Die USA stecken seit langem in einer Hassspirale fest, glaubt Jeremy Mayer, Professor für Politologie an der George Mason University in Virginia. Und Donald Trump habe den Populismus in der republikanischen Partei hoffähig gemacht. Historisch gesehen hat ihn die Partei jedoch immer wieder besiegt.
Herr Prof. Mayer, Sie haben vor einem Jahr in einem Interview gesagt, dass man das Ausmaß des Hasses, den Republikaner und Demokraten für die jeweils andere Seite empfinden, nicht unterschätzen sollte. Was meinten Sie damit?
Amerika ist politisch so polarisiert, wie das Land nicht einmal zu Zeiten des Vietnamkriegs war. Zu den Trennlinien unserer Politik gehören Religion, Rasse, Geschlecht, sexuelle Orientierung und sogar kulturelle Produkte. Dadurch werden Familien und Freundschaften geschädigt. Auf der Massen- und Elitenebene ist Amerika also durch Hass überschwemmt.
Was verursacht diesen Hass?
Es gibt viele Theorien. Ich denke, dass die Alltagsprobleme dazu beitragen. Es ist leicht, Kompromisse einzugehen, beispielsweise hinsichtlich der Höhe der Besteuerung. Wenn die Republikaner etwa denken, es sollten 30 Prozent sein und die Demokraten von 40 Prozent reden, ist ein Kompromiss möglich. So wurde in der Zeit von 1950 bis 1994 Politik gemacht. Aber die Dinge haben sich geändert. Einige Republikaner denken jetzt, dass alle Steuern falsch sind oder fast alle Regierungsentscheidungen daneben liegen. Das ist schwer zu vergleichen. Auch Fragen zu illegalen Einwanderern. Entweder sie sind einen vollständigen rechtlichen Schutz wert, oder nicht. Kompromisse sind schwierig. Sind Homosexuelle gleichberechtigte Bürger? Ja oder nein?
Natürlich ja.
Das meint man als aufgeschlossener Bürger. Aber auch die zunehmende Ungleichheit in Amerika schürt den Hass. Die Mitte und die Arbeiterklasse haben in den vergangenen 50 Jahren fast keinen Anstieg ihres Vermögens erlebt. Das stagniert. Unterdessen haben die Oberschicht und insbesondere das oberste Prozent in diesem Zeitraum ein fünffaches Einkommenswachstum erlebt.
Sehen Sie eine Lösung der Probleme?
Das ist schwer vorstellbar. Zumindest dann, wenn es keine große nationale Tragödie oder außenpolitische Herausforderung gibt. Wir hängen seit einiger Zeit in diesem Hass fest.
Die politische Polarisierung existierte bereits vor Trump. Haben die Leute wirklich geglaubt, was die Tea Party behauptet hat?
Oh ja, die Tea Party war aufrichtig in ihren Überzeugungen. Die führenden Kräfte waren es wahrscheinlich auch, obwohl einige von ihnen sehr gut von der Wut der Mittelklasse lebten.
Sie selbst könnten als Professor Ihre Studenten positiv beeinflussen. Was tun Sie?
Ich versuche nicht, sie zu beeinflussen. Ich versuche, sie zu unterrichten. Aber es ist schwer, jemanden zu lehren, der mit 20 herausgefunden hat, dass alle Medien und die meisten Professoren so liberal sind, dass man sie ignorieren kann. Im deutschen Kontext stelle ich mir vor, dass es ähnlich gewesen sein muss, junge Marxisten 1969 oder ’74 in Westdeutschland zu unterrichten.
Glauben Sie, dass die Politiker aus der vorherigen Wahl gelernt haben?
Ich denke, dass die Ergebnisse der republikanischen Vorwahlen zeigen, dass es die Republikaner überhaupt nicht beeinflusst hat. Sie wählten, wenn sie die Wahl hatten, den „trumpigeren" Kandidaten. Aus Umfragen, die ich gesehen habe, gehen jedoch einige Kandidaten unter, die Trump zu sehr ähneln, was bedeuten könnte, dass eine kleine Gruppe von Wechselwählern lernt. Aber: Trump verfügt derzeit über eine glorreiche Wirtschaft. Wenn sie so stark bleibt und wir uns 2020 nicht in einem größeren Krieg befinden, wird es schwer sein, ihn zu besiegen.
Wie können die Politiker den Populismus besiegen? Kann man ihn überhaupt stoppen?
Populismus verliert andauernd. In Amerika stieg Populismus mit Pater Coughlin, Huey Long, von rechts und links in den 30er-Jahren auf. Aber Roosevelt besiegte ihn. Populismus auf der rechten Seite kam in den 50er- und frühen 60er-Jahren in Form der John Birch Society wieder auf. Ehrenwerte Republikaner schmissen die Populisten nach der vernichtenden Niederlage von 1964 größtenteils aus der Partei. Früher war der Populismus in Form von William Jennings Bryan groß, wurde aber vom republikanischen Wohlstand besiegt. Wie gesagt verliert Populismus also normalerweise. Aber dieses Mal hat er das Weiße Haus gewonnen. Und eine ganze politische Partei ist jetzt damit verbunden. Mal sehen, was passiert.
Werden die Midterms in diesem Jahr härter ausfallen als vorher?
Gemeiner und hasserfüllter? Ja, ich denke, das wird passieren.