Der bekannteste Mörder der Filmgeschichte treibt 40 Jahre nach seinem ersten Leinwand-Auftauchen wieder sein Unwesen. Obwohl „Halloween" sich auf die bekannte Geschichte verlässt, hat der Film doch einige verblüffend gute Ideen.
Es ist fast ein Jahrzehnt her, dass Michael Myers zum letzten Mal von der Leinwand aus seinen Schrecken verbreitet hat. Und es ist noch viel länger her, seit sich das Halloween-Franchise in der Horrorlandschaft als erfolgreich erwiesen hat. Vor 40 Jahren war der geistesgestörte Serienmörder aus einer psychiatrischen Klinik ausgebrochen, brachte Teenager um und wurde dann scheinbar getötet. Teenager Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) kam knapp mit ihrem Leben davon.
Nach mehreren Fortsetzungen haucht ein neuer „Halloween"-Film der Gruselserie neues Leben ein. Ein Filmprojekt, das hätte mächtig schiefgehen können. Die Gefahr war groß, dass die alte Geschichte nach so langer Zeit dem jungen Publikum nichts Neues mehr zu bieten hat. Aber der Urlaub hat dem inzwischen gealterten Michael gutgetan. Es macht erschreckend viel Spaß, den Film zu sehen. Michael Myers ist zurück – und er ist schlimmer als je zuvor!
„Halloween 2018" spielt 40 Jahre nach den berüchtigten Ereignissen im Jahr 1978. Vier Jahrzehnte hat Laurie stets befürchtet, dass Michael irgendwann aus seinem Gefängnis ausbricht. Kein Wunder also, dass sie sich vorbereitet hat – und zwar unter großen Opfern für ihr Privatleben. Ihre Beziehung zu ihrer Tochter Karen (Judy Greer) ist so sehr belastet, dass diese versucht, ihre eigene Tochter Allyson (Andi Maathhak) von ihrer Großmutter fernzuhalten. Jedoch werden Lauries schlimmste Befürchtungen wahr. Michael kommt frei und hat vier Jahrzehnte Blutlust in sich angestaut. Die Familie Strode muss sich zusammenraufen, um die Nacht zu überleben. Es kommt zu einem furiosen Kampf zwischen Laurie und Michael.
Regisseur David Gordon Green hatte eine wenig beneidenswerte Aufgabe, die alte Geschichte mit frischem Blut zu versorgen. Aber er hat seine Arbeit gut gemacht. Denn Michael Myers Amoklauf ist alles andere als vorhersehbar. Zwar gibt es viele bekannte Elemente in dem Katz-und-Maus-Spiel, jedoch trifft der Film auch mutige Entscheidungen und hat sogar einen gewissen makabren Humor. So ist „Halloween 2018" mehr als eine gewöhnliche Slasher-Fortsetzung. Green löst sich von der zu erwartenden Logik der Geschichte und präsentiert einen würdigen Nachfolger vom Original, zu dem damals John Carpenter das Buch schrieb, die Regie führte und auch die Musik beisteuerte.
John Carpenter schrieb die Musik
Und Carpenter für eine Mitarbeit der Filmmusik zu gewinnen, war ein guter Kniff. Carpenter weiß, wie er „sein Baby" mit Klängen untermalt. Je weiter die Handlung Fahrt aufnimmt, desto mehr scheint sich jeder Ton in das Angstzentrum des Zuschauers zu bohren. Auch die fast 60-jährige Jamie Lee Curtis macht den Film sehenswert, weil sie viel bisher Unbekanntes vom Charakter der Laurie Strode preisgibt. Ihr Trauma wirkt auf eine krude Art sehr faszinierend und verstörend zugleich. Judy Greer als Lauries Tochter und Andi Mathakhak als Enkelin vervollständigen das Frauentrio perfekt.
Michael Myers wird von dem in Deutschland wohl unbekannten James Jude Courtney gespielt und bekam für seine Darstellung die Hilfe des ursprünglichen Schauspielers Nick Castle. Als Duo zeigen sie einen Michael Myers als mysteriöse und effektive Tötungsmaschine, die allerdings – im Gegensatz zu vielen vorherigen Fortsetzungen – nicht mehr das schier unbesiegbare Wesen ist.
Mit dieser Idee, den Schrecken mit einer fast sympathischen Verletzbarkeit des Mörders zu kombinieren, geht Regisseur David Gordon Green auch ein Wagnis ein. Möglich nämlich, dass „Halloween 2018" manche klassische Horror-Slasher-Fans vergrault. Aber einen anderen Weg, das Franchise wieder erfolgreich ins Kino zu holen, kann es nach 40 Jahren nicht geben. Michael und Laurie sind immerhin 40 Jahre älter geworden. Ohne innovative Ideen wäre der Film lächerlich geworden. Aber „Halloween 2018" ist gruselig, unterhaltsam und überraschend. Wer als Zuschauer nach den ersten Schockeffekten seine Schnappatmung überwunden hat, dem scheint Michael Myers sogar angenehm vertraut.