In Daniel Auteuils „romantischer" Geschlechterkomödie „Verliebt in meine Frau" gerät ein harmonisches Doppel-Date außer Kontrolle, als der Gastgeber wegen seiner Altherrenfantasien angesichts der verführerischen Freundin seines Freundes kapitulieren muss.
Die Gedanken waren, sind und bleiben stets gefährlich frei. „Die Liebe ist so unproblematisch wie ein Fahrzeug. Problematisch sind nur die Lenker, die Fahrgäste und die Straße", konstatierte schon der großartige Schriftsteller Franz Kafka (1883–1924) und meint damit nichts anderes, dass Machos eher lyrisch, Ehefrauen episch und die Ehe dramatisch strukturiert sind. Denn der „Ring macht Ehen, und Ringe sind es, die Ketten machen", wie es der bedeutsame Lyriker und Dramatiker Friedrich von Schiller (1759–1805) auf den Punkt brachte.
Unter diesem brisanten Menetekel des ehelichen Miteinanders und Gegeneinanders darbt auch Daniel (Daniel Auteuil) Seite an Seite mit seiner loyalen Ehefrau Isabelle (Sandrine Kiberlain) anscheinend glücklich vereint. Zumindest ist er sich dessen sicher. Das Yuppie-Pärchen bewohnt ein mondänes und stilvolles Vorzeigeappartement, die ideale Kulisse für ein exklusives Dinner zu viert. An einem schönen Samstag lädt er seinen besten und altbewährten Freund Patrick (Gérard Depardieu) zum Essen ein. Der nimmt die nette Geste dankend an und erscheint samt seiner neuen Flamme Emma (Adriana Ugarte), für die er seiner langjährigen Frau, einer Literaturdozentin, den Laufpass verpasst hat. Emma ist jünger, schöner und vor allem verdammt schärfer, mit idealen Proportionen für ihren Job in einer Bar. Daniel ist augenblicklich hin und weg, findet sich alsbald in testosterongesteuerten Fantasiewelten wieder.
Die Fantasie kennt keine Grenzen
Stiere Blicke, erotische Stunts in der nächtlichen Horizontalen, sogar ein romantischer Koital-Kurztrip in der Lagunenmetropole Venedig mit ihm als unwiderstehlichem Ritter und Reiter der Leidenschaften befeuern das mentale Lolita-Syndrom des in Höhepunkten schwimmenden Göttergatten. Immerhin ist doch das Gegenteil von knisternder Polygamie lähmende Monotonie und alles, was Männern im „besten Alter" Freude bereitet entweder unethisch, illegal oder macht dick. Einen dicken Hals bekommt indes seine bessere Hälfte Isabelle, die ob der obskuren Neuobsessionen und des merkwürdigen Verhaltens ihres Mannes recht genervt und stutenbissig auf ihre unfreiwillige Kontrahentin mit spitzen Bemerkungen reagiert. Auch Patrick wundert sich gewaltig. Daniels Sinn für Sinnlichkeit unterhalb der Gürtellinie macht doch wenig Sinn, zumal er vor Emma wie das Kaninchen vor der Königskobra hypnotisiert an der reich gedeckten Tafel hockt. Beim exquisiten Champagner, feinem französischen Spargel, zartem Lammbraten und süßen Schokowindbeuteln explodieren seine schlüpfrigen Phantasmagorien. Emmas lasziv geöffneter Mund und verkleckerte Dessertsoße assoziieren und inszenieren sein eigenes Kopfkino. Darin macht er sich sogar ernsthafte Gedanken über die Farbtönung von Emmas erträumtem Delta der Venus. Wie in den schäbigen Erotikmagazinen, die von skandinavischen Fernfahrern, vereinsamten Unteroffizieren, pubertierenden Oberschülern oder gepimpten Bodybuildern in Kabinen, Spinden und Schubladen ostentativ warten. Nahezu subversiv entgleist Daniel auch verbal und sorgt letztlich für ein höchst unromantisches Ende eines romantischen Abends …
Eine kurzweilige Filmperle
Herrlich unromantisch fokussiert Frankreichs Paradeprotagonist und Charakterfachspezialist Daniel Auteuil seine Menage à Quatre für wenige Stunden im Mikrokosmos eines schicken Wohnzimmers und wandelt dabei entfernt auf Woody Allens Spuren in „Mach’s noch einmal Sam", ohne dabei jedoch dessen selbstironische Distanz zu adaptieren. Dieses höchst amüsante und dialogwitzig pointierte Kinokabinettstückchen basiert auf dem Theaterstück „Amoureux de ma femme" des französischen Autors Florian Zeller, der auch hier das geschliffene Drehbuch adelt und in seiner Thematik das eherne Geschlechtergesetz „Frauen von heute sind das Problem für die Männer von gestern" perfektioniert. Daniel Auteuil, der mit seiner kurzweiligen Filmperle des Bühnenklassiker „Onkel Wanja" des russischen Novellisten Anton Tschechow (1860–1904) verweist, will harsche Realität in überschäumende Männerträume modifizieren: „Ich begegne einer jungen Schönheit und träume sofort von ihr, Realität und Vorstellung kollidieren. Es ist doch schön, zu fantasieren, aber auch die Freiheit der Träume ist für Paare enorm wichtig, vor allem nach einer sehr langen Zeit des Zusammenseins", erklärte er vor der französischen Tagespresse nach Beendigung der Dreharbeiten. Wie dem auch sei, der österreichische Publizist Alexander Roda Roda (1872–1954) kategorisierte diese Mann-Frau-Spielchen literarisch: „Ein Mann alleine ist Lyrik, zwei Männer eine Ballade, ein Mann und eine Frau eine Novelle, zwei Frauen und ein Mann ein Roman, zwei Männer und eine Frau ein Drama und zwei Männer und zwei Frauen ein Lustspiel." Die sehr lustige Genderschlacht über die Liebe zu seinen geheimsten Gelüsten kann der Zuschauer in der perfekten Performance von vier A-Klasse-Akteuren des europäischen Films bestaunen.