Die Stockinger Manufaktur aus München baut seit 40 Jahren Safes und Panikräume. Kunden mit dem Wunsch nach Sicherheit findet die Firma in der ganzen Welt.
„Da sind Leute im Haus!", mit diesen Worten flüchtet eine geschiedene Mutter (Jodie Foster) mit ihrer an Diabetes leidenden Tochter (Kristen Stewart) in ihren Panikraum, während Einbrecher dabei sind, nicht nur ihr schickes New Yorker Stadthaus auszuräumen, sondern die beiden gleich noch umzubringen. Dabei muss das Mutter-Tochter-Gespann einiges durchstehen, ehe es seinen Fluchtort wieder lebendig verlassen kann.
Der Thriller „Panic Room" von Regisseur David Fincher stammt aus dem Jahr 2002 und hat in den Köpfen vieler Amerikaner einiges bewirkt. Jeder, der etwas auf sich hielt, wollte jetzt erst recht einen Panikraum haben. So entwickelte sich ein echter Sicherheitstrend, der so langsam auch nach Europa und damit nach Deutschland überschwappt. „Inzwischen nimmt die Nachfrage in Europa überproportional zu", resümiert Matthias Fitzthum, CEO Managing Partner bei der Stockinger Manufaktur aus München.
Hier bauen Experten schon seit über 40 Jahren Safes und Panikräume und installieren diese in der ganzen Welt. Dabei sind die speziellen Räume nichts anderes als geheime Fluchtbereiche innerhalb eines Hauses, die von außen nicht zugänglich sind, sobald sich jemand im Inneren befindet. Sie sollen in erster Linie Personen vor Überfällen schützen, sie eigenen sich aber auch als überdimensionaler Safe für Kunstwerke und andere Wertsachen.
Türen und Wände gepanzert
16 bis 20 Wochen brauchen die Konstrukteure bei Stockinger, ehe der Raum verschickt werden kann. Dazu kommen der Transport, Verzollungszeiten und drei bis sieben Tage vor Ort, um den Raum einzubauen. Dabei gehen die Mitarbeiter sehr diskret vor, damit niemand bemerkt, was da im Inneren eines Hauses gebaut wird. Mit einem Leergewicht von acht bis neun Tonnen ist es sinnvoll, den Saferaum noch vor dem Rohbau einzuplanen, um die Traglast der Decke zu gewährleisten. Während es noch in den 80er-Jahren Gang und Gebe war, Saferäume mit bunkerähnlicher Ausstattung im Keller zu planen, geht man heute dazu über, sie in der Nähe der Schlafzimmer zu installieren, um die Fluchtwege für die Bewohner möglichst kurz zu halten.
Damit sich wirklich niemand Zutritt verschaffen kann, wenn der Panikraum einmal verschlossen wurde, sind diese mit allerlei Sicherheitsvorkehrungen versehen. Die Tür und alle Wände sind gepanzert, eine eigene Sauerstoffversorgung ist installiert, und die Wände entsprechend verstärkt. Hierbei bieten Hersteller wie Stockinger unterschiedliche Sicherheitsstufen für ihre Kunden an. Die Auswahl reicht von VDS Sicherheitsstufe 3 bis hin zu Stufe 6. Während die Wände früher mit Beton ausgegossen wurden und dementsprechend umständlich zu installieren waren, kommt heute eine spezielle Paneel-Bauweise zum Einsatz. „Es gibt Elemente, die sind ein bis 1,50 Meter breit und bis zu vier Meter lang, im Grunde wie eine Rigips-Platte. Und die werden dann vor Ort montiert und zueinander verschweißt, deshalb ergibt das in der Summe eine homogene Oberfläche, genau wie bei einem Tresor", erklärt Fitzthum. Diese Bauweise ermöglicht es, bei gleichem Sicherheitsaufwand viel flexibler Panikräume zu installieren.
Dabei kümmert sich die Stockinger Manufaktur nicht nur um den Bau der Saferäume selbst, sondern auch um die zugehörige Sicherheitstechnik für das Gebäude und das Sicherheitstraining des Personals vor Ort. „Es gibt immer einen Raum vor dem Saferaum, wir nennen ihn den taktischen Vorraum", weiß der CEO. In diesem Raum lassen sich taktische Maßnahmen gegen Eindringlinge ergreifen, wie zum Beispiel der Einsatz von Reizgasen, Verriegelungstechniken, Vernebelungsanlagen und sogar Löschbomben, falls die Eindringlinge ein Feuer legen sollten. „Die Anlagen kann die Person im Saferaum bedienen und dem Angreifer das Leben damit zur Hölle machen", sagt der Experte.
Welche Gebäude über solche Geheimräume verfügen, verraten die Erbauer natürlich nicht. Schließlich wollen Kunden keinesfalls öffentlich machen, wie sie ihr Leben und ihren Besitz schützen. Klassische Merkmale wie Größe und Ausstattung der Panikräume sind individuell. Frei nach dem Motto „Protecting what you love", arbeitet das Münchner Unternehmen hier ganz nach den Wünschen des Kunden. Und der will oft nicht nur sein eigenes Leben und das seiner Liebsten beschützt wissen, sondern auch unersetzbare Wertgegenstände wie seltene Designertaschen, Bilder berühmter Künstler, Waffensammlungen und vieles mehr sicher verwahren.
Kosten um die 150.000 Euro
Einer der wohl ungewöhnlichsten Panikräume für einen solchen Wertgegenstand entstand in der Schweiz. Hier galt es, einen einzigartigen Rennferrari im Wert von rund 30 Millionen Euro zu schützen. Deshalb wurde kurzerhand aus einer überdimensionalen Garage ein aufwendiges und gleichzeitig wunderschönes Gesamtsicherheitskonzept. Durch das gepanzerte Garagentor kann der Besitzer sein Auto jederzeit hinein- und herausfahren. Neben dem Stellplatz für den Ferrari gibt es nun eine gemütliche Bar mit eleganter Gentleman-Couch einer italienischen Designer-Marke. Außerdem haben die Konstrukteure Platz geschaffen für eine Original-Ferrari-Werkstatteinheit aus den 60er-Jahren mit kompletter Werkzeugausstattung. Ein individueller Rückzugsort fast wie ein Themenpark.
Bei all den liebevollen Details sparen die Konstrukteure natürlich nicht an der hochwertigen Sicherheitstechnik. Ehemalige KSK-Einsatzkräfte leisten hier entsprechende Beratungsarbeit. Es gilt, Sicherheitsringe zu schaffen, um den Klienten möglichst frühzeitig vor einem Eindringling zu warnen und ihm zu ermöglichen, sich sicher in den Saferaum zurückzuziehen. Kameraüberwachung und Warnknöpfe im Gebäude reichen da längst nicht mehr aus. „Sicherheit ist eine unglaublich komplexe Sache geworden", weiß Fitzthum. Deshalb geht die Technik inzwischen ganz andere Wege, die Möglichkeiten reichen hier von versteckter Drohnenabwehr bis hin zu sogenannten Deadman-Buttons, die Mitarbeiter am Körper tragen. Sobald ein Mitarbeiter am Boden liegt und innerhalb einer festgesetzten Zeit keinen speziellen Code eingibt, wird automatisch die Alarm-Kette ausgelöst.
Über viele andere Details dieser umfassenden Arbeit spricht man nicht, aus Sicherheitsgründen. Waren sie früher überwiegend am Hab und Gut der Bewohner interessiert, während diese außer Haus waren, gehen Diebe heute anders vor. Sie überfallen gezielt die Bewohner, um deren Sicherheitscodes zu entlarven und sich Safes öffnen zu lassen. Deshalb ist es für Personen des öffentlichen Interesses sowie für Kunst- und Antiquitätensammler von größter Wichtigkeit, dass ihnen niemand zu nahekommen kann. Die Kosten für einen „Standard-Panikraum" belaufen sich auf etwa 150.000 Euro. Nach oben sind kaum Grenzen gesetzt.