Mit Peter Jacoby steht der langjährige Finanzminister an der Spitze von Saartoto. In unserem Interview geht der 67-Jährige auf die Zukunft seines Unternehmens, aber auch auf die Probleme beim Landessportverband ein, der 42,5 Prozent Anteile an Saartoto hält.
Hand aufs Herz, Herr Jacoby. Was haben Sie gedacht, als Sie das erste Mal von den Problemen beim LSVS gehört haben?
Ganz ehrlich? Ich habe gedacht, das kann doch nicht wahr sein. Und da ist es mir wohl so gegangen wie allen anderen, die mit der Sache zu tun haben. Alle, mit denen ich gesprochen habe, waren nicht nur überrascht, sondern ausnahmslos alle waren wie vor den Kopf gestoßen.
Die Öffentlichkeit tut sich schwer zu glauben, dass ein Defizit in Millionenhöhe über Jahrzehnte unentdeckt bleiben kann. Wie lautet
Ihre Einschätzung?
Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass der LSVS Vertreter im Aufsichtsrat von Saartoto hat und nicht umgekehrt. Saartoto ist ein staatliches Glücksspielunternehmen, dessen Gesellschafter das Land und der Landessportverband sind und das nicht auf eigene Rechnung arbeitet, sondern dessen Erträge ausschließlich in Richtung Gemeinwohl fließen. Es gibt zwei Formen, wie Saartoto den LSVS finanziert. Das ist zum einen die gesetzlich geregelte und bundesweit einmalige Institution des Sportachtels, zum anderen gibt es anlassbezogene und ergänzende Förderungen im Rahmen von Aufsichtsratsbeschlüssen. Ob diese Mittel ordnungsgemäß verwendet werden, und wie sich konkret die Abläufe beim LSVS darstellen, entzieht sich unserer Kontrollmöglichkeit. Der LSVS ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Was wir allerdings einsehen können, sind die Prüfberichte und hier gilt: Wenn ich einen Prüfbericht bekomme, der ein uneingeschränktes Testat enthält, dann muss ich davon ausgehen, dass alles seine Richtigkeit hat. Alles andere müssen die weiteren Entwicklungen zeigen.
Es steht außer Frage, dass der LSVS von den Toto-Mitteln abhängig ist. Ist ein Rückgang der Lotterie- Gelder eventuell mit ursächlich für die Probleme beim Sportverband?
Ein ganz klares Nein. Diese Annahme ist schlicht falsch. Nehmen wir die Zahlen aus den Olympia-Jahren aus 2012 und 2016. Da sind durch das Sportachtel 12,4 beziehungsweise 13,6 Millionen Euro geflossen. Hinzu kamen Sonderzahlungen von jeweils rund 1,2 beziehungsweise 1,3 Millionen Euro in den jeweiligen Jahren. Richtig ist, dass es immer gewisse Schwankungen gibt, aber die Situation ist doch sehr stabil. Dies belegen gerade auch die Umsatzzahlen. 2012 lagen diese bei 111,9 Millionen Euro, vier Jahre später waren es 125,9 Millionen. Also eine erhebliche Steigerung und in der Folge dann eben auch eine Steigerung in der Zuweisung an den LSVS.
Dennoch schwebt die Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages ein wenig wie ein Damoklesschwert über den nationalen Lotterie-Gesellschaften. Davon könnte auch der Saar-Sport betroffen sein.
Ich bin kein Freund von Panikmache, sondern betrachte die Lage wie sie ist. Wir bewegen uns derzeit im rechtsgültigen Staatsvertrag von 2012, der seine Gültigkeit bis 2021 hat. Der Europäische Gerichtshof hat in einer Vielzahl von Urteilen bestätigt, dass die Mitgliedsstaaten im Einklang mit ihrer eigenen Werteordnung und vor dem Hintergrund ihrer kulturellen und gesellschaftlichen Traditionen befugt sind, den Bereich des staatlichen Glücksspiels selbst zu regeln. Die Regulierung dessen liegt also vorwiegend in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Folglich haben wir es in Deutschland doch eher mit einer politischen als mit einer gesellschaftlichen Aufgabe zu tun.
Es gibt seit Jahren heftiges Tauziehen vor allem um den Bereich der Sportwetten. Zwischenzeitlich war ein Konzessionsverfahren so gut wie eingetütet, dann wurde es doch wieder einkassiert. Es wird immer mit rechtlichen Bedenken argumentiert. Ist da überhaupt eine Lösung in Sicht?
In der Tat: An dieser Stelle hakt es erheblich. Erst sah es so aus, als wäre man auf einem guten Weg, doch dann wurde in Hessen das Konzessionsverfahren an die Wand gefahren und eine Neuregelung, die bei dieser Sachlage dringend geboten ist, kam bisher nicht zustande. Wir brauchen den Konsens aller 16 Bundesländer, wobei es nach Regierungswechseln auf Landesebene im vergangenen Jahr ein neues Tauziehen gibt, mit ungewissem Ausgang. Es ist wichtig, dass wir klare und wasserdichte Regelungen bekommen.
Gerade jüngere Menschen wetten online auf Sportereignisse. Es scheint, dass die staatlichen Lotteriegesellschaften tatenlos zusehen.
Dieser Eindruck täuscht. Wir sind als staatlicher Sportwettenanbieter Oddset/ODS leider zum Abwarten verdammt und dürfen erst dann mit unseren Angeboten ins Internet, wenn generell der Schwebezustand bei der Vergabe der Sportwettenkonzessionen überwunden ist. Erst dann haben wir gleiche Wettbewerbsbedingungen, wobei es allerdings darüber hinaus entschlossenen staatlichen Handelns bedarf, Illegalität und Wildwuchs, wie sie sich über Jahre hinweg entwickelt haben, zu bekämpfen. Dies kann bis hin zu sogenannten Bezahl-Blockierungen gehen. Auch angesichts der Tatsache, dass in den jüngsten Monaten da und dort eine Freigabe von Online-Casino-Spielen propagiert wird, möchte ich unter dem Strich festhalten, dass wir allen Grund zur Annahme haben, dass es in Deutschland keine Mehrheit gibt, die das Glücksspiel komplett deregulieren will. Denn Glücksspiel ist kein wirtschaftliches Gut wie jedes andere. In diesen Zusammenhängen sind gerade auch die saarländische Landesregierung und Saartoto argumentativ unterwegs und entsprechend engagiert.
Das heißt, der Saarsport kann auch künftig auf eine große Unterstützung durch Saartoto zählen?
Ich hatte die Zahlen ja schon genannt. Ich halte es für wichtig, dass wir insbesondere auch positive Signale senden. Saartoto ist ein gut aufgestelltes Unternehmen und wir blicken durchaus mit Zuversicht in die Zukunft. Optimierung bei Marketing und Vertrieb, Qualitätsmanagement, Serviceorientierung und die Ertüchtigung unseres Annahmestellen-Netzes werden bei uns großgeschrieben – alles natürlich auch mit dem Ziel, dass unsere Destinatäre Sport, Kultur, Umwelt und soziale Einrichtungen profitieren.
Einige Ihrer Vorgänger bei Saartoto wurden irgendwann auch LSVS-Präsident. Hat man Sie nie gefragt, ob sie sich dieses Amt vorstellen könnten? Als ehemaliger Finanzminister wären Sie ja geradezu prädestiniert gewesen?!
Ich glaube, dass sich die Zeiten da ein Stück weit geändert haben. Wir führen neuerdings breite gesellschaftliche Debatten über Compliance-Regelungen, was ich sehr begrüße. Für solche personellen Doppelungen hat die Öffentlichkeit weniger Verständnis als früher. Und das verstehe ich auch. Saartoto und der LSVS sind zwei getrennte Einheiten, die miteinander kooperieren. Daher sollte man die Führungsebenen auch trennen. Im Übrigen bin ich davon überzeugt, dass der LSVS mit Adrian Zöhler, als neuem Präsidenten, und seinen Mitstreitern im Präsidium alle Chancen auf eine gute Zukunft haben.