matthew E. White geschuldet sein – der ja bekanntlich dazu neigt, es mit seiner Arrangierkunst (Synthesizer und Streichermeere) zu übertreiben. Die Zähmung dieser so charismatischen Widerspenstigen ist ihm Gott sei Dank nur ansatzweise gelungen.