Seit einigen Wochen ist Adrian Zöhler neuer Präsident des Landessportverbands. Im Gespräch mit unserem Magazin lässt er durchblicken, dass er auf Bescheidenheit und solides Arbeiten setzen wird.
Auf den ersten Blick wirkt das Büro von Adrian Zöhler kalt und wenig einladend. Keine Kunst an den weißen Wänden, keine privaten Fotos auf dem Schreibtisch. Die wenigen Akten akkurat parat gelegt. „Meine Liebe zur Ordnung ist sicher ein Baustein, dass ich es so weit gebracht habe", sagt Regionalgeschäftsführer der Barmer GEK Krankenkasse. Nur ein Tipp-Kick-Spiel auf einem Aktenschrank lässt darauf schließen, dass Zöhler auch dem Sport verbunden ist. Der Vizepräsident des Saarländischen Fußballverbands ist seit wenigen Wochen auch Chef der größten Organisation im Saarland – des Landessportverbands (LSVS). „Sehr wohl weiß ich um die Bedeutung dieses Amtes und habe auch sehr schnell gemerkt, wie viele Personen an mir zerren", so Zöhler, „auf der anderen Seite hab ich es ja gerne gemacht. Ich habe mich bewusst um dieses Amt beworben. Ich wurde mit über 85 Prozent gewählt, das ist in meinen Augen ein sehr, sehr gutes Ergebnis unter den gesamten Umständen."
Mit über 85 Prozent der Stimmen gewählt
Der Finanzskandal und seine Folgen beschäftigt seit Monaten Funktionäre, Ministerien, Mitarbeiter, Sportler, Journalisten und die Öffentlichkeit. Und nicht nur die immer wieder beschworene, aber nie gelebte Transparenz der Aufklärung und Neuordnung hat zu viel Kritik geführt. „Ich bin jemand, der da offen mit umgeht. Kritiker gab es ja auch aus dem Lager der Leichtathleten, da hab ich ein Gespräch angeboten – und tatsächlich, innerhalb vom ersten Tag haben wir auch schon einen Termin gefunden, wo ich auch meine Ideen, meine Vorstellungen vorstellen möchte", sagte der 48-jährige Zöhler, „aber ich möchte umgekehrt auch hören, was lief wohlmöglich in der Vergangenheit schief, was können wir besser machen. Da geht es ein Stück weit auch um Kommunikation. Daran will ich arbeiten und versuchen, die Kritiker einzufangen."
Dass dies im derzeit eher vergifteten LSVS-Umfeld schwierig wird, weiß Zöhler: „Sobald man Entscheidungen trifft, trifft man womöglich auch Entscheidungen, die dem ein oder anderen nicht so gefallen. Damit muss man leben, aber der erste Schritt ist gemacht." Die allererste Entscheidung war, jedem einzelnen Mitglied des LSVS-Präsidiums künftig einen konkreten Aufgabenbereich zuzuteilen. „Wir können die gesamten Aufgaben, die auf uns zukommen, gar nicht bewältigen, indem wir regelmäßig alle vier Wochen eine Präsidiumssitzung machen, das funktioniert nicht", betont der Präsident, „deshalb müssen die Präsidiumsmitglieder in ihren Kommissionen oder Ausschüssen Vorarbeiten leisten."
Bodo Wilhelmi wird sich dem wichtigen Thema Finanzen annehmen. Gottfried Hares, der ehemalige Chef von Pizza Wagner, ist zuständig für Liegenschaften und Prozessmanagement und soll alle Strukturen des LSVS auf den Prüfstand stellen – von der nicht mehr zeitgemäßen Satzung über die Arbeitsaufteilung in den Geschäftsstellen bis hin zu konkreten Verhaltensregeln. Udo Genetsch bleibt verantwortlich für die Sportjugend, Sabine Glück und Margret Klein-Raber kümmern sich um die Sportentwicklung, Frank Liedke hat den Schwerpunkt Leistungssport, Joachim Meier Marketing und Kommunikation. Sie alle sollen verloren gegangenes Vertrauen aufbauen, den Saarsport in eine erfolgreiche Zukunft führen – in der Breite und der Spitze.
Finden und Fördern von Talenten als wichtiges Ziel
„Die Frage wird sein, welche Aufgaben hat überhaupt der LSVS? Was ist seine Marke, was ist seine Kernaufgabe? Und wo wollen wir auch in Zukunft auch weiterhin tätig sein", sagt Zöhler.
Angesichts der finanziellen Lage scheint es derzeit ausgeschlossen, auswärtige Sportler mit monetären Anreizen ins Saarland zu locken – wie es etwa bei Triathlet Jan Frodeno oder Tischtennisspieler Patrick Franziska der Fall war. „Wir haben nur einen begrenzten finanziellen Spielraum. Und innerhalb dieses Spielraums müssen wir kreativ sein, vielleicht auch neue Akteure mit ins Boot bringen, um tatsächlich auch wieder in Sportlerinnen und Sportler und Trainer investieren zu können", räumt Zöhler ein, „es wird wohl eher darauf hinauslaufen, dass wir die Talente, die wir haben, optimal fördern und versuchen, hier zu behalten." Denn Spitzensport sei notwendig, auch für Breiten- und Nachwuchssportler. „Wir haben eine tolle Breite, wir haben eine hohe Vereinsdichte im Saarland, wir sind da recht gut aufgestellt", sagt Zöhler, „es ist dann aber schön, wenn es hier Sportler gibt, die Olympia oder eine Weltmeisterschaft vor Augen haben und gemeinsam mit einem regionalen Talent trainieren. Und deshalb brauchen wir das auch."
Breite im Sport und das Finden und Fördern von Talenten muss künftig noch mehr in den Schulen stattfinden. Darum unterstützt der neue LSVS-Präsident auch eine Initiative der Landeselternvertretung an Gymnasien. Die fordert die Wiedereinführung der dritten und sogar die Schaffung der vierten Sportstunde für alle Schulen. „Da bin ich dafür, da werden wir auch noch mal die Kommunikation mit der Politik aufnehmen", will der neue LSVS-Präsident auch dicke Bretter bohren: „Ich habe selbst zwei Kinder, die zur Schule gehen, und ich finde es einfach schade, dass die nur zwei Schulstunden Sport haben. Ich weiß, wie viele Vereine an den Schulen in Form von AGs oder bei der Betreuung mit beteiligt sind. So unterstützen wir die Schulen ja auch ein Stück weit. Und insofern ist dann auch die Forderung der dritten und vierten Sportstunde berechtigt."
Adrian Zöhler muss als neuer LSVS-Präsident die Vergangenheit bewältigen und die Zukunft gestalten. Eine Aufgabe, deren Gelingen man in den kommenden Jahren sicher nicht an Medaillen ablesen kann, die für den Sport im Lande aber essenziell sein wird.