Die Brüder Daniel und Dennis Decker treten gemeinsam mit der Turnerin Michelle Reichrath in der TV-Show Ninja Warriors bei RTL auf. Was wie Spaß aussieht, entpuppt sich als harte Arbeit.
Spiel ohne Grenzen – zumindest bei den etwas älteren Leserinnen und Lesern kommen bei diesen drei Worten Erinnerungen an eine ganz andere Fernsehzeit auf.
Zwischen 1965 und 1980 lockte die Sendung in ganz Europa Millionen Menschen vor die Fernsehgeräte. Danach wurde sie aus Kostengründen zumindest in Deutschland eingestellt. Und doch ist die Show, bei der sich Mannschaften aus verschiedenen Städten unterschiedliche Geschicklichkeits- auch sportlichen Aufgaben stellen mussten, so was wie die Großmutter heutiger Fernsehformate – etwa den Ninja-Warriors von RTL, deren dritte Staffel in der vergangenen Woche angelaufen ist. Auch dort müssen Kandidaten verschiedene Hindernisparcours überwinden, fehlerfrei und möglichst schnell. Für die neue Staffel haben sich mit Turnerin Michelle Reichrath vom TV Bous und den Brüdern Daniel und Dennis Decker – sie ringen beim Bundesligisten KV Riegelsberg – auch drei Saarländer beworben. „Es gibt jedes Jahr Tausende von Bewerbern, von denen nur ein Teil zum Casting eingeladen wird", erklärt der 21-jährige Daniel, der es bei der letzten Staffel schon einmal ins Hauptfeld geschafft hatte, dann aber aufgrund eines Regelverstoßes disqualifiziert wurde: „Ich hatte mich an einem Seil festgehalten, statt an der daran befestigten Kugel. Die Regeln sind halt streng."
In jeder der sieben Vorrunden treten 50 Athleten im ersten, sechsteiligen Parcours an. Die besten 20 dürfen sich in der anschließenden Halbfinalqualifikation (fünf weitere Hindernisse in der gleichen Sendung) noch mal beweisen. Die 56 Besten aus sieben Sendungen schaffen es schließlich ins Halbfinale mit neun neuen Hindernissen. Die Hälfte davon kämpft im großen Finale um den Titel Ninja-Warrior 2018. „Doch dafür müssen sie einen ihnen alles abverlangenden Final-Parcours mit 18 Hindernissen bezwingen. Und dann wartet am Ende auch noch der über 20 Meter hohe Mount Midoriyama auf die Finalisten." So erklärt RTL das Format und seinen Ablauf.
Aufgezeichnet werden die Shows in Karlsruhe. „Die Anspannung ist enorm hoch, weil man den Parcours vorher nur einmal besichtigen darf. Dann hat man nur eine einzige Chance", sagt die 21-jährige Michelle, die gerade ihre Fachhochschulreife nachholt, „es sieht im Fernsehen so einfach aus, aber alleine die Abstände zwischen den Hindernissen sind enorm." Dazu kommt, dass es kein reiner sportlicher Wettkampf ist, sondern dass dazu ja auch die Fernsehproduktion gehört. Mit Interviews, dem Erstellen kleiner Präsentationsfilme und vielem mehr.
„Man hat nur eine einzige Chance"
„Es ist schon komisch, wenn du dich dann im Fernsehen siehst. Aber ich habe mir meinen Lauf vom letzten Jahr bestimmt 5.000 Mal angeschaut", sagt Daniel. Michelle ist eher zwiegespalten: „Die filmen auch ganz dicht, da sieht man jeden Muskel im Gesicht. Wenn ich angespannt bin, strecke ich immer die Zunge irgendwie raus. Furchtbar." Auch für den 22-jährigen Dennis war es die Fernsehpremiere: „Natürlich war ich aufgeregt, aber zu dritt war es auch ein Riesenspaß."
Daniel und Dennis sind echte Brüder. Nichts kann sie trennen, nur sie selbst. „Als Kind habe ich ihn mal mit einer Autoantenne verhauen", gesteht Dennis, Daniel kontert: „Dafür habe ich ihm einen Stein an den Kopf geworfen." Wegen ihrer „Energie" kamen sie dann zum Ringerkindergarten des KSV Köllerbach, wo sie es bis in die Bundesliga-Mannschaft geschafft haben. Eine ganzkörperliche sportliche Grundausbildung, die ihnen auch bei den Ninja Warriors zugutekommt. „Es braucht Mut – alleine schon, um zum Casting zu gehen", sagt Michelle, deren „Kampfname" in der Sendung „Teufelsweib" ist, „man braucht natürlich Ausdauer und viel Griffkraft, um sich an den Stationen festhalten zu können." Die hat die 21-Jährige eben vom Turnen. „Sie hat einfach ein tierisches Durchhaltevermögen", lobt Dennis, „außerdem verfügt sie über einen unglaublichen Orientierungssinn und Körpergefühl. Selbst wenn sie Salti macht, weiß sie immer genau, wo sie gerade ist."
Die drei sind richtig gute Freunde. Michelles beste Freundin ist die Lebensgefährtin von Daniel. Zu dritt sind sie bei der Cheerleader-Gruppe Green Bulls Saarbrücken aktiv, wo auch Dennis zeitweise mitgemacht hat. „Die Jungs kennen meine Eltern, ich ihre – das ist irgendwie alles eine große Familie", sagt Michelle, „während der Aufzeichnung haben sie mich immer wieder beruhigt, weil sie so lustig sind. Sie haben ihren eigenen Kopf – sind manchmal aber halt auch in ihrer eigenen Welt."
Die nicht sportartspezifischen Anforderungen der Fernsehparcours lassen sich nur schwer trainieren. Die drei Saarländer haben es neben ihren normalen Trainingseinheiten mit Bouldern, also Klettern, versucht. „Das ist gut für die Griffkraft", sagt Michelle, „außerdem gibt es in verschiedenen Hallen auch schon kleinere Parcours, die denen der Sendung nachempfunden sind." Die Anforderungen in den Studios sind vorab aber geheim und ändern sich auch. „Der Parcours wurde dieses Jahr noch verschärft", sagt Daniel, „es wurde sich der amerikanischen Show angenähert."
Wie die drei im Einzelwettbewerb abgeschnitten haben, dürfen sie noch nicht erzählen. Die Spannung bleibt also erhalten – klar ist aber schon, dass Michelle, Dennis und Daniel im kommenden Frühjahr am Mannschaftswettbewerb teilnehmen wollen. „Da wollen wir unsere Vereine, aber auch das ganze Saarland würdig vertreten", sagt Dennis. Den Plan hatten sie schon in diesem Jahr. Doch ein Verkehrsunfall auf dem Weg zur Aufzeichnung machte alle Finalträume zunichte. Zwar blieben alle weitestgehend unverletzt, das Auto war aber reif für die Schrottpresse. „Diesmal wollen wir es wissen", sagt Dennis mit gewissem Trotz in der Stimme. „Es ist einfach aufregend, Teil dieser Sache zu sein", meint Daniel und Michelle sagt nur: „Eine unglaubliche Herausforderung. Unglaublich nervenaufreibend, aber ein unglaublicher Spaß."
Das Spiel „Ninja Warrior" hat für die drei Saarländer Michelle Reichrath, Dennis und Daniel Decker gerade erst begonnen. Sie wollen die körperlichen und mentalen Grenzen weiter verschieben und mit dem notwendigen Glück, Millionen Fernsehzuschauer begeistern.