Werke aufstrebender Fotokünstler an weniger bekannten Orten zu zeigen – das ist das Motto des Monats der Fotografie Off in Berlin. Er flankiert und ergänzt den Europäischen Monat der Fotografie. FORUM hat mit den Leitern des Festivals gesprochen.
Frau Rückert, woher stammt die Idee, den Monat der Fotografie Off in Berlin zu gründen?
Seit Jahren gibt es in vielen europäischen Städten den Europäischen Monat der Fotografie. In Berlin seit 2004, und in Paris, wo ich einige Zeit gelebt habe, existiert er bereits seit 1980. Und gleichzeitig gibt es quasi seit 24 Jahren als Satelliten-Festival neben dem offiziellen Festival den Pariser Mois de la Photo Off. Was man in Deutschland oft nicht weiß: Es gibt in Frankreich viele solcher Satelliten-Festivals, so beispielsweise in Arles. Hier findet neben dem offiziellen Foto-Festival zusätzlich das Festival Voies Off statt. So schlossen sich 2014 anlässlich des 20. Geburtstages des Pariser Mois de la photo Paris Photographique Organisatoren des Mois de la Photo Off Paris und die Plattform Paris Berlin Fotogroup zusammen. Und zwar, um künftig beide Festivals parallel in Paris und in Berlin veranstalten zu können.
Wie unterscheidet sich das Programm vom „offiziellen Monat der Fotografie"?
Wir wollen die französische Tradition dieser Off-Festivals in Berlin nachhaltig verankern und damit auch eine engere Verbindung zwischen Deutschland und Frankreich schaffen. Und zwischen ihren Künstlern. Hauptziel des alle zwei Jahre stattfindenden Monats der Fotografie Off in Berlin aber ist, junge aufstrebende Foto-Künstlerinnen und -Künstler zu präsentieren. Also eine Plattform für diejenigen zu sein, die noch nicht so etabliert sind und keine großen Institutionen hinter sich haben, Die Besucher können bei diesem Festival junge noch unbekannte Leute an ungewöhnlichen Ausstellungsorten entdecken. Der Monat der Fotografie Off in Berlin ist etwas alternativer, gewagter und nicht so etabliert wie der Europäische Monat der Fotografie (EMOP).
Der Monat der Fotografie Off in Berlin war in dieser Stadt bislang kaum bekannt. Wie sind die Reaktionen auf dieses Festival?
Sehr unterschiedlich. Für junge Fotokünstler ist das Angebot so attraktiv, dass sich viele um eine Teilnahme bewarben. Das Festival wird unter anderen von Arte unterstützt, bekommt insgesamt einiges an medialer Aufmerksamkeit. Was die Besucher betrifft, waren anfangs viele skeptisch, gingen davon aus, dass dieses Festival nicht an das Niveau des EMOP herankomme. Eine hohe Qualität bei den ausgewählten Werken war uns und unserer Jury aber von Anfang an wichtig. Alle Fotografen, die hier ausstellen, sind Profis.
Vielleicht aber hat auch der Zusatz „Off" in unserem Festivalnamen zunächst verwirrt. Viele dachten, wir hätten hier eine Art Gegenfestival oder ein Konkurrenzangebot zum EMOP. Dabei geht es ja um eine Ergänzung, so wie in Paris, wo während der Paris-Photo viele solche Off-Festivals stattfinden. Das mussten wir hier in Berlin erst einmal erklären. Und zwar mithilfe von Flyern, sozialen Medien und unserem Newsletter. Langsam zahlt sich das aus – zunehmend wissen potenzielle Besucher, dass es sich bei unserer Veranstaltungsreihe um ein „Mehr" handelt – und nicht ein „Weniger".
Präsentiert wird der Monat der Fotografie Off Berlin vom Verein Paris Berlin Fotogroup in Kooperation mit dem Pariser Mois de la Photo Off. Was ist das für eine Plattform?
Zusammen mit Christel Boget koordiniere ich die Aktivitäten von ParisBerlin Fotogroup, einer Plattform, die sich seit 17 Jahren in der Förderung von zeitgenössischer Fotografie und der deutsch-französischen Kulturwelt engagiert. Christel hat Paris Berlin Fotogroup 2001 gegründet, ich bin seit 2008 dabei. Die Plattform besteht aus einer Gruppe Pariser und Berliner Fotografen, deren künstlerische Arbeiten in Form von Portfolios, Projektionen und Ausstellungen gezeigt und verbreitet werden.
Paris Berlin Fotogroup kuratiert Ausstellungen, koordiniert künstlerische Projekte, Portfolio Reviews, veröffentlicht Kataloge, Kalender und Bücher. Außerdem gibt es regelmäßig gemeinsame Projekte mit Partnern wie Arte, dem Goethe-Institut und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk. Paris Berlin Fotogroup ist außerdem Gründer von Fotohaus I Paris-Berlin. Das ist ein spannendes Ausstellungskonzept, was 2015 während der Rencontres de la photographie in Arles entstand. Dabei sollte ein Ort geschaffen werden, der Institutionen, Fotografen, Galerien, Sammlern, Agenturen und Verlegern einen Raum für Austausch und Synergien bietet.
Das Programmheft zum Festival ist umfangreich. Auf welche Veranstaltungen freuen Sie sich besonders?
Ich freue mich beispielsweise auf die Veranstaltungen in der Galerie Kunstpunkt in der Schlegelstraße 6 in Mitte. Sie ist einer der beiden Hauptorte des Festivals. Spannend finde ich auch, dass es bei dieser Ausgabe eine ganze Reihe von Ausstellungen an mir bislang unbekannten Orten gibt. Gute Gelegenheiten also, diese zu entdecken.
In diesem Jahr liegen zudem erstmalig drei Festivalstandorte in Potsdam: die Galerie Blumberg, der Kunstsalon Chiericati sowie das Atelierhaus Panzerhalle. Zu sehen gibt es unter anderen interessante Fotos zu den Themen Sexismus, Ausgrenzung und Städtewandel.
Der zweite Hauptort des Festivals ist die Galerie Franzkowiak in der Friedrichstraße in Mitte. Was findet dort statt?
Die Galerie Franzkowiak ist das Festivalbüro, wo die Besucher Infos und Kataloge zum Festival erhalten. Wie auch im Kunstpunkt findet dort ein deutsch-französisches Veranstaltungsprogramm mit Künstlergesprächen, Buchpräsentationen und Projektionen statt. Das Veranstaltungsprogramm ist in Zusammenarbeit mit den Partnern des Festivals entstanden. Diese sind: Arte, Collection Regard, Fisheye Magazine, Institut Français, Kollektiv Les Associés, Mois de la Photo Off Paris und PiB Photography in Berlin.
Was macht für Sie das Besondere der Berliner Fotoszene aus?
Hier versammeln sich viele junge Leute aus vielen unterschiedlichen Nationalitäten. Das macht sich auch an der Teilnehmerliste bemerkbar: Noch nie war sie so international. Fotografinnen und Fotografen erhalten in Berlin zudem noch immer schnell und manchmal auf unkonventionellen Wegen die Chance, Ausstellungen zu realisieren. Die Strukturen sind hier nicht so festgezurrt. Dazu gibt es in Berlin, das noch immer in einem großen Veränderungsprozess ist, immer wieder neue tolle Ausstellungsorte und auch Motive für Fotografen.
Sie kennen die Pariser Fotoszene bestens. Wie schätzt man dort die Fotostadt Berlin ein?
Berlin wird noch immer als Boom-Stadt für Kreative aus aller Welt wahrgenommen. Deshalb war es für die Veranstalter des Mois de la Photo Off Paris absolut selbstverständlich, dass es so ein Festival auch in Berlin geben muss. Ich bin froh, dass es uns gelungen ist.